Ein amerikanischer Thriller
gekommen – Dr. Feel-
good hatte ihm kurz vor dem Fototermin eine Spritze
verabreicht.
Jack sah jung und unbesiegbar aus. Die vergangenen neun
Monate hatten ihm ziemlich zugesetzt.
Vor allem das Schweinebuchtfiasko. Unter einer Flut von
Kritik war Jack erwachsen geworden.
Jack gab sich selbst die Schuld – und der CIA. Jack feu-
erte Allen Dulles und Dick Bissell. »Ich zerschlage die CIA
in tausend Stücke«, sagte Jack. Jack haßt die CIA. Bobby
nicht. Bobby haßt inzwischen Fidel Castro mit der gleichen
Intensität wie Hoffa und das organisierte Verbrechen.
Das Nachspiel der Schweinebucht-Affäre zog sich schmerz-
haft in die Länge. In seiner Doppelagenten-Eigenschaft trat er
auch als Kemper Boyd, Anstandsdame, auf. Er stellte Bobby
zahl ose saubere Exilkubaner vor – die Nichtkriminel en, die
ihm die CIA vorführen wollte.
Der Untersuchungsausschuß bezeichnete die Invasion
als »Don Quijoterie«, »von zu schwachen Kräften durchge-
führt« und »basierend auf unzutreffenden geheimdienstlichen
Erkenntnissen«.
Er sah das auch so. Die CIA sah das anders.
In Langley betrachtete man ihn als Kennedy-Apologeten.
Als politisch unzuverlässig.
Das hatte er von John Stanton erfahren. Insgeheim teilte
er diese Einschätzung.
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Offiziel behauptete er lautstark, daß JM/Wave das gesetzte
Ziel erreichen werde.
Eine Einschätzung, die er insgeheim für falsch hielt. Er
drängte Bobby, Fidel Castro ermorden zu lassen. Bobby lehnte
das ab. Das seien Gangstermanieren, der Kennedy-Politik
abträglich.
Bobby war ein Eisenfresser mit soliden moralischen Grund-
sätzen. Seine Richtlinien waren oft schwer einzuschätzen.
Bobby der Eisenfresser gründete in zehn größeren Städten
Gangsterbekämpfungseinheiten. Ihr einziger Auftrag war, in
den Kreisen des organisierten Verbrechens Informanten zu
rekrutieren. Eine Entscheidung, die Mr. Hoover vor Wut
schäumen ließ. Unabhängige Gangsterjäger drohten seinem
Top-Hoodlum-Programm die Schau zu stehlen.
Eisenfresser Bobby haßte Eisenfresser J. Edgar. Eisenfres-
ser J. Edgar ließ sich nicht lumpen. Ein rasender Haß – der
überall im Justizministerium zu spüren war.
Hoover ordnete Dienst nach Vorschrift an. Bobby hob
die FBI-Autonomie auf. Guy Banister zufolge ließ Hoover
Gangstertreffs im ganzen Land belauschen.
Davon hatte Bobby keine Ahnung. Mr. Hoover wußte
Geheimnisse für sich zu bewahren.
Wie Ward Littell. Wards bestgehütetes Geheimnis war
Joe Kennedys »Pensionskassenvergehen«.
Joe hatte letztes Jahr einen beinahe tödlichen Schlaganfall
erlitten. Was Laura, laut Claire, »entsetzlich mitgenommen« hatte.
Sie versuchte, ihren Vater zu sehen. Was Bobby nicht
zuließ. Die Drei-Millionen-Dollar-Zahlung war verbindlich
und endgültig.
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Claire machte ihren Abschluß in Tulane mit magna cum
laude. Sie bekam die Zulassung zur juristischen Fakultät der
NYU. Sie zog nach New York, wo sie nicht weit von Laura
eine Wohnung fand.
Laura erwähnte ihn nur selten. Claire erzählte ihr von
seiner Verwundung bei einem »zufälligen Schußwechsel« in
Miami. »Kemper und zufäl ig«, sagte Laura. » Nie und nimmer. «
Claire nahm ihm seine Version von der Schießerei ab. Claire
ließ alles stehen und liegen und fuhr, kaum daß die Ärzte
sie benachrichtigt hatten, zum Saint-Augustine-Krankenhaus.
Laut Claire hatte Laura einen neuen Freund. Laut Claire
war er nett. Claire hatte Lauras »netten Freund« getroffen
– Lenny Sands.
Lenny hatte sich über seinen Befehl hinweggesetzt und
wieder mit Laura Kontakt aufgenommen. Lenny ging stets
indirekt vor – im Hush-Hush -Artikel über die Schweinebucht
waren lauter zweideutige Anspielungen versteckt.
Ihm konnte das egal sein. Er hatte etwas gegen Lenny in
der Hand und im übrigen nichts mehr mit ihm zu schaffen.
Lenny besorgte Schweinkram für Howard Hughes. Len-
ny plapperte gewisse Geheimnisse aus und behielt andere
für sich. Lenny besaß Indizienbeweise über Kemper Boyds
klägliches Versagen im April ’61.
Kemper zog sich noch einen Speedball rein.
Sein Herz klopfte wie rasend. Das Schlüsselbein wurde
völlig taub. Ihm fiel ein, wie er sich im Mai für den April
schadlos gehalten hatte!
Bobby hatte ihm aufgetragen, einigen Bürgerrechtskämp-
fern zu folgen.
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»Beschränken Sie sich aufs Beobachten«, sagte er. »Und
holen Sie Hilfe, wenn Klan-Leute oder irgendwelche anderen
gewalttätig werden. Sie sind noch Rekonvaleszent,
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