Ein amerikanischer Thriller
in L. A. weiterlaufen und schaust
von Zeit zu Zeit rein, damit die Kubaner auf Zack bleiben.
Versuch nicht, mich auf 10 Prozent zu schrauben, oder die
Sache ist gelaufen, und ich schick’ dich im Bus nach Los
Angeles zurück.«
»Abgemacht«, sagte Pete.
»Ich hab’ in Sun Valley was zu erledigen. Ich möchte,
daß du mich begleitest.«
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Sie fuhren mit einem Tiger Kab raus. Der Kofferraum war
vol er Haifischjagdgerät: nagelgespickte Basebal schläger, MPs
und Sonnenöl.
Fulo Machado saß am Steuer. Jimmy hatte frische Kla-
motten angezogen. Pete hatte nicht daran gedacht, einen
zweiten Satz Kleider mitzunehmen – so blieb Hoffas Gestank
an ihm haften.
Keiner sagte ein Wort – Jimmy Hoffas Schmollen tötete
jedes Gespräch. Sie fuhren an Bussen vol er Teamsterkumpel
vorbei, die zu den Bauernfängerhäusern unterwegs waren.
Pete übte Kopfrechnen.
Zwölf Taxifahrer in Rund-um-die-Uhr-Schichten. Zwölf
Männer, die ihre Green Card von Jimmy Hoffa haben – die
sich mit einem kleinen Teil der Taxieinnahmen zufrieden
geben, damit sie in Amerika bleiben dürfen. Zwölf Männer
mit Nebenverdiensten: Räuber, Streikbrecher, Zuhälter. 5
Prozent vom Reingewinn und was immer er sonst rausschla-
gen konnte – der Laden hatte Zukunft.
Fulo bog von der Schnellstraße ab. Pete erkannte die
Stelle, wo er Anton Gretzler umgenietet hatte. Sie ordneten
sich hinter einer Buskolonne ein und fuhren auf die Köder-
Klitschen zu – gut drei Meilen von der Interstate entfernt.
Der Lichterglanz stammte von Filmscheinwerfern – wie
bei einer Premiere in Grauman’s Chinese Theatre. Mit der
Kosmetik sah Sun Valley gut aus: saubere kleine Häuschen
auf einer asphaltierten Lichtung.
Die Teamster saßen an Kartentischen und soffen – min-
destens zweihundert Männer, die sich auf den Gartenwegen
zwischen den Häusern drängten. Ein kiesgedeckter Parkplatz
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stand voller Wagen und Busse. Gleich daneben befand sich
der Grillplatz – wo ein Ochse sich langsam am Spieß drehte.
Fulo parkte dicht beim Trubel. »Ihr zwei wartet hier«,
sagte Jimmy.
Pete stieg aus und reckte sich. Hoffa steuerte in die Men-
ge – und war gleich von einem Schwarm Speichellecker
umgeben.
Fulo zog die Machete auf einem Stein ab. Dann steckte
er sie in die an den Rücksitz geschnallte Scheide.
Pete sah zu, wie Jimmy die Menge bearbeitete.
Er pries die Grundstücke an. Er hielt kurze Ansprachen
und schlang Grillfleisch in sich rein. Er scheuchte einen
blonden Polack auf.
Pete rauchte eine Zigarette nach der anderen. Fulo drehte
das Autoradio an: Er erwischte eine Herr-Jesu-sei-uns-gnädig-
Prediger-Sendung auf spanisch.
Einige Busse fuhren ab. Zwei Wagenladungen Nutten
trafen ein – billigste kubanische Dutzendware.
Jimmy brachte lautstark und energisch Sun-Val ey-Verträge
unter die Zuhörer. Ein paar Teamster schnappten sich ihre
Wagen und fuhren besoffen und lärmend im Zickzack davon.
Der Polack saß in einem Miet-Chevy und fuhr mit Vol gas
los, als ob’s zu einer scharfen Biene ginge.
Jimmy kam herbeigelaufen – so schnell ihn seine kurzen,
stämmigen Beine tragen konnten. Eine Karte war hier nicht
vonnöten: Der Polack war Roland Kirpaski.
Sie quetschten sich in den Tigerschlitten. Fulo gab Vollgas.
Der Radio-Prediger steigerte sich in einen Spendenaufruf
hinein.
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Bleifuß Fulo war im Bild. Bleifuß Fulo beschleunigte in
sechs Sekunden von 0 auf 60 Meilen.
Pete erkannte die Rücklichter des Chevy. Fulo gab noch
mehr Gas und rammte ihn. Der Chevy kam von der Stra-
ße ab, streifte ein paar Bäume und blieb mit abgewürgtem
Motor stehen.
Fulo hielt unmittelbar daneben. Die Scheinwerfer erfaßten
Kirpaski – der über eine Sumpfgraslichtung stolperte.
Jimmy stieg aus und jagte ihm nach. Jimmy schwang
Fulos Machete.
Kirpaski stolperte und kam wieder hoch.
Hoffa hatte ihn mit einer weitausholenden Bewegung
erreicht. Kirpaski stürzte zu Boden, Blut schoß aus den ins
Leere fuchtelnden Armstummeln. Jimmy zog durch – Kopf-
hautfetzen flogen durch die Luft.
Der Clown im Radio plapperte unaufhörlich weiter. Eine
heftige Zuckung ging durch Kirpaskis Körper. Jimmy wischte
sich das Blut aus den Augen und holte immer wieder aus.
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8
(Miami, 11. 12. 58)
Er nannte es das »Advocatus-Diaboli«-Spiel. Es half ihm, sich
über seine Loyalitäten klarzuwerden, und er konnte dabei seine
Fähigkeiten verfeinern, sich in eine Person hineinzuversetzen.
Bobby Kennedys
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