Ein amerikanischer Thriller
wurde von einer tristen
Provinzhauptstraße gekreuzt – mit vier Tankstellen und ei-
ner Kirche. Er entschied sich für die Texaco-Tankstelle und
stellte den Wagen ab.
Er ging ins Herrenklo. Er beobachtete, wie der Verfol-
gerwagen langsam zur Tanksäule rollte. Der Weiße, der bei
Tiger Kab herumgelungert hatte, stieg aus und sah sich um.
Kemper zog die Tür zu und griff nach der Waffe. Der
Raum war verdreckt und stank.
Er zählte die Sekunden. Bei 51 hörte er Schritte.
Der Mann öffnete vorsichtig die Tür. Kemper riß ihn
herein und preßte ihn an die Wand.
Er war um die Vierzig, hatte sandfarbenes Haar, eine
schlanke Figur. Kemper tastete ihn von den Knöcheln auf-
wärts ab.
Keine Erkennungsmarke, keine Waffe, kein Kunstlederetui
mit Dienstausweis.
Der Mann blieb ungerührt. Der Mann ignorierte den
Revolver vor seinem Gesicht.
»Ich heiße John Stanton«, sagte der Mann. »Ich vertrete
eine US-Behörde und möchte mich mit Ihnen unterhalten.«
»Worüber?«
»Kuba«, sagte Stanton.
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(Chicago, 11. 12. 58)
Spitzelkandidat bei der Arbeit: »Jewboy Lenny« Sands beim
Spielautomatenleeren.
Littel blieb ihm auf den Fersen. Sie klapperten sechs Hyde-
Park-Kneipen in einer Stunde ab – Lenny arbeitete schnell.
Lenny kibitzte. Lenny riß Witze. Lenny verteilte Mi-
nifläschchen Johnnie Walker Red Label. Lenny erzählte die
Geschichte von Come-San-Chin, dem chinesischen Schwanz-
lutscher – und sackte die Münzen in sieben Minuten ein.
Lenny merkte nicht, daß er beschattet wurde. Lenny hatte
im Top-Hoodlum-Programm Sonderstatus: Nachtclub-En-
tertainer, Abzocker für die Kubaner und Mob-Maskottchen.
Lenny fuhr zur Tillerman’s Lounge. Littell parkte und
folgte ihm nach 30 Sekunden.
Der Raum war überheizt. Ein Barspiegel zeigte ihm sein
Ebenbild: Holzfällerjacke, Khakihosen und Arbeiterstiefel.
Er sah nach wie vor wie ein Universitätsprofessor aus.
Die Wände waren mit Teamsterinsignien geschmückt. Ein
gerahmtes Hochglanzfoto stach hervor: Jimmy Hoffa und
Frank Sinatra beim Hochheben einer Fischtrophäe.
Arbeiter standen für warmes Essen an. Lenny saß an einem
der hinteren Tische, in der Gesellschaft eines untersetzten
Mannes, der ein Cornedbeef-Sandwich in sich hineinschlang.
Littel identifizierte ihn: Jacob Rubenstein alias »Jack Ruby«.
Lenny hatte seine Beutel mit Münzen dabei. Ruby einen
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Koffer. Wahrscheinlich fand hier die Übergabe des Automa-
tengelds statt.
Ringsum war kein Tisch frei.
Die Männer an der Bar nahmen ihren Lunch in flüssiger
Form und im Stehen zu sich: Whiskey und ein Bier für den
Durst. Littel forderte stumm das gleiche – und keiner lachte
oder verzog das Gesicht.
Der Barmann stellte ihm die Getränke hin und nahm
das Geld. Er kippte das Mittagessen hastig runter – genau
wie seine Teamsterbrüder.
Der Whiskey brachte ihn ins Schwitzen; vom Bier bekam
er Gänsehaut. Die Kombination war gut für die Nerven.
Er war erst bei einem einzigen THP-Treffen dabeigewesen.
Die Männer schienen ihn nicht zu mögen – hatte ihn doch
Mr. Hoover persönlich in die Mannschaft geholt. Nur ein
Agent namens Court Meade war nett zu ihm; die anderen
grüßten ihn mit Nicken und flüchtigem Händedruck.
Das war sein dritter Tag als THP-Agent. Einschließlich
dreier Schichten in der Abhörstation, wo er die Stimmen
der Chicagoer Unterwelt studierte.
Der Barmann kam vorbei. Littell hob zwei Finger – ge-
nauso bestellten seine Teamsterbrüder den Nachschub.
Sands und Ruby sprachen weiter. Kein Platz in der Nähe
frei – er konnte nicht dicht genug ran, um sie zu belauschen.
Er trank aus und zahlte. Der Schnaps stieg ihm gleich
zu Kopf.
Alkohol während der Dienstzeit verstieß gegen die Vor-
schriften. Obwohl es nicht geradezu il egal war – wie Bumsab-
steigen belauschen, um Politiker reinzulegen.
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Der Agent, der auf dem Shoftel-Lauschposten saß, war
wohl überlastet – denn er hatte ihm bisher kein einziges Band
zugestellt. Mr. Hoovers Haß auf die Kennedys schien krank.
Robert Kennedy schien ein Held. Bobbys Freundlichkeit
gegenüber Roland Kirpaski ehrlich und echt.
Ein Tisch wurde frei. Littell drängte sich durch die Mit-
tagessens-Schlange und setzte sich, Lenny und Rubenstein/
Ruby saßen kaum einen Meter von ihm entfernt.
Ruby sprach. Essen bröckelte ihm auf die Serviette.
»Heshie denkt ständig, er habe Krebs oder irgendeine
verkackte Krankheit. Für Heshie ist jeder Pickel gleich
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