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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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auftreten.«
    »Lenny, ich fleh’ dich an. Auf al en vieren, wie ein Scheiß-
    hund, kriechend fleh’ ich dich an.«
    Lenny lachte. »Dann solltest du mir, bevor du zu bellen
    anfängst, fünfzehn Prozent anbieten.«
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    »Fünfzehn? … Du spinnst … Das ist Wucher, du jüdi-
    scher Huren-Buckel.«
    »Dann eben zwanzig. Judenhasser zahlen bei mir einen
    Aufschlag.«
    »Scheiß drauf, Lenny. Du hast fünfzehn gesagt.«
    »Scheiß du drauf, Sal. Ich hab’s mir anders überlegt.«
    Das Schweigen dehnte sich – Littel konnte sich vorstel en,
    wie sie einander anstarrten.
    »Gut, gut, gut. Schon gut, scheißzwanzig, du jüdischer
    Halsabschneider.«
    »Sal, du bist mir lieb und wert. Nur laß meine Hand in
    Frieden, zum Anfassen bist du mir zu schmuddelig.«
    Autotüren schlugen zu. Littell sah, wie Mad Sal in seinen
    Cadillac stieg und auf die Straße schlingerte.
    Lenny stellte die Scheinwerfer an und ließ den Motor
    laufen. Aus dem Seitenfenster stieg Zigarettenrauch.
    Littell ging zu seinem Wagen zurück. Lenny parkte zwei
    Reihen weiter weg – er konnte ihn beobachten, wenn er
    losfuhr.
    Doch Lenny blieb einfach in seinem Wagen sitzen. Im
    Licht seiner Scheinwerfer kamen Betrunkene ins Schlittern und
    landeten auf dem Eis. Littel befreite die Windschutzscheibe
    vom Eis. Der Wagen stand bis an die Stoßstangen im Schnee.
    Lenny fuhr los. Littell gab ihm eine Minute Vorsprung
    und folgte den Spuren im Schneematsch.
    Sie führten zum Lake Shore Drive. Richtung Norden.
    Littell holte ihn kurz vor der Auffahrt ein.
    Lenny fuhr geradeaus. Littell blieb vier Wagenlängen
    hinter ihm.
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    Eine Verfolgungsfahrt im Schneckentempo, mit Schnee-
    ketten auf vereistem Asphalt, zwei einsame Wagen auf einer
    verlassenen Schnel straße. Sie krochen an Chicago vorbei. Sie
    krochen an Glencoe, Evanston und Wilmette vorbei.
    Dann kamen die Ortsschilder von Winnetka. Lenny zog
    nach rechts und bog in letzter Sekunde vom Highway ab.
    Er konnte ihm nicht folgen – er wäre ins Schleudern
    gekommen oder an der Leitplanke gelandet.
    Littell nahm die nächste Abfahrt. Um 1 Uhr nachts war
    Winnetka still und schön – Tudorhäuser und vom Schnee-
    pflug geräumte Straßen.
    Er fuhr geradeaus über eine belebte Kreuzung. Eine gan-
    ze Reihe von Wagen parkte vor einer Cocktailbar: »Perry’s
    Little Log Cabin«.
    Lennys Packard Caribean stand quer zur Straße.
    Littell parkte und betrat die Bar. Von der Decke strich
    ihm ein Wimpel übers Gesicht – »Welcome 1959!« in
    Silbersternchen.
    Die Bar war ein behaglicher Ort für kalte Nächte. Die
    Einrichtung war rustikal: holzverkleidete Wände, Hartholz-
    tresen, kernlederbezogene große Sofas.
    Die Klientel war rein männlich. An der Bar gab es nur
    Stehplätze. Zwei Männer schmusten auf einem Sofa – Littell
    schaute weg.
    Er blickte starr geradeaus. Er spürte, wie man ihn musterte.
    In der Nähe des Hinterausgangs sah er Telefonkabinen – ein
    sicherer Zufluchtsort.
    Sein Pistolenhalfter hatte ihm die Schulter wund gescheu-
    ert – er war verschwitzt und übernächtigt.
    169
    Er ließ sich in der ersten Zelle nieder. Er zog die Tür
    nicht ganz zu und konnte durch den Spalt die ganze Bar
    im Auge behalten.
    Lenny trank Pernod. Lenny und ein blonder Mann rieben
    die Beine aneinander.
    Littell beobachtete sie. Der Blonde steckte Lenny ei-
    nen Zettel zu und verschwand. Die Jukebox spielte ein
    Platters-Potpourri.
    Die Bar leerte sich allmählich und paarweise. Das Paar
    auf dem Sofa erhob sich, die Hosenschlitze offen. Der Bar-
    keeper kündigte die letzte Runde an.
    Lenny bestellte einen Cointreau. Die Vordertür ging auf.
    Herein kam Icepick Tony Iannone.
    »Giancanas meistgefürchteter Unterboss« küßte den Bar-
    mann zärtlich auf die Wange. Der Berufskiller aus Chicago,
    dem neun Verstümmelungsmorde angelastet wurden, suckelte
    und biß am Ohr des Barmanns herum.
    Littell schwindelte. Littell bekam einen trockenen Mund.
    Littell spürte, wie ihm das Herz immer heftiger klopfte.
    Tony/Lenny/Tony/Lenny – wer ist noch al es SCHWUL?
    Tony erblickte Lenny. Lenny erblickte Tony. Lenny rannte
    zum Hintereingang raus.
    Tony setzte Lenny nach. Littel erstarrte. In der Telefonzel e
    war es stickig, und er bekam keine Luft mehr.
    Er kriegte die Tür auf. Er stolperte ins Freie. Der eiskalte
    Wind traf ihn wie ein Hammerschlag.
    Hinter der Bar verlief eine kleine Nebenstraße. Hin-
    ten links, hinter dem Gebäude drüben, hörte er ein Ge-
    räusch.
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    Tony hatte Lenny in

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