Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
Vom Netzwerk:
das mit Stanton
    klappte, konnte er abschließen.
    Kemper stellte einen Stuhl auf den Balkon. Ward Littell
    hatte ihm einen Bericht geschickt – der überarbeitet werden
    mußte, ehe er an Bobby ging.
    Der Bericht bestand aus zwölf Schreibmaschinenseiten.
    Ward hatte handschriftlich ein Vorwort hinzugefügt.
    K.B.,
    da wir bei dem netten Täuschungsmanöver Partner sind,
    kriegst du einen exakten Bericht. Angesichts von Mr. Ken-
    nedys Vorbehalten solltest du ihm die offensichtlichen
    Gesetzesübertretungen verschweigen. Du wirst feststellen,
    daß ich beträchtliche Fortschritte gemacht habe. Und
    205
    glaub mir, bei der heiklen Ausgangslage bin ich extrem
    vorsichtig gewesen.
    Kemper las den Bericht. »Heikle Ausgangslage« klang ein
    bißchen untertrieben.
    Littel hatte einen Mord unter Homosexuel en beobachtet.
    Das Opfer gehörte zum mittleren Führungskader des Chi-
    cagoer Mobs. Der Mörder war ein Gangsterfreund namens
    Lenny Sands.
    Sands war jetzt Littel s Spitzel. Sands hatte sich vor kurzem
    mit einem Buchmacher und Wucherer namens »Mad Sal«
    D’Onofrio zusammengetan. D’Onofrio schleppte Reisegrup-
    pen von Spielern nach Las Vegas und Lake Tahoe; Sands
    sol te sie als »mitreisende Nachtclubnummer« begleiten. Sands
    hatte Schlüssel zu »Absteigen« von Gangstern.
    Littel hatte ihn gezwungen, Duplikate anfertigen zu lassen,
    und war heimlich in drei Bumsabsteigen eingebrochen, um
    nach Beweismaterial zu fahnden. Gefunden hatte er: Waffen,
    Drogen und 14 000 Dollar in bar – in einer Golftasche ver-
    steckt in der Bumsabsteige eines gewissen Butch Montrose.
    Littell hatte Tony Iannones Absteige entdeckt: eine mit
    Schwulen-Kram vollgestopfte Garagenwohnung. Littell war
    entschlossen, seinen Informanten vor möglichen Racheak-
    ten zu schützen. Littell gab Chicagoer Unterweltfiguren die
    genaue Adresse der Absteige bekannt und beschattete die
    Wohnung, um zu überprüfen, ob sie dem anonymen Hin-
    weis folgten. Was sie taten: Sam Giancana und zwei weitere
    Männer brachen eine Stunde später die Tür auf. Zweifellos
    hatten sie Iannones homosexuelle Heimlichkeiten gesehen.
    206
    Verblüffend. Bezeichnend für die Heilige Ward-Littell-
    Dreifaltigkeit: Glück, Instinkt, Gottvertrauen.
    Littell schloß:
    Mein Ziel ist es letztendlich, einen potentiellen Kre-
    ditnehmer an die Zentrale Pensionskasse der Teamster
    zu verweisen. Im Idealfall meinen eigenen, rechtlich
    kompromittierten Informanten. Lenny Sands (und
    vielleicht sogar »Mad Sal« D’Onofrio) könnten sich
    dabei als wertvolle Verbündete erweisen. Mein Ideal-
    schuldner ist ein anrüchiger Geschäftsmann mit guten
    Verbindungen zum organisierten Verbrechen, ein Mann,
    der empfänglich für physische Einschüchterung und
    Drohung mit dem Staatsanwalt ist. Mit Hilfe eines
    derartigen Informanten könnten wir ermitteln, ob alter-
    native Pensionskassenbücher existieren, die verstecktes
    und damit illegales Kapital betreffen. Diese Vorgehens-
    weise gibt Robert Kennedy unbegrenzte Möglichkeiten
    der Strafverfolgung an die Hand. Wenn solche Bücher
    tatsächlich existieren, lassen sich deren Verwalter wegen
    zahlreicher Delikte belangen, von schwerem Diebstahl
    bis hin zu Steuervergehen. Ich stimme mit Mr. Kennedy
    überein: So kann man Jimmy Hoffa und die Teamster
    der Zusammenarbeit mit dem organisierten Verbrechen
    von Chicago überführen und ihre gebündelte Macht
    brechen. Wenn es uns gelingt, in derartigem Maßstab
    geheime finanzielle Absprachen nachzuweisen, werden
    Köpfe rollen.
    207
    Der Plan war ehrgeizig und gigantisch riskant. Den Haken
    an der Sache bemerkte Kemper gleich.
    Littell hatte Icepick Tonys sexuelle Neigungen publik
    gemacht. Hatte er sämtliche Folgen bedacht?
    Kemper rief beim Flughafen von Miami an und buch-
    te seinen Direktflug nach Washington auf einen Flug mit
    Zwischenlandung in Chicago um. Das machte Sinn: Wenn
    sein Verdacht sich erhärten sollte, würde er Ward tüchtig
    die Leviten lesen müssen.
    Die Dämmerung brach an. Der Zimmerkellner kam um
    diese Zeit, wie stets – auf die Minute pünktlich.
    Er nippte an seinem Beefeater und aß ein paar Bissen
    Räucherlachs. Die Collins Avenue leuchtete: Der Strand war
    von glitzernden Lichtern gesäumt.
    Kemper spürte, wie ein warmes Behagen in ihm hoch-
    stieg. Er dachte an die Begegnung mit der Frau im Nerz
    und an die vielen schlagfertigen Antworten, die er sich hätte
    einfallen lassen können.
    Es klingelte. Kemper fuhr sich mit dem Kamm durchs
    Haar

Weitere Kostenlose Bücher