Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
Vom Netzwerk:
und öffnete die Tür.
    »Guten Tag, Mr. Boyd«, sagte John Stanton.
    Kemper führte ihn herein. Stanton ging herum und be-
    wunderte die Suite.
    »Robert Kennedy meint es aber gut mit Ihnen.«
    »Das sind doch Nebensächlichkeiten, Mr. Stanton.«
    »Dann will ich mich direkter ausdrücken. Sie sind im
    Wohlstand aufgewachsen und haben Ihre Familie verloren.
    Jetzt holen Sie sich den Wohlstand in kleinen Raten zurück,
    wobei das Zimmer wirklich nicht zu verachten ist.«
    208
    Kemper lächelte: »Darf ich Ihnen einen Martini anbieten?«
    »Martinis schmecken wie Feuerzeugbenzin. Ich habe Hotels
    stets nach ihren Weinkarten beurteilt.«
    »Ich kann bestellen, was immer Sie mögen.«
    »So lange werde ich nicht bleiben.«
    »Was haben Sie auf dem Herzen?«
    Stanton wies auf den Balkon. »Da draußen liegt Kuba.«
    »Ich weiß.«
    »Wir gehen davon aus, daß Castro sich als Kommunist
    entpuppt. Er sol im April nach Amerika kommen, um seine
    Freundschaft anzubieten, aber wir nehmen an, daß er sich
    unmöglich aufführen und eine offizielle Absage erzwingen
    wird. Er wird bald einige ›politisch unerwünschte‹ Kuba-
    ner deportieren lassen, und sie werden hier in Florida Asyl
    erhalten. Wir brauchen Männer, die sie ausbilden und zu
    einer Anti-Castro-Truppe drillen können. Wir bieten Ihnen
    2000 Dollar im Monat, bar, zuzüglich der Möglichkeit, Ak-
    tien von CIA-Scheinfirmen zu Vorzugspreisen zu erwerben.
    Das Angebot steht, und ich kann Ihnen versichern, daß die
    Arbeit für die CIA Ihren anderen Verpflichtungen nicht in
    die Quere kommt.«
    »›Verpflichtungen‹? Wieso der Plural?«
    Stanton trat auf den Balkon. Kemper folgte ihm an die
    Brüstung.
    »Ihre ›Pensionierung‹ beim FBI war ein bißchen überstürzt.
    Sie waren Mr. Hoover sehr nahe, der die Kennedy-Brüder haßt
    und fürchtet. Post hoc, propter ergo hoc. Dienstags waren Sie
    ein FBI-Agent, mittwochs wurden Sie ein potentiel er Zuhälter
    für Jack Kennedy und donnerstags Untersuchungsbeamter
    209
    des McClellan-Ausschusses. Die logische Schlußfolgerung
    für mich ist –«
    »Wieviel bekommt ein CIA-Verbindungsmann üblicher-
    weise am Anfang?«
    »850 im Monat.«
    »Doch meine ›Verbindungen‹ machen mich zum Sonderfal ?«
    »Ja. Wir wissen, daß Sie den Kennedys nahestehen, und
    gehen davon aus, daß Jack Kennedy nächstes Jahr zum
    Präsidenten gewählt wird. Wenn das Castro-Problem sich
    verschärft, brauchen wir jemand, der Kennedys Kubapolitik
    beeinflußt.«
    »Als Lobbyist?«
    »Nein. Als sehr subtiler Agent provocateur.«
    Kemper genoß die Aussicht. Die Lichter schienen bis weit
    hinter Kuba zu schimmern.
    »Ich lasse mir Ihr Angebot durch den Kopf gehen.«
    210
    18

    (Chicago, 14. 1. 59)
    Littell eilte ins Leichenschauhaus. Kemper hatte vom Flug-
    hafen aus angerufen und ihn AUF DER STELLE dorthin
    befohlen.
    Er hatte vor einer halben Stunde angerufen. Er hatte sich
    nicht weiter geäußert. Nur einen scharfen Befehl erteilt und den
    Hörer aufgeknal t. Mehrere Autopsieräume zweigten von der
    Eingangshal e ab. Leintuchbedeckte Bahren blockierten den Weg.
    Littell drängte sich hindurch. Kemper stand an der hin-
    teren Wand, neben einer Reihe von Kühlfächern.
    Littell holte Luft. »Was zum Teufel –«
    Kemper zog ein Fach auf. Auf der Metallschiene lag die
    Leiche eines weißen Jungen.
    Er hatte Folterverletzungen und Brandwunden von Ziga-
    retten. Der Penis war ihm abgeschnitten und in den Mund
    gestopft worden.
    Littell erkannte ihn wieder: der Junge auf Icepick Tonys
    Aktfoto.
    Kemper packte ihn im Nacken und zwang ihn dicht
    heran. »Der geht auf deine Rechnung, Ward. Du hättest
    jeden noch so entfernten Hinweis auf Bekannte Iannones
    vernichten müssen, bevor du den Gangstern einen Hinweis
    gegeben hast. Schuldig oder nicht, sie mußten jemanden
    umbringen, und so haben sie eben beschlossen, den Jungen
    auf dem Foto zu töten, das du für sie dagelassen hast.«
    211
    Littell zuckte zurück. Der Geruch von Magensaft, Blut
    und einem gerichtsmedizinischen Zahnputzmittel stach ihm
    in die Nase.
    Kemper drückte ihn noch tiefer runter.
    »Du arbeitest für Bobby Kennedy, und ich hab’s arrangiert,
    und wenn Mr. Hoover das rauskriegt, zerreißt er mich in der
    Luft. Du hast ein Schweineglück, daß ich beschlossen habe,
    ein paar Vermißtenmeldungen durchzusehen, und ich möchte
    absolut sichergehen, daß du nie mehr solche Scheiße baust.«
    Littell schloß die Augen, aus denen ihm Tränen tropften.
    Kemper preßte seine

Weitere Kostenlose Bücher