Ein amerikanischer Thriller
und öffnete die Tür.
»Guten Tag, Mr. Boyd«, sagte John Stanton.
Kemper führte ihn herein. Stanton ging herum und be-
wunderte die Suite.
»Robert Kennedy meint es aber gut mit Ihnen.«
»Das sind doch Nebensächlichkeiten, Mr. Stanton.«
»Dann will ich mich direkter ausdrücken. Sie sind im
Wohlstand aufgewachsen und haben Ihre Familie verloren.
Jetzt holen Sie sich den Wohlstand in kleinen Raten zurück,
wobei das Zimmer wirklich nicht zu verachten ist.«
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Kemper lächelte: »Darf ich Ihnen einen Martini anbieten?«
»Martinis schmecken wie Feuerzeugbenzin. Ich habe Hotels
stets nach ihren Weinkarten beurteilt.«
»Ich kann bestellen, was immer Sie mögen.«
»So lange werde ich nicht bleiben.«
»Was haben Sie auf dem Herzen?«
Stanton wies auf den Balkon. »Da draußen liegt Kuba.«
»Ich weiß.«
»Wir gehen davon aus, daß Castro sich als Kommunist
entpuppt. Er sol im April nach Amerika kommen, um seine
Freundschaft anzubieten, aber wir nehmen an, daß er sich
unmöglich aufführen und eine offizielle Absage erzwingen
wird. Er wird bald einige ›politisch unerwünschte‹ Kuba-
ner deportieren lassen, und sie werden hier in Florida Asyl
erhalten. Wir brauchen Männer, die sie ausbilden und zu
einer Anti-Castro-Truppe drillen können. Wir bieten Ihnen
2000 Dollar im Monat, bar, zuzüglich der Möglichkeit, Ak-
tien von CIA-Scheinfirmen zu Vorzugspreisen zu erwerben.
Das Angebot steht, und ich kann Ihnen versichern, daß die
Arbeit für die CIA Ihren anderen Verpflichtungen nicht in
die Quere kommt.«
»›Verpflichtungen‹? Wieso der Plural?«
Stanton trat auf den Balkon. Kemper folgte ihm an die
Brüstung.
»Ihre ›Pensionierung‹ beim FBI war ein bißchen überstürzt.
Sie waren Mr. Hoover sehr nahe, der die Kennedy-Brüder haßt
und fürchtet. Post hoc, propter ergo hoc. Dienstags waren Sie
ein FBI-Agent, mittwochs wurden Sie ein potentiel er Zuhälter
für Jack Kennedy und donnerstags Untersuchungsbeamter
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des McClellan-Ausschusses. Die logische Schlußfolgerung
für mich ist –«
»Wieviel bekommt ein CIA-Verbindungsmann üblicher-
weise am Anfang?«
»850 im Monat.«
»Doch meine ›Verbindungen‹ machen mich zum Sonderfal ?«
»Ja. Wir wissen, daß Sie den Kennedys nahestehen, und
gehen davon aus, daß Jack Kennedy nächstes Jahr zum
Präsidenten gewählt wird. Wenn das Castro-Problem sich
verschärft, brauchen wir jemand, der Kennedys Kubapolitik
beeinflußt.«
»Als Lobbyist?«
»Nein. Als sehr subtiler Agent provocateur.«
Kemper genoß die Aussicht. Die Lichter schienen bis weit
hinter Kuba zu schimmern.
»Ich lasse mir Ihr Angebot durch den Kopf gehen.«
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18
(Chicago, 14. 1. 59)
Littell eilte ins Leichenschauhaus. Kemper hatte vom Flug-
hafen aus angerufen und ihn AUF DER STELLE dorthin
befohlen.
Er hatte vor einer halben Stunde angerufen. Er hatte sich
nicht weiter geäußert. Nur einen scharfen Befehl erteilt und den
Hörer aufgeknal t. Mehrere Autopsieräume zweigten von der
Eingangshal e ab. Leintuchbedeckte Bahren blockierten den Weg.
Littell drängte sich hindurch. Kemper stand an der hin-
teren Wand, neben einer Reihe von Kühlfächern.
Littell holte Luft. »Was zum Teufel –«
Kemper zog ein Fach auf. Auf der Metallschiene lag die
Leiche eines weißen Jungen.
Er hatte Folterverletzungen und Brandwunden von Ziga-
retten. Der Penis war ihm abgeschnitten und in den Mund
gestopft worden.
Littell erkannte ihn wieder: der Junge auf Icepick Tonys
Aktfoto.
Kemper packte ihn im Nacken und zwang ihn dicht
heran. »Der geht auf deine Rechnung, Ward. Du hättest
jeden noch so entfernten Hinweis auf Bekannte Iannones
vernichten müssen, bevor du den Gangstern einen Hinweis
gegeben hast. Schuldig oder nicht, sie mußten jemanden
umbringen, und so haben sie eben beschlossen, den Jungen
auf dem Foto zu töten, das du für sie dagelassen hast.«
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Littell zuckte zurück. Der Geruch von Magensaft, Blut
und einem gerichtsmedizinischen Zahnputzmittel stach ihm
in die Nase.
Kemper drückte ihn noch tiefer runter.
»Du arbeitest für Bobby Kennedy, und ich hab’s arrangiert,
und wenn Mr. Hoover das rauskriegt, zerreißt er mich in der
Luft. Du hast ein Schweineglück, daß ich beschlossen habe,
ein paar Vermißtenmeldungen durchzusehen, und ich möchte
absolut sichergehen, daß du nie mehr solche Scheiße baust.«
Littell schloß die Augen, aus denen ihm Tränen tropften.
Kemper preßte seine
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