Ein amerikanischer Thriller
Flüchtlinge brül ten und wedelten mit kleinen Flaggen.
Teo Paez war in Absprungposition.
»Auf die Plätze!« schrie der Chef der Zollbehörde.
Die Barkasse berührte den Anleger. Paez sprang rüber.
Kemper und Stanton packten ihn und umarmten ihn.
Sie griffen ihn an den Armen und rannten mit ihm weg.
Banister besorgte das Ablenkungsmanöver: »CIA-Verwahrung.
Er gehört uns!«
Die Scharfschützen feuerten Warnschüsse. Die Flüchtlinge
wichen zurück und gingen in Deckung. Die Leute vom Zoll
enterten die Barkasse und machten sie an den Pollern fest.
Kemper trieb Paez durch die Menge. Stanton rannte voran
und schloß eine Verhörbaracke auf.
Jemand schrie: »Auf dem Boot ist eine Leiche!«
Sie brachten ihren Mann ins Barackeninnere. Banister
schloß die Tür zu. Paez warf sich auf den Boden und be-
deckte ihn mit Küssen.
Zigarren fielen ihm aus den Taschen. Banister hob eine
hoch und schnüffelte an der Verpackung.
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Stanton kam zu Atem. »Wil kommen in Amerika, Mr. Paez.
Wir haben viel Gutes über Sie gehört und freuen uns, Sie
hier begrüßen zu können.«
Kemper öffnete das Fenster einen Spalt weit. Auf einer
Bahre wurde der Tote vorbeigetragen – er hatte Messerstiche
am ganzen Körper.
Banister stel te das Tonbandgerät auf den Tisch. »Sie hatten
unterwegs einen Todesfall?«
Paez ließ sich in einen Stuhl fallen. »Nein. Das war eine
politische Hinrichtung. Wir sind davon ausgegangen, daß
der Mann deportiert worden ist, um als antiamerikanischer
Spion tätig zu sein. Im Verhör hat er uns dies bestätigt. Wir
haben die Konsequenzen gezogen.«
Kemper setzte sich. »Sie sprechen hervorragend englisch,
Teo.«
»Ich spreche das langsame und übertrieben formale Eng-
lisch derjenigen, die sich die Sprache mühsam selbst beibrin-
gen mußten. Von Amerikanern bin ich wiederholt darauf
hingewiesen worden, daß mir gelegentlich komische Wort-
verdrehungen und -Verstümmelungen unterlaufen.«
Stanton setzte sich zu ihm. »Würde es Ihnen etwas aus-
machen, sich mal mit uns zu unterhalten? Wir haben eine
nette Wohnung für Sie vorbereitet, wohin Sie Mr. Boyd bald
bringen wird.«
Paez verbeugte sich: »Ich stehe Ihnen zur Verfügung.«
»Ausgezeichnet. Übrigens – ich heiße John Stanton. Und
das sind meine Kollegen Kemper Boyd und Guy Banister.«
Paez schüttelte allen in der Runde die Hand. Banister sack-
te die restlichen Zigarren ein und stellte das Tonbandgerät an.
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»Können wir Ihnen etwas besorgen, bevor wir anfangen?«
»Nein. Mein erstes amerikanisches Mahl soll aus einem
Sandwich in Wolfie’s Delicatessen in Miami Beach bestehen.«
Kemper lächelte. Banister lachte laut auf. »Teo, ist Fidel
Castro ein Kommunist?« sagte Stanton.
Paez nickte. »Ja. Zweifellos. Er ist ein Kommunist in Geist
und Tat, und meine ehemaligen studentischen Informan-
ten haben mich wissen lassen, daß seit neuestem spätnachts
Flugzeuge mit russischen Diplomaten in Havanna landen.
Mein Freund Wilfredo Olmos Delsol, der mit mir auf dem
Boot gewesen ist, hat sich die Flugnummern eingeprägt.«
Banister zündete eine Zigarette an. »Che Guevara ist schon
immer ein Roter gewesen.«
»Ja. Und Fidels Bruder Raúl ist ein kommunistisches
Schwein. Und ein Heuchler. Nach dem, was mein Freund
Tomás Obregón sagt, verkauft Raúl konfisziertes Heroin an
reiche Drogensüchtige, während er gleichzeitig kommunis-
tische Parolen von sich gibt.«
Kemper überprüfte die Liste. »Tomás Obregón war mit
Ihnen auf dem Boot.«
»Ja.«
»Wie ist er an die Informationen über den kubanischen
Heroinhandel rangekommen?«
»Weil, Mr. Boyd, er selber am Heroinhandel beteiligt war.
Sehen Sie, bei den meisten meiner Mitpassagiere handelt es
sich um kriminellen Abschaum. Fidel wollte sie loswerden
und hat sie nach Amerika geschickt, weil er hofft, daß sie
an Ihren Küsten ihr Geschäft weiter betreiben werden. Er
hat dabei allerdings übersehen, daß Kommunismus ein weit
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größeres Verbrechen ist als Rauschgifthandel oder Raub oder
Mord und daß sogar Kriminelle die patriotische Sehnsucht
empfinden, ihr Heimatland zu befreien.«
Stanton schaukelte in seinem Stuhl vor und zurück. »Wir
haben gehört, daß Castro die Hotels und Casinos der Mafia
übernommen hat.«
»Das stimmt. Dies bezeichnet Fidel als ›Nationalisierung‹.
Er hat die Casinos und Millionen Dollar von der Mafia ge-
stohlen. Tomás Obregón hat mir mitgeteilt, daß der
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