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Ein anderes Leben

Ein anderes Leben

Titel: Ein anderes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Enquist
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ganz natürlich, wie wenig Geld man auch hatte, Holz gab es ja jede Menge, und ein Haus bauen konnte beinah jedes Kind, meinte man. Bei denen im grünen Haus war es eng zwischen dem Winterhaus und dem Bethaus, und dazwischen lief ein Winterweg, hinauf zum Bensberg und zur Grotte der toten Katzen, wo er in einer heiklen und verzweifelten Situation seine Ziehschwester gerettet hatte, also musste der Vater das Sommerhaus dazwischenklemmen, so gut es ging. Es hatte ein wenig eine dreieckige Form, mit einer Spitze fast, vielleicht war es fünfeckig, ziemlich komisch, aber es passte hinein. Wie ein Bootshaus, soll jemand dem Vernehmen nach gesagt haben, doch das kam dem Vater zu Lebzeiten nicht mehr zu Ohren. Sah aus wie ein Boot, das mit dem Bug den Hang hinaufgefahren war, ehrlich gesagt. Man konnte sich wirklich wundern über dieses Getue um französische Häuser auf den Champs-Élysées, wo es gleichsam nur Wiederholung gab, keine Farben, auf jeden Fall nicht ein einziges grünes Haus, obwohl dies ja eine Geschmackssache war. Aber man konnte sich wundern über das Getue. Und diese kritiklose Bewunderung der Parisstadt.
    Nachdem der Vater heimgerufen worden war zu Gott, bauten die Onkel das Haus ab, also das Sommerhaus, und kennzeichneten die Balken sorgfältig und schafften sie im Winter übers Eis hinüber nach Granholmen. Dort bauten sie das Sommerhaus wieder auf, genauso, wie es vorher gestanden hatte, den Bug neben das Bethaus geschoben. Es sah immer noch aus wie ein Bootshaus, ein bisschen pflugförmig. Die Mutter konnte den Holm nicht kaufen wegen des Holzes, also der Fichten, die, falls gefällt, als unerhört wertvoll angesehen wurden, aber sie konnte das Land mieten. Es war Pachtland, und sie bezahlte achtzehn Kronen Miete im Jahr, das war erschwinglich. Sie war ja Lehrerin, hatte aber nicht den gleichen Lohn wie der männliche Volksschullehrer, was sie auf eine für das Kind ermüdende Art und Weise grämte. Es war ein Gejammere, das nicht zu ihr passte, aber das Kind lernte schnell, sich nicht darüber zu ereifern, sondern ihre Litaneien schweigend anzuhören. Außerdem hatte sie im Sommer keinen Lohn; das gab es damals nicht. Er sah hierin kein Problem, ergab sich doch die glückhafte Freiheit, die Sommer auf Granholmen zu wohnen. Dort konnten sie praktisch von nichts leben. Man musste im Winterhalbjahr etwas einsparen. Sie litten keine Not.
    Großvater baute das schwer zu rudernde Boot. Auf Granholmen verbrachte das Kind alle Sommer zusammen mit seiner Mutter, die hauptsächlich auf einem Stein saß und aufs Wasser starrte, sich aber dann meistens zusammenriss und Essen machte. Einmal in der Woche ruderten sie zu Koppra hinüber und kauften ein.
    Worauf starrte sie? Auf dem Holm gab es Fichten mit enormen Ästen, auf die man weit hinausklettern und nach dem Feind spähen konnte. Manchmal hielten sie für sich selbst auf dem Holm kleine Andachtstunden. Dann betete sie zu Jesus Christus, dass dem Kind alles Böse erspart bliebe und dass es nie in die Sünde geriete und vor allem nicht in den Alkohol.
    Das war das Schlimmste. Man wollte nicht daran denken. Dass sie da auf ihrem Stein saß und starrte und im Gebetsgespräch mit dem Erlöser diesen bat, dass das Kind nicht in den Alkohol geriete.
    Manchmal flennte sie.
    Was würde sie sagen. Übrigens heißt es nicht mehr Granholmen, es scheint umgetauft worden zu sein in Majaholmen. Wenn die wüssten. Und sie.
    Ihm wird fast ganz unmächtig . Jetzt wieder zu dem grünen Haus. Jetzt wieder zu dem grünen Haus.

Seine Tochter Jenny kam, um an der Sorbonne zu studieren, und wohnte ein halbes Jahr bei ihnen, und einmal am Anfang fragte sie ihn, was er an diesem Tag tun wolle, aber da wusste er nichts zu antworten, und sie fragte nur am Anfang. Klug wie ein Pudel, wie Selma Lagerlöf ihrem gealterten Vater gegenüber, der sich auch dann und wann ein halbes Glas guten Rotwein gönnte.
    Aber manchmal war eitel Freud und Sonnenschein! Er führte, während eines Fluchtaufenthalts zurück in Dänemark, Regie bei einem seiner Stücke mit Ghita Nørby und Fritz Helmuth, es waren die Tribaden , und jetzt bekam er es, wie er wollte! Sie probten in Aalborg, weil Ghita und Fritz an den Abenden Wer hat Angst vor Virginia Woolf spielten, es war herrlich. Er konnte seine Erfahrungen von der Unteroffiziersausbildung beim I 20 einbringen und war ein nicht nur fröhlicher, handfester, effizienter, sondern auch nüchterner Vorarbeiter, und kehrte hinterher nach Paris und zum Nebel

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