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Ein anderes Leben

Ein anderes Leben

Titel: Ein anderes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Enquist
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    War es das, Vorarbeiter, fast Stauermeister, was er hätte sein sollen, in einem anderen Leben?
    Übrigens, unmittelbar oberhalb baute Vater das mit dem Holzschuppen kombinierte Plumpsklo.
    Das Plumpsklo hatte zwei Löcher für Erwachsene und zwei auf der Treppenstufe für Kinder; sie hatten wohl noch ein weiteres Kind geplant, bevor der Totjunge und der Vater dran glauben mussten. Der Lokus lag in der Ecke ganz dicht an dem Weg, der zum Berg und zur Grotte der toten Katzen hinaufführte, die er später im Alter von acht Jahren finden und kartographieren sollte; der Berg war damals nicht so platt gemacht, wie er später wurde, und die Grotte war viel tiefer, vermutlich war Gestein heruntergestürzt. Wenn man auf dem Lokus saß und die Tür aufmachte, hing man praktisch über dem Tal. Man konnte die Tür öffnen und dasitzen und die Lokalzeitung lesen, die freisinnig liberal war und Norran hieß. Sie hatte zwei Comicstrips, der eine war Karl Alfred, der zweite Blixt Gordon. Er wischte sich mit dem Norran ab, bemühte sich jedoch, die Seiten mit Karl Alfred und Blixt Gordon aufzuheben. Es war ja ein großer Fortschritt, wenn man das Norran hatte, hob seine Mutter stets hervor, im früher hatte man Lokusspäne benutzt, die man abspaltete und in einer Kiste hatte, und im April, wenn man die Scheiße auf die Äcker fuhr, war es wie ein Frühlingsregen von Lokusspänen auf den fruchtbaren und bald üppig blühenden Fluren.
    Dann hatten sie angefangen, sich mit dem Norran abzuwischen, doch das war keine Meinungsäußerung.
    Er wiederholt sich ständig, kommt dann ins Nachdenken, hebt die Schreibhand un guckt se hasserfüllt an.
    Es war ja ein Hang hinauf zum Lokus und im Winter schwer zu schaufeln, aber die Mutter war gut im Schaufeln, und am Ende war es, als ginge man in einem Tunnel, überhaupt nicht beschwerlich. Die Kälte war schlimmer, aber aufs Ganze gesehen nicht zum Verzweifeln. Mit den Jahren sparte die Mutter zusammen für einen ganz modernen gelben Pisseimer, mit einem Deckel, der in der Mitte ein acht Zentimeter großes Loch hatte. Der Deckel vertiefte sich zum Loch hin. Der Eimer stand im Eingangsflur, so dass man im Winter nicht zum Lokus gehen musste, wenn man pissen wollte. Morgens war die Pisse zu einem dicken gelben Eisklumpen gefroren, den er herausheben und auf den Hang hinterm Haus tragen musste; zum Frühlingsanfang hin lag dort ein Klumpenhaufen, gelbes, kreisrundes Treibeis, das, wie sie beide sagten, einmal die Blumen des Frühlings hervorlocken und den Pflanzen Nahrung und Kraft geben würde.
    Der Pisseimer war ein großer Schritt nach vorn, aber es fiel ihm anfangs schwer, mit dem Strahl genau ins Loch zu treffen, damit es nicht spritzte. Die Mutter war deshalb bekümmert und ermahnte ihn und hielt ihm ein ums andere Mal vor Wer einmal sein eigenes Leben inne Hand nehmen will, muss als Kind lernen, richtig innen Pisseimer zu treffen . Sie machte sich große Sorgen deshalb. Er hat später ziemlich oft daran gedacht. Sie hätte nur wissen sollen.
    Er sollte jetzt zum eigentlichen Haus kommen.
    Der Junge im Stück In der Stunde des Luchses – das er in der Wohnung auf den Champs-Élysées 147 in Zusammenarbeit mit seiner Katze schrieb – wurde von dem Haus ja fast verrückt im Kopf. Konnte an nichts anderes denken. Es war wohl so, dass er sich so verzweifelt schämte und nicht ein noch aus wusste, und da tröstete er sich fest an dem Haus, auf eine beinahe erbärmliche Weise. Deshalb war es schwer, über diesen verrückten Jungen zu schreiben. Doch zuweilen riss er sich zusammen und dachte ordentlich und meinte, es sei wichtig, das grüne Haus in seinem sozialen Zusammenhang zu sehen, also das Sommerhaus und den Lokus und die Hecke und die Quelle mit den Fröschen.
    Was das letzte betraf: Wasser gab es zur Genüge, man holte es auf der Vorderseite an der Quelle. Man ging nach links um die Hagebuttenhecke, außer im Sommer, wenn man durch das Loch in der Mitte kam. Es war klares Quellwasser, das zu besitzen man sich glücklich preisen konnte. Es rann gleichsam unter dem Berg hervor. Die Quelle war nur einen halben Meter tief und hatte einen kleinen Überbau aus Holz; er trug das Wasser in Eimern hinauf.
    In der Quelle gab es zehn Frösche, die es zu verteidigen galt. Wenn er sich niederbeugte, musste er den Eimer immer zwischen den Fröschen hindurchsteuern, die eigentlich vielleicht Kröten waren, denn sie waren ziemlich groß. Es kam vor, dass er und die Mutter Fremde hatten – das war

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