Ein Antrag nach Mitternacht
für ihn keinen Grund, ihr Haus aufzusuchen. Und Althea hatte völlig recht, wenn sie sagte, dass Perkins nicht von der Gesellschaft empfangen werden durfte, denn so würde er auch keinen Zutritt zu einem der zahlreichen Bälle bekommen.
Sie verdrängte Galen Perkins aus ihrem Kopf und widmete sich wieder ihrer Begleitung. Die Unterhaltung war ins Stocken geraten, kaum dass sie begonnen hatte, sich im Theater nach bekannten Gesichtern umzusehen. Und kaum war Perkins als Thema abgeschlossen, verfielen Rochford und Althea wieder in Schweigen.
Geschickt fing Francesca ein neues Thema an. „Haben Sie übrigens schon das neueste Buch gelesen?“
„Das von Lady Rumor?“, gab Rochford zurück und verzog die Mundwinkel zu einem wissenden Lächeln.
„Von wem?“, fragte Althea ratlos. „Lady wer?“
„Lady Rumor. Es ist ein Pseudonym“, erläuterte Francesca. „Niemand weiß, wer sie wirklich ist, aber man nimmt an, dass es sich um jemanden aus der Gesellschaft handelt.“
Althea sah sie ungläubig an. „Warum sollte jemand aus der Gesellschaft ein Buch schreiben wollen?“
„Es heißt, dass es in ihm von Skandalen und Gerüchten nur so wimmelt, die alle nur geringfügig getarnt sind. Angeblich zittern schon alle vor Angst, dass sie auch darin erwähnt werden könnten“, fuhr sie fort.
„Ach, und was werden sie sich erst einmal übergangen vorkommen, wenn sie feststellen müssen, dass sie eben nicht erwähnt werden“, ergänzte Rochford.
„Wie recht Sie damit haben“, stimmte Francesca ihm zu.
„Aber das ist doch widersinnig“, gab Althea zu bedenken. „Niemand möchte in einem Buch erkennbar werden, in dem es um Skandale geht. Wer möchte denn seinen Namen beschmutzt sehen?“
Francesca wurde klar, dass Althea Robart tatsächlich keinen Funken Humor besaß. Sie sah zu Rochford, in dessen Augen pure Belustigung aufblitzte.
„Da haben Sie natürlich völlig recht, Lady Althea“, erwiderte er freundlich. „Ich kann mir gar nicht erklären, wie ich auf diese Idee kommen konnte.“ Dabei warf er Francesca einen Blick zu, der sie dazu zwang, sich wegzudrehen, damit man ihr Lächeln nicht sehen konnte.
Doch das half ihr nicht weiter, wie sie nur zu gut wusste. Die gemächliche, beiläufige Art der Konversation, die sie eigentlich betreiben wollte, war eindeutig nicht das Gebiet, auf dem Lady Althea etwas beizutragen wusste. Von daher war es dringend erforderlich, die Unterhaltung in eine Richtung zu lenken, die Althea mehr lag. Das Problem war allerdings, dass sie die junge Frau nicht gut genug kannte, um das geeignete Thema zu finden.
„Lady Symingtons Ball wird bald stattfinden“, sagte sie schließlich. „Werden Sie auch hingehen, Lady Althea?“
„Oh, ja, sie ist eine Cousine zweiten Grades meines Vaters, müssen Sie wissen.“
Francesca musste sich ein Aufstöhnen verkneifen. Wider Erwarten hatte sie einen Gesprächsgegenstand gefunden, der der Frau zusagte – ihre Familie!
„Ah, sehen Sie, die Lichter gehen aus“, warf Rochford ein. „Das Stück beginnt.“
„Ja, tatsächlich“, stimmte Francesca ihm zu und wandte sich erleichtert der Bühne zu. Was sich dort abspielte, bekam sie allerdings kaum mit, da sie viel zu sehr mit ihren Plänen beschäftigt war. Wie es schien, wollte es ihr einfach nicht gelingen, Althea in eine Unterhaltung einzubeziehen, die sich nicht um deren Familie drehte und die dennoch nicht nach zwei oder drei Sätzen gleich wieder beendet war. Es würde wohl wirklich das Beste sein, wenn sie in der Pause irgendwen aufsuchte, damit Althea und Rochford allein in der Loge blieben.
Es wäre ihr nur lieber gewesen, wenn sie noch jemand anderes als die Eversons entdeckt hätte. Mr Everson hielt sich für einen Fachmann auf fast jedem Gebiet, und er gab mit Vergnügen seine Meinung zu allen Angelegenheiten kund, ob man ihn nun darum gebeten hatte oder auch nicht. Mrs Everson dagegen redete am liebsten über all ihre Wehwehchen, von denen sie unentwegt geplagt wurde, was sie aber seltsamerweise nie davon abhalten konnte, jedem gesellschaftlichen Ereignis beizuwohnen.
Wenigstens die Töchter waren nicht so geschwätzig, was jedoch nicht weiter verwunderlich war, da sie in der Gegenwart ihrer redseligen Eltern nur selten Gelegenheit hatten, sich zu etwas zu äußern.
Allerdings wusste Francesca, dass ihr kaum eine andere Wahl blieb. Zwar verstärkte sich ihr Eindruck, dass Althea Robart für Rochford nicht die richtige Frau war, dennoch wollte sie ihr wenigstens
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