Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
wollten die beiden Männer versu­ chen, ein Elchkalb und ein erwachsenes Tier zu erlegen.
    Der Bischof stand im Schatten eines großen, mit Moos bewachsenen Felsbrockens und betrachtete den vor ihm liegenden kleinen Acker, hinter dem ein lichter Birkenwald wuchs. In einiger Entfernung schimmerte die blanke Oberfläche eines kleinen Sees, und rechts vom Birkenwald erhob sich ein felsiger Hügel. Erfah­ rungsgemäß suchten sich die Elche gern ihren Weg zwischen Seen und Hügeln, sodass der Standort des Bischofs außerordentlich günstig war.
    Die Landschaft lag still unter der herbstlichen Wol­ kendecke da und bot einen angenehmen Anblick. Noch waren die Birkenblätter nicht gelb, aber sowie der erste Nachtfrost käme, würde die herbstliche Laubfärbung beginnen.
    Der Bischof wurde ganz sentimental, wie er hier so am Busen der Natur schweigend dastand: Finnland war doch wirklich ein schönes Land! Nicht umsonst hieß es, dass der Wald der Tempel der Finnen sei. Hier fühlte
    man sich eins mit der großen Stille, hier konnten sich die Gedanken ungestört entfalten, und die Seele war gleichsam von tiefer Andacht erfüllt.
    Zwei Krähen flogen über das Feld. Der Bischof fühlte sich gestört, was hatten die krächzenden Viecher hier im Tempel des Herrn zu suchen? Er hätte sie am liebsten mit dem Gewehr heruntergeholt, doch das ging nicht an. Erstens waren sie mit dem Elchgewehr nicht so leicht zu treffen, und zweitens würden die Schüsse womöglich die von den Treibern aufgestöberten Elche verscheuchen. Und schließlich und endlich hatte der Schöpfer auch die Krähen geschaffen, oder, wenn man es genau nahm, hatten sie sich im Zuge der Evolution auf ihre Schwin­ gen erhoben. Die Entwicklung der Arten wurde jedoch gelenkt durch den Schöpfer des Himmels und der Erde, sodass es, wie der Bischof fand, schnurz war, wann man den Beginn und wann das Ende des Schöpfungsaktes ansetzte, eigentlich war Gott dauernd mit dieser Arbeit beschäftigt. Der Mensch merkte es nur nicht, da die vom Herrn gelenkte Evolution so extrem langsam verlief. Gottes Mühlen mahlen langsam, wie es so schön heißt, dachte der Bischof.
    Ein kleiner Kälteschauer lief ihm über den Rücken. Nun kann der Elch langsam aus dem Wald kommen, damit ich abdrücken kann, sagte er sich. Ob die Treiber des Generalmajors schon Erfolg gehabt hatten? Gene­ ralmajor Roikonen war gut zehn Jahre jünger als der Bischof, und sie hatten sich auf einem Kurs der geistli­ chen und weltlichen Regimenter kennen gelernt. Nun jagten sie seit Jahren gemeinsam und hatten gelegent­ lich auch dienstlich miteinander zu tun.
    Die Kirche und die Armee standen sich näher als all­ gemein angenommen. In Kriegszeiten war geistlicher Beistand enorm wichtig. Wenn ein Verwundeter vom Feldpastor den Segen empfing, ehe er seinen Geist auf-gab, war diese Arbeit gar nicht hoch genug zu schätzen. Ganz zu schweigen davon, dass die Gefallenen übli­ cherweise ins Heldengrab ihres Heimatortes überführt wurden. Und wer sonst als der Feldpastor sortierte und identifizierte die Leichen. Im Notfall vermochte die Hand des Pastors auch ein Gewehr zu halten. So war es eben: das Wort und das Schwert, für die gute Sache, für das Vaterland und das Heim, immer! Nach Meinung des Bischofs sollte man stets bedenken, dass Gott auch der Gott des Hasses und der Rache und eben auch der des Krieges war. Ein feste Burg ist unser Gott, eine gute Wehr und Waffe.
    Solche Selbstverständlichkeiten waren allerdings in den Sechziger- und Siebzigerjahren mit Füßen getreten worden. Jetzt aber war endlich wieder eine Zeit angebro­ chen, in der man es wagen konnte, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen. Viele ehemalige stalinisti­ sche Eiferer hatten dem Bischof bekannt, dass sie sei­ nerzeit den Herrn verleugnet hatten, völlig grundlos. Es war Mode gewesen, sie waren dazu getrieben worden. Schön, wenn sie es schließlich bereuten, und Bischof Ketterström gab dazu seinen Segen. Er war nicht nachtragend.
    Sogar Generalmajor Roikonen hatte eines Tages, als er verkatert gewesen war, seine Sünden bekennen wol­ len. Es war in der Jagdhütte gewesen, als er buchstäb­ lich mit Tränen in den Augen und mit einem Kloß im
    Hals von sich erzählt hatte. Dabei war auch die widerli­ che Geschichte herausgekommen, dass er mit Pastoren­ gattin Saara Huuskonen eine sexuelle Beziehung gehabt hatte, sogar eine heftige.
    Ob das wirklich stimmte? Wer weiß. Pastorengattin­ nen begingen im Allgemeinen keinen

Weitere Kostenlose Bücher