Ein Bär im Betstuhl
e.V.
»Der Sapperlot kriegt eine prima Höhle«, lobte Jari Mäkelä seine eigene Arbeit.
»Eigentlich wäre es keine schlechte Idee, wenn sich auch der Mensch für den ganzen Winter schlafen legte. Zumindest wir Landwirte hätten die Zeit dafür. Dann müsste aber erlaubt sein, dass man die Fernsehgebüh ren nur für den Sommer bezahlt, denn wer macht schon im Schlaf die Flimmerkiste an. Und die Zeitungen brauchten auch bloß im Sommer ausgetragen zu wer den«, philosophierte der Speerwerfer.
Pastor Huuskonen entwickelte den Gedanken weiter und meinte, dass auch die Kirchen im Winter geschlos sen werden könnten, während die Pastoren Winterschlaf hielten. »Die Toten würden dann im Mai beerdigt, und auch das Abendmahl gäbe es bei der Gelegenheit. Der Weihnachtsgottesdienst fände nicht mehr statt.«
Der Bauinspektor schleppte eine Rolle mit schwarzem Filz herbei und sagte:
»In der Baubranche wäre eine winterliche Ruhepause unter unseren Klimabedingungen nur von Vorteil. Be sonders Gussarbeiten lassen sich viel müheloser durch führen und Wasserrohre besser verlegen, wenn kein Frost im Boden ist.«
Auch Witwe Rehkoila fand, dass Winterschlaf für die Menschen nicht von Übel wäre.
»Man brauchte nicht für Weihnachten zu backen und keinen Schnee zu schippen, na gut, für eine allein ste hende Witwe spielt das ja keine Rolle. Aber man müsste im Herbst den Hausputz machen und Bettzeug und Teppiche waschen, damit man nicht im Frühjahr, wenn man aufwacht, gleich damit loslegen muss.«
»Auch im weitesten Sinne würde die ganze Volkswirt schaft aus dem Winterschlaf Nutzen ziehen«, spann der Bauinspektor den Faden weiter. »Zum Beispiel könnten sämtliche Dienstleistungen für den Winter eingestellt werden, nur die Prozessindustrie könnte man mithilfe ausländischer und nicht schlafender Fremdarbeiter weiterlaufen lassen, und auch der Export müsste natür lich sommers wie winters funktionieren. Die Arbeitslo sen liegen jetzt zwangsbedingt das ganze Jahr auf der faulen Haut, aber wenn offiziell der Winterschlaf einge führt würde, dann würde sich auch die Arbeitslosigkeit verkürzen und auf die Sommermonate beschränken. Das brächte der Volkswirtschaft in den gegenwärtigen harten Zeiten enorme Einsparungen«, unterstrich er, während er sich daranmachte, den Filz auf die Dach bretter der Bärenhöhle zu nageln.
Zum Richtfest der Bärenhöhle traf die Wissenschaftle rin Sonja Sammalisto aus Oulu mit ihrem Computer, ihren Büchern, Messgeräten und Elektroden ein. Sie war eine hinreißende Erscheinung, weit unter vierzig, und sprach den Dialekt des Nordens. Sie kam mit dem Taxi angerauscht und wollte, falls möglich, im Haus der Witwe Rehkoila Quartier beziehen, wenigstens für ein paar Wochen, bis ihre Untersuchungen richtig in Gang kämen.
»Sapperlot heißt er? Ein wirklich netter Teddy. Wir werden Elektroden an ihm befestigen und uns ansehen, was der Bursche in seiner Winternacht denkt, welche Träume er hat und ob er im Schlaf überhaupt Hirntätig keit aufweist.«
Sapperlot rieb sich an Sonjas strammem Oberschen kel. Pastor Huuskonen betrachtete die Landschaft, die sich unter dem Rock eröffnete, und hätte den Bären am liebsten weggerissen, um sich selbst dort zu reiben.
Zum Richtfest hielt der Pastor eine kurze Andacht, und der Bauinspektor sprach, wie gewohnt, zu den Arbeitern, deren Anzahl sich in diesem Fall auf zwei Mann einschließlich des Speerwerfers beschränkte. Witwe Rehkoila hatte Erbsensuppe gekocht, und traditi onell wurden auch ein paar Bierflaschen geleert. Der Bär lag auf dem Hof und gähnte. Er war bereits ein rechter Dickwanst und hatte das Gebaren eines Heran wachsenden.
Die Gattin des Pastors erschien nicht zum Richtfest, obwohl Oskari sie eingeladen hatte, sich die Bärenhöhle anzusehen.
»Vergiss es. Bärenhöhlen interessieren mich nicht. Und, offen gesagt, das ganze Getue mit dem Bären nervt mich; wenn ich Sapperlot bloß sehe, wird mir schon schlecht.«
Der Pastor fand, dass sie sehr hart sei. »Schon möglich. So wird man als Mensch und als
Frau, wenn man dem ganzen Dorf die Eskapaden seines Mannes erklären muss.«
Oskari reagierte ungehalten. Was hatte sie denn zu erklären gehabt?
Seine Frau erinnerte ihn, dass er unlängst den Bischof aufgespießt hatte – unter anderem. »Manchmal wünsche ich mir, dass du ebenfalls Winterschlaf hältst, dann wäre das Leben ein bisschen ruhiger.«
Ja, in der Tat. Der Pastor fand
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