Ein Bär im Betstuhl
finsteren Mannes und flüsterte:
»Machen Sie sich nichts draus, Pastor. Ich werde Sie trösten. Schlafen wir erst mal aus. Wir Einsamen müs sen zusammenhalten.«
Zweiter Teil
Der tanzende Petz
HEIMATLOS
Es kam der Frühling, Sapperlot erwachte. Pastor Huuskonen brachte ihn ins Haus.
»Nun ist der Winter schon vorbei, und wie schnell das ging! Selten hat eine Bauersfrau Gelegenheit, wissen schaftliche Bärenforschung zu betreiben«, plauderte Witwe Rehkoila, während sie dem Pastor Kaffee ein schenkte. Sapperlot lag unter dem Schaukelstuhl und knabberte an einem Gummiknochen. Er war noch recht schläfrig und mochte nicht fressen.
Die Witwe erzählte, dass sie sich vom Selbstmord ih res Mannes erholt habe. Erst jetzt habe sie begriffen, dass man einen Menschen nicht wieder lebendig ma chen könne, auch wenn man noch so sehr um ihn trau ere. Zuletzt sei sie am Karfreitag auf dem Friedhof gewe sen, sie habe dem Zwitschern der Meisen gelauscht und habe die Anzeichen des Frühlings gesehen. Dann habe sie eine Schaufel geholt und auf Santeris Grab Schnee aufgetürmt, mehr als einen Meter hoch. Den Grund dafür könne sie sich selbst nicht erklären, aber es habe ihr auf jeden Fall gut getan.
Witwe Rehkoila hatte noch weitere Neuigkeiten. Die Frau des Pastors hatte bei ihr angerufen, aus Helsinki. Sie arbeitete dort als Stundenlehrerin und hatte nicht mehr die Absicht, ins Pfarrhaus von Nummenpää zu rückzukehren.
»Sie lässt ausrichten, dass sie aus der Kirche ausge treten ist und die Möbel mitgenommen hat.«
Gemeinsam säuberten Witwe Rehkoila und Oskari Huuskonen die Forschungshöhle mit dem Staubsauger vom Bärenhaar und dem übrigen Schmutz, der sich im Winter angesammelt hatte.
»Werden Sie im nächsten Winter wieder in der Höhle liegen?«, wollte die Witwe wissen. Der Pastor konnte dazu nichts sagen, war doch sein weiteres Leben völlig unklar.
»Ich werde die Höhle auf alle Fälle stehen lassen, falls Sie im Herbst wieder auftauchen«, versprach die Witwe.
Oskari schleppte den Teddybären, Sapperlots künstli che Wintermutter, ins Haus, er entstaubte ihn sorgfältig und stellte ihn in die Ecke neben die Standuhr. Die Witwe bedankte sich dafür. Sie packten gemeinsam den Computer ein und adressierten ihn an Sonja Samma listo, Universität Oulu. Die Witwe versprach, den PC und das schriftliche Material als Luftfracht nach Oulu zu schicken.
Pastor Huuskonen wollte gern seine Skier und seine Winterkleidung dalassen. Dann bat er die Witwe, ihm ein Taxi zu rufen, und fuhr ins Pfarrhaus. Die Möbel waren fort, sämtliche Räume waren leer. Im Badezimmer fand Oskari seine persönlichen Utensilien und in der Bibliothek einige Meter Bücher. In der Garage stand immerhin der alte Familienwagen, den Schlüssel hatte Saara mit Klebeband an die Windschutzscheibe geheftet.
Ein Mann behält nicht viel zurück, wenn seine Frau still und heimlich fortgeht. Nicht mal einen Brief hatte Saara hinterlassen. Zum Glück hatte sie nicht das Wasser abgestellt und die Heizung ausgeschaltet. Oskari ließ ein Bad ein und setzte den Bären in die Wanne. Dieser war bereits so schwer, dass Oskari ihn kaum mehr heben konnte.
Sapperlot widersetzte sich zunächst, er wollte nicht in die Wanne, aber der Pastor gab nicht nach, sondern drückte den stinkenden Bären ins Wasser und begann ihn zu waschen. Er rieb sein Fell mit Shampoo ein, bis Sapperlot über und über mit weichem Schaum bedeckt war, sodass nur noch das Maul herausschaute, wäh rend er aus Protest mit den Tatzen ruderte. Bald ge wöhnte er sich jedoch an das warme Wasser, und die Reinigungsprozedur gefiel ihm. Huuskonen duschte ihn viele Male ab und hüllte ihn dann in sein eigenes Bade tuch. Im leeren großen Salon des Pfarrhauses schüttelte Sapperlot das restliche Wasser von sich ab und leckte dann sein Fell trocken. Oskari sprühte ihm Deodorant unter die Achseln und stieg dann selbst in die Bade wanne. Anschließend zog er sich seinen grauen Anzug und den schwarzen Popelinemantel an und griff nach dem Schlüssel zur Sakristei. Er band Sapperlot das Halsband um, befestigte die Leine daran und machte sich mit ihm auf den Weg zur Kirche. Es war bereits Nachmittag.
Auf der Dorfstraße begegnete ihm der Chef der Feu erwehr. Der Mann stoppte seinen Wagen und begrüßte den Pastor mit Handschlag.
»Der Bär ist ja mächtig gewachsen! Ist ihm ein ›Harz pfropfen‹ aus dem Arsch gekommen?«
»Nein, er ist erst heute
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