Ein Bär im Betstuhl
schaufel, die neben der Haustür stand, stapfte zur Bärenhöhle und begann zu graben.
Drinnen hockten Sonja und Oskari und beobachteten erschrocken durch die Linse des Periskops, wie die erzürnte Frau mit der Schaufel zum Angriff überging. Sonja bat Oskari, Gott um Gnade zu bitten, aber der Pastor knurrte nur verärgert vor sich hin.
Draußen hieb die wütende Frau mit der Schaufel auf das Rohr des Periskops, das aus dem Schnee ragte, und verbog es. Als sie die Türöffnung freigeschaufelt hatte, brüllte sie in die Höhle:
»Ich wollte dir nur sagen, dass ich aus der Kirche aus trete, Oskari Huuskonen!«
Es folgte eine schreckliche Szene. Sonja Sammalisto kroch aus der Höhle und rannte weinend und betend ins Haus, um bei der Witwe Rehkoila Schutz zu suchen. Oskari blieb grollend zurück und versuchte seine Frau zu beruhigen, aber die hatte den ganzen Winter hin durch die Wut in sich aufgestaut. Da wurde gebrüllt und gekeift, bis Sapperlot erwachte. Er brummte dro hend, erhob sich und tapste nach draußen. Er war inzwischen ein großer Bursche, und erschrocken wich Saara Huuskonen zur Seite. In der Höhle blieb nur der Pastor zurück, der nicht einmal Oberbekleidung trug. Es herrschten harte Wetterbedingungen, mehr als zehn Grad Frost, Wind und Dunkelheit. Nicht sehr verlockend also, in Unterhosen hinauszugehen. Aber als seine Frau anfing, Schnee in die Höhle zu schaufeln, war der Pastor gezwungen, sich vollständig anzuziehen. Anschließend musste er sich gewaltsam seinen Weg bahnen, und er stürzte nach draußen. Seine Frau flüchtete ins Haus, während er sich auf seine Skier schwang, um den Bären zu suchen. Im Laufen rief er seiner Frau zu, wenn sie aus der Kirche austreten wolle, so könne sie das wäh rend der Dienstzeit im Pfarramt tun. Und damit ver schwand er auf Sapperlots Spuren im dunklen Wald.
Die Frauen drinnen im Haus versuchten sich zu be ruhigen. Witwe Rehkoila machte Kaffee und bot Kuchen dazu an. Sonja Sammalisto weinte wie ein Schlosshund, sie sagte, dass sie zum Glauben gefunden habe, und entschuldigte sich bei der Pastorsgattin und beim himmlischen Vater für ihre Lasterhaftigkeit, dazu stammelte sie Texte von Psalmen, die sie während des Winters neben dem übrigen Bibelstoff gelernt hatte. Saara Huuskonens Zorn war so weit verraucht, dass sie imstande war zu sagen, Sonja könne gern ihren Mann haben, mitsamt seinen Skiern, seinem Bären und über haupt allem. Erst wolle sie die Trennung von der Kirche, dann von ihrem Mann.
Aber Sonja Sammalisto wollte ihr Oskari gar nicht wegnehmen. Sie sagte, dass sie tatsächlich fromm geworden sei, sie habe einen Freund in Oulu und könne nicht mit einem alten Mann in Sünde leben, jedenfalls nicht mit dem Pastor.
Erst in den frühen Morgenstunden holte Oskari sei nen Sapperlot im Wald ein. Der Bär war verfroren, steif und schwer, er brummte und fletschte die Zähne, und es kostete ein hartes Stück Arbeit, ihn wieder in die Höhle zu schleppen. Bei Tagesanbruch langte der Pastor mit dem knurrenden Bären auf dem Rücken vor der Höhle an, er bugsierte ihn hinein, zog den Vorhang zu und legte sich schlafen.
Gegen Mittag brachte Witwe Rehkoila ihm Fleisch suppe und erzählte, dass die Frauen gemeinsam abge fahren seien und dass Sonja gern die letzten Disketten vom Winterschlaf des Bären hätte, wenn es dem Pastor recht sei. Sie hatte gesagt, er könne sie auf ihren Namen an die Universität Oulu schicken.
»Es eilt nicht, lässt sie ausrichten.«
Der Pastor sagte sich, dass es nicht so katastrophal hätte kommen müssen. Er erwog flüchtig, Gott darum zu bitten, alles Geschehene rückgängig zu machen, aber dann drehte er sich nur müde auf seiner Matratze um und dachte: egal. Sonja war letztlich eine dumme Gans, nur Närrinnen verfallen dem Glauben, obwohl die Welt Besseres zu bieten hat. Oskaris Stimmung war so gedrückt, dass er Sapperlot am liebsten in den Hintern getreten hätte, aber der schlief längst wieder tief und fest, und was begriff er schon von den Angelegenheiten der Menschen. Huuskonen befestigte die Elektroden wieder an seinem Körper und schaltete den Computer ein.
Pastor Huuskonen schlief fast zwei Tage und Nächte hintereinander, gelegentlich wachte er auf und löffelte Fleischsuppe, dann schloss er wieder betrübt die Augen.
Am Nachmittag des zweiten Tages kam Witwe Rehkoi la in die Höhle geschlichen, legte sich leise neben Huuskonen auf die Matratze, schlang den Arm um die Schultern des
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