Ein Ballnachtstraum
geschenkt hat. Ich warne Sie nur, lassen Sie die Finger von Eloise!“
Horace begann zu zittern. Später würde er sich einreden, er habe sich den Geruch nach Rauch und Schwefel, den er an Boscastle wahrnahm, nur eingebildet. „Sie denken doch hoffentlich nicht, ich hätte die Absicht gehabt, sie zu entehren?“, stieß er gepresst hervor und versagte sich wohlweislich den Hinweis, dass Drakes Auftreten darauf schließen ließ, er selbst habe sich dieses Vergehens schuldig gemacht.
„Jedenfalls haben Sie sich benommen wie ein ehrloser Schuft“, entgegnete Drake scharf.
„Ich … ich konnte doch nicht ahnen“, ächzte Horace röchelnd mit hochrotem Gesicht, „dass ein Mann Ihres Standes an der Gouvernante meiner Schwester interessiert sein könnte. Das wusste ich nicht, Boscastle, das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist. Ich werde mich von ihr fernhalten, glauben Sie mir. Und wenn Sie es verlangen, lecke ich Ihre Stiefel sauber, aber bitte töten Sie mich nicht. Ich hatte keinen Schimmer, was Sie für Eloise empfinden. Sie ist eine hübsche Frau, gelegentlich zwar ein wenig herrisch, aber ich werde nie wieder das Wort an sie richten, wenn Sie es wünschen. Mir war nur nicht klar, wie Sie zu ihr stehen.“
Drake löste mit eisiger Miene seinen Würgegriff. Die namenlose Erleichterung in Thorntons Gesicht hätte ihn wohl zum Lachen gebracht, wäre er durch dessen Worte nicht stutzig geworden. Denn auch Drake war bislang nicht bewusst gewesen, wie viel er für Eloise empfand. Er hätte nie vermutet, fähig zu sein, für irgendeine Frau tiefere Gefühle zu hegen, aber seit der ersten Begegnung mit Eloise war er eines Besseren belehrt.
Eloise war soeben mit einem seligen Lächeln auf den Lippen eingeschlafen. Ihr letzter Gedanke galt Drake, wie er von einer üppigen, silbern ergrauten Witwe im Walzertakt durch den Ballsaal geschwenkt wurde. Die Dame hatte ihn offenbar an sein Versprechen erinnert und in Beschlag genommen. Ach Liebster, dachte Eloise im Halbschlaf, was würde ich darum geben, dich neben mir zu spüren …
Und wieso wärmten sich zwei nackte kalte Füße an den ihren? In der nächsten Sekunde war sie hellwach, wagte jedoch nicht, die Augen zu öffnen oder gar eine Bewegung zu machen. Sie hätte beinahe glauben können, bei dem nächtlichen Besucher in ihrem Bett handle es sich tatsächlich um ihren Beschützer, der zunehmend dem Bild des unersättlichen Liebhabers glich, wie die Klatschblätter behaupteten.
Aber Drake hatte weder zierliche Füße noch lange Fußnägel. Und er würde sich auch nicht in ihr Zimmer schleichen und bitterlich ins Kissen weinen, wie der ungebetene Gast in ihrem Bett es nun tat.
Sie fuhr erbost hoch. „Miss Thornton, was fällt Ihnen ein? Was hat dieser Besuch mitten in der Nacht zu bedeuten?“
„Ach El…oo…ii..se“, schluchzte Thalia herzzerreißend, schlang stürmisch die Arme um Eloises Hals und schlug ihr den Kopf unsanft gegen die Rückwand des Bettes. „Ich hatte einen grässlichen Albtraum. Halten Sie mich fest, bis ich mich von dem Grauen erholt habe.“
Eloise befreite sich aus den schlanken Armen des Mädchens. „Nun beruhigen Sie sich! Sie sind kein Kind mehr, und ich brauche meinen Schlaf. Es ist sehr spät, und wir müssen früh aufstehen. Morgen kommt die Schneiderin, um Ihr Brautkleid abzuändern.“
„Mein Brautkleid“, jammerte Thalia unbeeindruckt und barg das Gesicht an Eloises Busen wie ein kleines Kind. „Davon habe ich geträumt. Was soll ich denn nur tun?“
Eloise rieselte ein eisiges Frösteln über den Rücken. Sie dämpfte ihre Stimme zu einem unheilvollen Flüstern. „Sagen Sie bloß nicht, Sie haben schon wieder Zweifel daran, Sir Thomas zu heiraten, nach all den Scherereien, die Sie mir gemacht haben.“
Thalia rieb sich die Nase. „Er kommt mir manchmal so grässlich alt vor, Eloise.“
Nur weil die dumme Gans sich oft so kindisch benimmt, dachte Eloise verärgert. „Dummes Zeug! Er ist nur drei Jahre älter als Sie. Das macht ihn noch längst nicht zum Greis. Sie leiden unter Lampenfieber, das passiert jeder Braut.“
Thalia verzog weinerlich das Gesicht, schien sich aber wieder im Griff zu haben. „Woher wollen Sie das wissen? Sie waren nie eine Braut und werden auch nie eine sein, wenn Sie meinen Bruder nicht heiraten, der übrigens bei der Soiree von Boscastle tätlich angegriffen wurde. Ihr Liebhaber scheint ein Hitzkopf und Schläger zu sein.“
Eloise seufzte. Na fabelhaft! Diese verwöhnte Göre
Weitere Kostenlose Bücher