Ein Ballnachtstraum
Ihnen nicht zu, Mrs. Barnes.“
„Ob mir das zusteht oder nicht, Hauptsache, Sie machen ihm von vornherein klar, dass sie dieses ungehörige Verhalten nicht dulden.“
Drake war nach Hause gefahren, um sich zu rasieren und die Kleider zu wechseln. Er hatte gehofft, sich unbemerkt aus Eloises Zimmer schleichen zu können, um ihr unnötige Peinlichkeiten zu ersparen, doch Thorntons Dienerschaft hatte ihn aus strategisch gut gewählten Verstecken im Haus beobachtet.
Nun ja, es hatte keinen Sinn, das Offensichtliche zu leugnen. Er hatte Freddie ein paar Goldmünzen zugeworfen, als der versuchte, sich hinter einer Tür zu verbergen.
„Lass Miss Goodwin ein wenig länger schlafen, Freddie“, sagte er und zwinkerte dem verblüfften Diener vertraulich zu.
„Sehr wohl, Mylord.“ Freddie bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung und beeilte sich, ihm die Haustür zu öffnen. Der Himmel war bewölkt, es nieselte leicht, ein typischer Londoner Morgen brach an. „Und gestatten Sie mir zu bemerken, wie erleichtert ich bin, dass …“
Drake warf ihm mit einer hochgezogenen Braue einen Blick über die Schulter zu. „Dass was?“
Freddie räusperte sich verlegen. „Dass Miss Goodwin einen verlässlichen Freund in Ihnen gefunden hat.“
Ein verlässlicher Freund. Diese Beschreibung seiner Beziehung zu Eloise wärmte ihm das Herz. Freunde und Liebende. Das gefiel ihm. Wenn er mit ihr zusammen war, schien sich die Leere in ihm zu füllen, die er so lange versucht hatte, zu verdrängen. Liebesspiele und Freundschaft. Konnte es etwas Besseres geben?
„Ich bin froh, dass sie einen Beschützer hat“, hatte Freddie hinzugefügt und war Drake ins Freie gefolgt. „Den braucht sie nämlich, Mylord.“
Drake maß dieser Bemerkung zunächst keine Bedeutung bei. Erst einige Stunden später dämmerte ihm einiges. Er hatte vor, seinem Bruder Heath einen Besuch abzustatten und ihm vorzuschlagen, sich mit Sir Jeremy Hutchinson im Club zu treffen, statt ein paar Runden bei Jackson zu boxen.
Und den Rest des Tages wollte er Eloise widmen, ohne genaue Pläne zu haben. Vielleicht würden sie gar nichts tun oder einen Ausflug in den Hyde Park machen. Er wollte nur in ihrer Nähe sein und hatte nicht das Gefühl, er müsse sich sonderlich anstrengen, um sie zu beeindrucken.
Kurz nachdem Drake seine Morgentoilette beendet hatte, klopfte Heath an der Tür. Ganz im Gegensatz zu Devon sprach sein älterer Bruder sehr selten unangemeldet bei ihm vor. Drake gab seinem Kammerdiener Quincy mit einem Wink zu verstehen, sich zurückzuziehen.
„Ich wollte gerade aus dem Haus, um dich zu besuchen“, erklärte Drake und zupfte seine Halsbinde zurecht. „Wie geht es Julia?“
„Danke der Nachfrage, ausgezeichnet.“
Drake begegnete dem Blick seines Bruders im Spiegel und wusste, dass etwas nicht in Ordnung war. Er drehte sich bedächtig um. „Was hast du auf dem Herzen?“
„Ich wurde damit beauftragt, mit dir zu sprechen.“
„Ach du meine Güte“, stöhnte Drake, verzog das Gesicht und wandte sich zum Fenster. „Also gut, heraus damit. Emma hielt mir bereits gestern Nacht eine Moralpredigt. Nun bist also du dran. Bei dir kann ich wenigstens damit rechnen, dass du dich kurz fasst.“
Heath umrundete den wuchtigen Schreibtisch, der eine Stirnseite des Zimmers einnahm. „Habe ich dir je eine Lektion erteilt?“
„Nein. Nicht, dass ich mich entsinne.“ Drake räusperte sich. „Aber die Mühe kannst du dir auch diesmal sparen“, fuhr er sachlich fort. „Ja, es stimmt. Ich habe eine Affäre mit einer Frau, die sich ihren Lebensunterhalt als Gesellschafterin und Gouvernante verdient. Nein, sie ist eigentlich nicht mein Typ, wie Emma mir unverblümt vorwarf. Ich habe sie kompromittiert und übernehme die volle Verantwortung dafür. Musst du nähere Einzelheiten wissen?“
Heath setzte sich in den gepolsterten Ledersessel. „Ich muss gar nichts über deine Privatangelegenheiten wissen.“
„Na schön.“ Drake zog gereizt die Schultern hoch. „Was ist dann der Grund deines Besuches?“
„Was weißt du über diese Frau?“
Drake stutzte. Diese Frage hatte er nicht erwartet. Von all seinen Geschwistern war Heath ihm im Wesen am ähnlichsten. Verschlossen, grüblerisch, darauf bedacht, den Dingen auf den Grund zu gehen. Beide Männer waren argwöhnisch. Doch während Heath ein Verstandesmensch und den Geisteswissenschaften zugetan war, handelte Drake eher aus dem Bauch heraus, seinen Eingebungen folgend.
„Was soll das
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