Ein Ballnachtstraum
natürlich keine Ahnung hatte. Diese Frau kam ihm auf die Schliche und setzte sich umgehend mit mir in Verbindung, fest entschlossen, ihn für seinen Betrug zu bestrafen. Auch ich war maßlos aufgebracht und fand das damals eine gute Idee, ohne wirklich an die Konsequenzen zu denken.“
„Das verstehe ich“, warf Drake achselzuckend ein. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Leidenschaft mächtiger ist als der gesunde Menschenverstand. Andererseits begreife ich immer noch nicht, was daran so schlimm sein soll. War eure Rache so bitter für ihn?“
Eloise wandte beschämt den Blick ab. „Wir haben ihn öffentlich bloßgestellt.“
„Aha. Und wie genau?“
Sie nestelte am Gürtel ihres Kleides.
„Eloise?“
„Ja?“
„Deine Rache?“, ermunterte er sie. „Was habt ihr getan, um euch zu rächen?“
„Es fällt mir wirklich nicht leicht, darüber zu sprechen.“
„Und mir fällt es nicht leicht, dir jedes Wort aus der Nase ziehen zu müssen. Heraus mit der Sprache! So arg kann es nicht gewesen sein. Immerhin ist der Mann noch am Leben. Was können zwei junge Mädchen wohl Schreckliches aushecken, dass du nach Jahren immer noch nicht darüber reden kannst?“
„An einem Sonntagmorgen haben wir ihn auf einen Karren gebunden und auf einer Brücke abgestellt, die alle Dorfbewohner auf dem Weg zur Kirche überqueren mussten.“
Drake legte den Kopf zur Seite. „Und das war alles?“
Sie zupfte ein Fädchen von ihrem Ärmel. „Wenn ich mich recht entsinne, haben wir ihm ein Schild um den Hals gehängt, auf dem wir all seine Sünden geschrieben hatten.“
Drake starrte sie unverwandt an, bis sie den Blick hob. „Er trug also ein Schild um den Hals. Und weiter?“
Ihre Stimme war kaum hörbar. „Und … wenn ich mich recht erinnere, trug er außer dem Schild nichts am Leib.“
Schweigen.
Drake gab mit keiner Regung zu erkennen, dass er verstanden hatte, was sie gesagt hatte, nur in seinen Augen entdeckte sie ein verräterisches Funkeln. Entweder er glaubte ihr kein Wort, oder er hielt seine neue Mätresse für eine Wahnsinnige. Dennoch war es wohl besser für beide, dass sie ihre Vergangenheit aufdeckte, so schmachvoll sie auch sein mochte.
„Das ist noch nicht alles“, fuhr sie fort, entschlossen, endlich reinen Tisch zu machen.
„Ach.“ Der Anflug eines Lächelns huschte über Drakes Lippen, diese sündigen Lippen, mit denen er sie in süßer Wonne um den Verstand gebracht hatte.
Eloise seufzte wieder und wünschte sich, sie hätte Mildred nicht daran gehindert, Ralph umzubringen, wie sie es vorgehabt hatte.
„Was noch, Eloise?“, fragte Drake geduldig.
„Wir haben sein Bett in Brand gesteckt.“
Er blinzelte erschrocken. „Befand er sich darin?“
„Natürlich nicht“, erwiderte sie entsetzt. „Er war doch auf den Karren vor der Kirche gebunden.“
Drake betrachtete sie nachdenklich. „Gab es denn einen besonderen Grund, warum ihr sein Bett angezündet habt?“
Eloise furchte die Stirn. „Mildred wollte das ganze Haus anzünden, aber ich hatte Angst vor dem Gefängnis und befürchtete, das Feuer würde sich auf das ganze Dorf ausbreiten. Ich fand es ausreichend, sein Bett zu verbrennen, um ihm zu zeigen, wie gemein und hinterhältig sein Doppelspiel war.“
„Wieso hast du nicht gewusst, dass er auch mit einer anderen verlobt war?“
„Mildred lebte im Nachbardorf. Unsere Wege hätten sich nie gekreuzt, wäre ihm nicht einer ihrer Vettern eines Abends nachgeschlichen.“
Die Frauen hatten dem Kerl wahrlich einen üblen Streich gespielt, dachte Drake in heimlicher Anerkennung. „Ich habe schon immer geahnt, dass du nicht so unbescholten und sittsam bist, wie du nach außen erscheinst, Eloise. Aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass du zu so üblen Streichen fähig wärst. Zugegebenermaßen bin ich ein wenig sprachlos.“
„Also jetzt weißt du alles über mich. Macht das einen Unterschied?“
„Selbstverständlich macht das einen Unterschied.“ Er schüttelte bedächtig den Kopf und zog sie in seine Arme. „Ich werde dir ein treuer Liebhaber sein, sonst bin ich meines Lebens nicht mehr sicher.“
Sie entwand sich ihm, hatte keineswegs vergessen, dass er einer anderen Frau den Hof gemacht hatte. „Wobei wir wieder beim Thema wären, nämlich diesem Zeitungsartikel.“ Sie schob ihm das Blatt hin. „Wer ist Maribella St. Ives?“
Er warf einen flüchtigen Blick darauf. „Sie bedeutet mir nichts, hat mir nie etwas bedeutet.“
„Ach tatsächlich?“
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