Ein Band aus Wasser
sicher fünf oder sechs Meter hoch war.
Drinnen, ganz auf der rechten Seite, befand sich ein kleines Café mit zierlichen quadratischen Tischen und altmodischen Bibliotheksstühlen. Auf jedem Tisch stand eine grüne Bankerlampe und überall gab es kabellosen Internetzugang, was erklärte, weshalb hier so viele Studenten mit ihren Laptops und iPods herumhingen.
In der Mitte, direkt da, wo man das Café betrat, befand sich ein kleiner Bereich mit flippigen Klamotten und Regalen, in denen alle Arten von alternativen Büchern aufgereiht standen, und daneben wieder andere Regale mit Kerzen, Räucherstäbchen, Kräutern und Ölen.
Ganz hinten auf der linken Seite gab es einen etwas schlechter beleuchteten Bereich mit noch mehr Bücherregalen. Die Titel waren ein bisschen ernst zu nehmender und handelten von Zauberkraft und Voodoo und dem tiefschürfenden Wissen über Kräuter, Sterne und Tarot. Sie waren für Zauberlehrlinge, für all diejenigen, die Magie praktizierten. Die Bücher weiter vorne waren für Laien, für Leute, die zwar neugierig waren, das Ganze aber nicht unbedingt ernsthaft betrieben.
Hinten im Dämmerlicht gab es einen abgetrennten Bereich: zwei Reihen mit Bücherregalen, die einander gegenüberstanden, vor dem Eingang eine goldene Kordel mit einem Schild, das allen unter achtzehn den Zutritt verbot.
Es war leicht, darunter hindurchzuschlüpfen.
Nach dem Ritus war ich furchtbar aufgeregt gewesen, wegen Daedalus und der Frage, was ich nun tun sollte. Ich konnte nicht glauben, dass es Clio nicht genauso ging. Doch meine gewaltigen, aufgewühlten Emotionen hatten sich auf einen einzigen, kalten, berechnenden Gedanken reduziert: Rache. Und ich war hier, um herauszufinden, welche Form diese Rache annehmen konnte. Bei Lucs Anblick hatte ich daran gedacht, Daedalus etwas Ähnliches zuzufügen, nur sollte es bei ihm für immer bleiben. Aber Daedalus wirkte nicht so, als würde er sich viel um sein Aussehen scheren. Daedalus ging es einzig und allein um Macht.
Und die wollte ich ihm nehmen.
Natürlich hatte ich keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Und wie Clio gestern so schön bemerkt hatte, war ich ja keine ausgebildete Hexe. Ich verfügte über ein bisschen Kraft und Clio und ich zusammen hatten sogar tonnenweise davon. Aber das hier musste ich allein durchziehen, das hatte sie mir in aller Deutlichkeit gesagt. Dies hier war mein erster Ausflug in Sachen Zauberei – ich musste recherchieren, herausfinden, was dabei eine Rolle spielte. Wenn es etwas gab, was ich jetzt gleich tun konnte, würde ich es tun. Und wenn es etwas war, für das man ein jahrelanges Training brauchte, nun, dann würde ich die Zeit dafür finden.
Die Bücher auf den Regalen hier sahen älter aus, abgegriffen, als hätten sie ein hartes Leben hinter sich. Wer weiß, wie viele Generationen von Hexen und Hexern diese Bücher schon gelesen hatten und zu welchen Zweck? Sie waren nur grob in Themen unterteilt, doch leider war keins von ihnen mit der Aufschrift Schwarze Magie (Rache) versehen.
Ich begann, sie willkürlich aus den Regalen zu ziehen. Bücher, die sich ausschließlich mit Gartenzaubern befassten, mit Erntezaubern, Zaubern, welche sich die Mondphasen zunutze machten, und andere, die auf Kräutern, Kristallen und weiteren Hilfsmitteln basierten. Ein paar der Titel beinhalteten Sprüche, die irgendwie dunkel schienen – zum Beispiel wie man beim Nachbarn eine Missernte heraufbeschwören konnte, während bei einem selbst alles wunderbar gedieh. Doch nichts davon schien mir gewaltig und erbarmungslos genug oder speziell für Daedalus geeignet.
Eines nach dem anderen nahm ich die Bücher unter die Lupe. Wieder und wieder musste ich mich davon abhalten, mich in einem faszinierenden Thema zu verlieren, das gar nichts mit meinem Plan zu tun hatte. Es gab ein ganzes Buch zu der Frage, wie Frauen in Einklang mit ihrem monatlichen Zyklus zaubern und aus ihren sich ändernden Kräften schöpfen können. Keine Ahnung, ob das wirklich funktionierte oder nicht, aber es war spannend zu lesen. Ich musste so viele Bücher wie möglich überfliegen, bevor mich jemand rauswarf. Nächsten Monat wurde ich achtzehn, aber das würde heute wahrscheinlich niemanden interessieren.
Endlich entdeckte ich ein Buch, auf dessen Rücken in verblasstem, abgeblättertem Blattgold Achtung geschrieben stand. Vorsichtig zog ich es hervor und öffnete es. Fast erwartete ich, die Seiten würden vor mir zu Staub zerfallen. Und wirklich, im Innenteil war
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