Ein Band aus Wasser
Manons Knie, das von Jeansstoff bedeckt war, doch Manon schob sie weg. Sophie wurde es noch ängstlicher zumute.
» Können wir bitte reden?«, fragte sie leise. Sie war sich Marcels und Axelles Gegenwart nur allzu bewusst.
Ein unversöhnlicher Ausdruck lag auf Manons Gesicht. » Wir haben schon geredet.«
Sophie warf einen Blick über Manons Schulter und sah, dass Axelle sich nicht mal die Mühe machte, so zu tun, als würde sie nicht lauschen. Sie mixte sich einen Gin Tonic hinter der Theke, während Marcel ihr mit leicht gerunzelter Stirn zusah. Warum war er überhaupt hier? Er konnte Axelle doch nicht ausstehen.
» Bitte, Schatz«, sagte Sophie. » Bitte lass uns das einfach ausdiskutieren. Du weißt doch, ich würde dir um nichts in der Welt wehtun.«
» Es sei denn, es geht dabei um dich selbst.«
Das saß. Sophie hätte es gerne abgestritten, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es stimmte. Sie war gewillt gewesen, Manon zu einem endlosen Leben voller Unglück und Enttäuschung zu verdammen, nur damit sie, Sophie, sie nicht verlor. Das wirklich Bittere war, dass sie gar nichts hätte tun müssen. Sie alle hatten gesehen, dass ein sehr viel mächtigerer Selbstmordzauber nicht funktioniert hatte. Wenn sie einfach nichts unternommen hätte, wenn sie so getan hätte, als würde sie Manon in ihrem Vorhaben unterstützen, hätte sich trotzdem alles nach ihren Wünschen gefügt.
Und Manon hätte sie nicht verlassen.
» Es tut mir so leid«, sagte Sophie und blickte auf ihre Hände, die zu Fäusten geballt in ihrem Schoß lagen. » Ich weiß, dass es falsch war. Du hast recht – es war unverzeihlich selbstsüchtig von mir. Aber ich habe es aus Liebe getan. Weil ich dich so sehr liebe. Ich kann den Gedanken, ohne dich zu leben, nicht ertragen.«
» Das ist es ja genau«, erwiderte Manon langsam, während sie aufstand. Sophie rappelte sich auf und betrachtete das süße, perfekte Gesicht, das mit dreizehn in der Zeit eingefroren worden war. » Ich glaube, du hast es getan, weil du den Gedanken, alleine zu leben, nicht ertragen konntest. Aber ich weiß nicht, ob es dabei um mich, wirklich um mich ging oder nur um dich.«
» Wovon redest du?«, schrie Sophie, während sie Manon in die Küche folgte. Sie warf Axelle und Marcel einen nervösen Blick zu und sah, dass die beiden sie mit unverhohlener Neugier beobachteten. » Manon – können wir unter vier Augen darüber reden? Bitte?«
» Ich will überhaupt nicht darüber reden.« Manons Stimme klang düster. Sie nahm ein Glas aus dem Schrank und schenkte sich einen Gin Tonic ein. Vor ihr lag eine bereits aufgeschnittene Limette. Manon drückte eines der Stücke über ihrem Drink aus und und ließ es dann hineinfallen.
» Du musst mir vergeben«, sagte Sophie in wachsender Panik. Sie und Manon hatten sich schon öfter gestritten, ja einmal hatten sie sogar für ein paar Tage miteinander Schluss gemacht, doch das war anders gewesen. Jetzt schien Manon so kalt, so unnachgiebig.
Manon nippte an ihrem Drink und fixierte Sophie über den Rand des Glases hinweg. » Nein, das muss ich nicht.« Ihre Worte klangen eher traurig als wütend.
Sophies Herz gefror zu Eis. » Manon … Siehst du nicht, dass ich dich brauche? Dass ich dich liebe, mehr als alles andere?«
» Ja, ich glaube, dass du mich brauchst.«
» Aber du denkst, ich liebe dich nicht?« Es war zutiefst erniedrigend, so betteln zu müssen. Doch Sophie war bereits über den Punkt hinaus, an dem sie das noch gekümmert hätte. Das einzig Wichtige war, dass Manon nachgab und zu ihr zurückkehrte.
» Ich weiß es nicht«, entgegnete Manon ruhig, während sie mit der Fingerspitze einen Eiswürfel berührte. Sie sah Sophie nicht an. » Vielleicht kannst du einfach nicht alleine sein.«
» Was? Manon, wie kannst du so etwas sagen?«, rief Sophie. Sie war den Tränen nah. » Ich liebe dich! Du bist der einzige Mensch, den ich je geliebt habe!« Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, machte sich ein kaltes, ungutes Gefühl in ihr breit. Aber vielleicht würde sich Manon ja nicht erinnern …
Doch das tat sie. » Das stimmt nicht ganz«, erwiderte Manon gelassen. » Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken.« Sie stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. » Also, ich meine, sehr viel Zeit. Und so langsam frage ich mich, ob ich nicht immer die zweite Wahl gewesen bin.«
Sophie starrte sie entsetzt an. Oh nein, oh nein, oh nein, oh nein – sag es nicht, fang jetzt nicht damit an …
» Wenn man bedenkt, wie
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