Ein Band aus Wasser
paarmal und runzelte die Stirn. » Wovon redest du?«
Jetzt war es an Claire, überrascht zu sein. Sie hatte gedacht, die Neuigkeiten hätten sich wie ein Lauffeuer verbreitet. » Richard und Manon altern seit dem Ritus. Ich habe Richard gestern Nacht oder besser gesagt gestern Morgen so gegen drei Uhr gesehen, als er aus dem Lafitte’s gekommen ist. Ich habe einen Augenblick gebraucht, um zu kapieren, weshalb er so verändert wirkte. Aber dann habe ich begriffen, dass er älter aussah. Wann hast du Manon zum letzten Mal gesehen?«
» Am Freitag bei Axelle. Seitdem durfte ich nicht mehr bei ihr vorbeikommen.«
» Heute ist Montag – seit dem Ritus ist eine Woche vergangen. Es wird dir auffallen, wenn du sie siehst.«
» Aber das ist doch nicht möglich! Warum hast mir das denn nicht schon vorher gesagt?«
» Ich dachte, du wüsstest es. Wie es scheint, sind es nur die beiden, die altern. Offensichtlich sieht Daedalus ganz furchtbar aus, und wenn man Luc glauben kann, wirkt Petra definitiv schwächer. Er macht sich Sorgen um sie.«
» Aber … Ich kann es nicht glauben«, sagte Sophie, während sie aufstand und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. » Das ist einfach nicht möglich.«
Claire zuckte die Achseln. » Tja, dann muss es wohl Magie sein.«
» Richard wird älter ?«
» Entweder das, oder der ganze Alkohol zeigt tatsächlich mal Wirkung.«
» Und Manon?«
» Ja, die auch. Sie ist größer, älter und sieht jetzt aus, als wäre sie ungefähr fünfzehn.«
» Und wie lange geht das jetzt noch so?«, fragte Sophie, und ihre braunen Augen weiteten sich. » Wann hört es auf? Und was hat das überhaupt verursacht?«
Claire malte imaginäre Häkchen in die Luft. » Weiß nicht, weiß nicht, weiß nicht.«
» Ich muss zu Manon!« Sophie schnappte sich ihren lavendelfarbenen Sweater und ihre Tasche. » Sie wäre nicht länger von mir abhängig, wäre mehr mit mir auf Augenhöhe. Vielleicht will sie nicht mal mehr sterben. Das ändert alles!« Sie eilte zur Tür.
» Na ja, es ändert nichts an der Tatsache, dass du sie betrogen hast.« Wie üblich nahm Claire kein Blatt vor den Mund.
Sophie blieb wie angewurzelt an der Tür stehen und drehte sich entsetzt um.
» Ihr Alter war nicht das Hauptproblem«, fuhr Claire etwas sanfter fort. » Das Problem war, dass du dich an die erste Stelle gesetzt hast. Du hast ihren Plan absichtlich durchkreuzt, etwas zunichtegemacht, was sie sich so sehr gewünscht hat, weil es nicht das war, was du wolltest. Dass sie jetzt etwas weniger wie eine Minderjährige aussieht und euer Verhältnis vielleicht bald nicht mehr strafbar wäre, ändert daran nichts.«
Sophie fuhr sich mit der bleichen Hand über die Augen, während sie langsam gegen die alte Holztür sank.
» Was also jetzt?« Sie klang wie jemand, der bezwungen worden war.
Claire schüttelte den Kopf. » Ich bin eine Hexe, kein Medium. Es ist alles völlig offen.«
Kapitel 21
Clio
» Okay, ein Kelch voll Wind, kapiert.« Ich hielt den glatten Holzbecher in der Hand und strich mit dem Daumen über die feine Maserung. » Ring aus Asche, abgehakt.« Ich deutete auf den verbrannten Ring auf dem Boden, wo wir vor einer Woche den Ritus abgehalten hatten.
» Ja.« Daedalus stützte sich auf seinen Spazierstock und blickte sich um.
Er erschien mir wesentlich schwächer als sonst, genau wie Petra heute Morgen. Ging es ihnen allen so? Bei Luc konnte man es nicht sagen, so wie sein Gesicht aussah. Aber was war mit Richard? Beim Gedanken an ihn runzelte ich die Stirn. Ich hatte ihn erst vor zwei Tagen gesehen. War er schwächer gewesen? Nein. Aber irgendwas war anders.
» Wann immer du so weit bist, Clio«, sagte Daedalus. Abrupt lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn.
» Ähm, wo ist die Feder aus Stein?« So hatte der Zauberspruch geheißen. Ein Kelch voll Wind, ein Ring aus Asche, eine Feder aus Stein und ein Band aus Wasser.
» Bei Richard. Es handelt sich um ein aus Obsidian gefertigtes Messer. In Form einer Feder.«
Ich nickte. » Ich hab’s gesehen, bei dem Ritus.«
» Stimmt. Es befindet sich seit Hunderten von Jahren im Besitz unserer famille. Ich weiß nicht, wie Richard da drangekommen ist. Es wurde für unsere wichtigen Zirkel benutzt, für unsere Feiertage. Petra hat in jener Nacht die Nabelschnur von Cerises Baby damit durchgeschnitten.«
» Und das Band aus Wasser? Da erinnere ich mich an nichts.«
» In der alten Zauberformel wurde nie genau ausgeführt, was es damit auf sich hat, und
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