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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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nicht, dass er mich hasst.«
    » Hm. Du sitzt sozusagen zwischen Baum und Borke«, entgegnete Clio. » Sag ihm doch einfach, dass du eine kleine Pause brauchst, weil du in der Schule und mit deiner neuen Familie so unter Druck stehst. Später, wenn du all deine Begrenzungszauber und Barrieren aus dem Schlaf beherrschst, kannst du ihn ja noch mal kontaktieren.«
    Sie versuchte tatsächlich, mir zu helfen. Ich dachte darüber nach. » Das ist nicht schlecht. Wie lange, glaubst du, brauche ich für die Begrenzungszauber?«
    » Na ja … vielleicht zwei Jahre?« Clio machte ihr Es-tut-mir-leid-Gesicht. » Also, bis du wirklich fit bist und sie ohne nachzudenken heraufbeschwören kannst.«
    » Na toll.« Da wir gerade von Barrieren sprachen, fiel mir wieder ein, wie es überhaupt zu alldem gekommen war. » Oh mein Gott, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt … Gerade eben waren Kevin und ich im Botanika und da haben wir Axelle und Manon getroffen. Stell dir vor – Manon sieht wie ungefähr fünfzehn aus! Sie ist älter geworden!«
    Clio riss die Augen auf. » Wirklich? Und das hat man sehen können?«
    » Ja. Ich meine, sie ist größer, sie bekommt Brüste … Sie ist ein Teenager! Ist das nicht seltsam? Glaubst du, den anderen geht es genauso?«
    » Nun, dass Nan älter wirkt, steht schon mal fest«, antwortete Clio nachdenklich. » Und Richard … Zu Richard kann ich nichts sagen, weil ich ihn schon länger nicht mehr gesehen habe. Wen haben wir denn letztens sonst noch getroffen? Bei Luc kann man wegen seinem Gesicht nichts sagen.«
    Was ist mit Daedalus? Wie sah der denn aus?, hätte ich am liebsten gefragt. Es war schwer, so ruhig hier zu sitzen, obwohl ich wusste, dass sie dieses riesige Geheimnis vor mir hatte. Allerdings, so gab ich zu, hatte auch ich ein großes Geheimnis. Ich lernte zwar nicht bei jemandem, den sie hasste, bei jemandem, der unseren Vater umgebracht hatte, doch andererseits wusste ich, dass Clio nicht davon überzeugt war, dass wirklich er dahintersteckte. Es war schwer, ihr Vorwürfe zu machen, weil sie meiner Vision keinen Glauben schenkte. Widerstrebend erinnerte ich mich daran, dass auch ich ihrer Vision nicht geglaubt hatte. Also waren wir auf eine gewisse Art quitt. Ich seufzte und wusste nicht, was ich mit all meinen widerstreitenden Gefühlen anfangen sollte.
    » Stimmt«, sagte ich und versuchte mich zu erinnern, ob ich sonst noch jemanden zu Gesicht bekommen hatte. » Gott, also wenn Manon und Richard wirklich altern, dann wäre ihr Leben so viel einfacher. Aber … meinst du, sie werden immer älter … bis sie sterben?«
    » Ich weiß es nicht. Bei diesem dämlichen Ritus ist allerhand passiert, von dem wir keine Ahnung haben. Als hätte jeder irgendetwas anderes gezaubert, unterschiedliche Ereignisse heraufbeschworen.«
    » Herrje. Das ist alles so kompliziert.«
    Ein paar Minuten saßen wir einfach nur da und jede hing ihren Gedanken nach.
    Schließlich sah Clio zu mir auf. Ihre Augen waren grün und klar. Als ich ihr das erste Mal begegnet war, hatte mich unsere Ähnlichkeit so überwältigt, dass ich fast in Ohnmacht gefallen wäre. Doch wenn ich sie jetzt ansah, kam sie mir zwar vertraut vor, aber es war nicht mehr so, als würde ich mir selbst ins Gesicht sehen. Wir hatten so unterschiedliche Persönlichkeiten, dass sie mir nicht länger wie mein zweites » Ich« vorkam.
    » Die Sache ist die«, sagte sie langsam. » Ich bin nicht sicher, wem wir noch vertrauen können. Ich habe immer gedacht, ich könnte Nan vertrauen, aber in Wirklichkeit hat sie mich mein ganzes Leben lang belogen. Ich dachte, ich könnte Luc vertrauen. Haha. Und in gewissem Sinn dachte ich auch, ich könnte Richard vertrauen. Unseren Zirkeln. Jetzt vertraue ich niemandem mehr – außer mir selbst. Und dir.«
    » Du vertraust mir?«
    » Ja, das tue ich.« Sie verzog das Gesicht. » Ich weiß nicht mal, warum – ich kenne dich kaum. Aber wir sind Zwillinge, eineiige Zwillinge. Zwei Hälften eines Ganzen. Es kommt mir vor, als müsste ich dir vertrauen. Hör zu … Ich denke, wir sollten einen magischen Pakt schließen, bei dem wir schwören, die andere nicht zu hintergehen, komme, was wolle.«
    » Meinst du das ernst?«
    » Ja. Ich versichere dir, du kannst mir vertrauen, egal was passiert. Du kannst darauf vertrauen, dass ich nie etwas tun würde, das dich verletzen könnte.«
    Und was ist mit deiner Lernerei bei Daedalus?, hätte ich am liebsten geschrien. Doch nach ihrer Logik tat sie mir wohl

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