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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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nicht wirklich weh, da sie glaubte, dass ich Daedalus unrecht tat und er unseren Vater gar nicht getötet hatte. Mann, das alles hier machte mir Kopfschmerzen.
    » Ich will ganz sicher wissen, dass es auf der Welt eine Person gibt, der ich hundertprozentig vertrauen kann, und dass diese Person du bist«, fuhr sie fort. » Wollen wir uns das schwören? Wir könnten einen Zauber anwenden.«
    » Na super, weil wir letztens nicht durch einen Raum geschleudert wurden, oder was?«, fragte ich.
    Sie runzelte die Stirn. » Thais, das ist wichtig.«
    Ich durchdachte ihren Vorschlag gründlich. Noch vor sechs Monaten, in meinem alten Leben, hatte ich gedacht, dass ich jedem aus meiner Familie vertrauen konnte, jedem, mit dem ich verwandt war. Ich hätte den meisten Menschen getraut. Doch jetzt … es stimmte. Es gab niemanden, bei dem ich mir zu hundert Prozent sicher gewesen wäre. Konnte ich Clio wirklich vertrauen? Konnte sie mir wirklich vertrauen? Ja. Ich tat nichts, das ihr wehtun würde. Nur mir selbst.
    Ich nickte. » Okay. Wir werden einen Zauber anwenden. Und wir werden einander beim Grab unserer Mutter schwören, dass wir die andere nie hintergehen, egal, was kommt. Dass wir uns, was immer auch passiert, aufeinander verlassen können. Einverstanden?«
    Erleichtert stand Clio auf. Es rührte mich, dass ihr das so viel bedeutete. » Einverstanden. Lass uns das machen. Apropos … wo ist eigentlich das Grab unserer Mutter?«
    » Keine Ahnung.«

Kapitel 23
    Maman
    Bei der Göttin, was war sie erschöpft. Petra stellte ihre Tasche ab und strich sich mit der Hand über ihr silbernes Haar. Das Haus war leer, das hatte sie gefühlt, sobald sie durch das Eingangstor gekommen war. Thais war bei Kevin, um mit ihm Schluss zu machen. Wirklich traurig, eine unglückliche Fügung. Kevin war ein netter Junge. Und schließlich war es nicht Thais’ Schuld, dass sie mit der Gabe groß geworden war, ohne sie kontrollieren zu können.
    Es war Petras Schuld.
    Aber wenn sie die Zwillinge nicht getrennt hätte, wären sie jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach tot. Es war reines Glück, dass sie in den letzten beiden Monaten nicht umgebracht worden waren, zuerst von Richard und dann … ja, von wem? Das war immer noch unklar. Seltsamerweise war Petra nicht in der Lage gewesen, den Missetäter in der Treize ausfindig zu machen, aber im Moment schien es, als hätten die Angriffe aufgehört.
    Nun, es hatte keinen Sinn, dass sie sich Vorwürfe machte. Sie tat alles, was sie konnte.
    In der Küche setzte Petra Wasser auf. Was sollte sie zubereiten? Ihre Gelenke schmerzten, sie war zerstreut, unkonzentriert und hundemüde. Sie lachte trocken. Sie könnte ihr gesamtes Arzneibuch rauf- und runtertrinken und es würde nichts nützen.
    Sie wurde schwächer. Vielleicht ging es für sie abwärts, Richtung Tod. Der Tod. Nach so langer Zeit. Was für ein bizarrer Gedanke. Was würde mit den Zwillingen passieren, wenn sie gestorben war? Wieder einmal verfluchte Petra Daedalus dafür, dass er das alles ins Rollen gebracht hatte.
    Petra warf einen Blick auf das Licht draußen und sah, dass sie vielleicht noch eine Stunde hatte, bevor sie das Abendessen vorbereiten musste. Wo waren die Mädchen? Sie war nicht wirklich in Sorge; seit dem Ritus hatten sie mehr oder weniger ihre Ruhe gehabt. Aber … alles, was einst so solide gewesen war, fühlte sich jetzt schwach und wackelig an, als könnte es jeden Moment auseinanderfallen. Sie hatte Jahrhunderte gebraucht, um zu diesem Ort zu gelangen, wo sie sich ein gutes Leben hatte aufbauen können. Hier hatte sie Clio aufgezogen. Nach ihrer desaströsen Erfahrung als Mutter hatte es mehr als zweihundert Jahre gedauert, bis sie es erneut hatte tun wollen. Doch als sie Clémence hatte sterben sehen, gesehen hatte, wie diese zwei winzigen Babys ihre ersten Atemzüge taten, da hatte sie aus irgendeinem Grund gewusst: Dies waren die zwei Kinder, die sie retten würde. Irgendwie würde sie versuchten, den Fluch, der über Cerises Nachkommen lag, zu brechen.
    Clio war sechs Monate alt gewesen, als sich das Muttermal auf ihrer linken Wange abgezeichnet hatte. Cerises Mal. Petras Mutter hatte es schon gehabt, und davor ihre Großmutter. Ihre Familie war gebrandmarkt.
    Der Teekessel pfiff und ließ Petra mit einem Ruck wieder in die Gegenwart zurückkehren. Sie nahm einen Beutel schlichten Earl-Grey-Tees, legte ihn in die Tasse und goss kochendes Wasser darüber. Der Duft stieg in einem Band aus Rauch in die Luft: die Magie

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