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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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unglaublich gut aussehender Mann gewesen.
    Daedalus blieb sitzen, als sie sich herunterbeugte und ihm einen Luftkuss auf jede Wange gab. Als sie sich neben ihn setzte, nahm er einen Geruch von Gewürzen wahr, die er nicht benennen konnte.
    » Natürlich bist du hier.« Ihre Stimme war fremd und gleichzeitig erschreckend vertraut. Die Stimme, die einst mehr dunkle Magie befahl, als er je zuvor gesehen hatte. » Und nun sag mir alles.«

Kapitel 25
    Thais
    » Du bist sehr schnell sehr weit gekommen«, sagte Carmela, während ich wie betäubt dasaß, den Blick auf eine schwarze Kerze gerichtet, die ich nur einige Augenblicke zuvor zum Schweben gebracht hatte. Ganz allein. Wie gewöhnlich fühlte ich mich ausgelaugt und mir war übel.
    » Ich habe geübt«, erwiderte ich, wobei ich mich fragte, ob es meine Magie wohl negativ beeinflussen würde, wenn ich Reisetabletten nehmen würde. Außerdem fragte ich mich, ob meine Augen sich wohl irgendwie verändert hatten, sodass sie im Dunklen sehen konnten. Ich befand mich in demselben fensterlosen dunkelroten Raum, in den mich Carmela beim ersten Mal geführt hatte. Damals war es mir vorgekommen, als würde ich mich durch Nebel vorwärtstasten, ohne die eigene Hand vor Augen sehen zu können, ohne Carmela deutlich erkennen zu können.
    Jetzt, nachdem ich nur fünf Tage mit ihr gearbeitet hatte – oder welcher Tag war heute? Ohne den regelmäßigen Schulrhythmus war es schwer, den Überblick zu behalten. Jedenfalls fühlte ich mich jetzt wie eine Katze, die bei größter Dunkelheit sehen konnte. Diese Woche hatte ich jeden Tag mit Carmela gearbeitet, manchmal fünf, sechs Stunden am Stück, manchmal auch nur für ein oder zwei Stunden, je nachdem, für wie lange ich mich hatte wegschleichen können. In der vergangenen Woche hatte ich mehr gelernt als in den letzten zwei Monaten mit Petra und Clio.
    » Stammst du aus einem alten Hexengeschlecht?«, fragte Carmela, als sie die schwarze Kerze wieder in ihren Halter stellte.
    » Ja.«
    » Zünde die Kerze an.«
    Ich liebte das. Gestern hatte ich es zum ersten Mal gemacht, nachdem Carmela mir erklärt hatte, wie es funktionierte. Im Grunde genommen existierte alles die ganze Zeit um einen herum, wo immer man sich auch aufhielt. In gewissem Sinne konnte man sagen, dass jedes Element und jede Substanz » aus dem Nichts« auftauchte, denn es existierte bereits, war bereit, um verwendet zu werden. Magie war einfach nur ein Weg, etwas anzurufen, es eine gewisse Form oder Substanz annehmen zu lassen.
    Ich konzentrierte mich auf den Docht, der bereits schwarz verbrannt war. Ich schloss die Augen und stellte mir viele winzige Moleküle des Feuerelements vor, unendlich klein, die sich weit verstreut hatten und keine Form und keine Bindekraft aufwiesen. Ich begann mit einem Zauber, der die Teilchen um mich versammeln und dann zu dem Docht lenken sollte, um sich dann zu etwas Starkem zu verbinden, das Gestalt annahm und sich entzündete.
    Das Beste daran? Das Ganze dauerte nur ungefähr zwanzig Sekunden. Carmela hatte mich das gestern wieder und wieder machen lassen, bis es mir in Fleisch und Blut übergegangen war, als würde ich eine Feder aus der Luft fangen.
    Gerade rechtzeitig öffnete ich die Augen, um zu sehen, wie eine Träne aus Feuer um den Docht herumwirbelte und ihn anzündete. Weil ich mich so an die Dunkelheit gewöhnt hatte, schien die eine Kerze den Raum wie eine Bühne zu erleuchten.
    Carmelas leuchtende dunkle Augen ruhten auf mir.
    » Was?«, fragte ich.
    Sie schenkte mir die Andeutung eines seltsames Lächelns und schüttelte den Kopf, um den wie immer der Turban mit dem Afrika-Muster geschlungen war. » Mir gefallen unsere Unterrichtsstunden, Thais.« Sie klang verwirrt.
    » Oh. Stört dich … das, was ich vorhabe?«
    » Einem alten Mann seine Kräfte wegzunehmen? Nein.« Carmela lachte. Der Klang ihrer Stimme hallte von den bemalten Wänden wider. » Ich habe schon viel, viel Schlimmeres getan.« Sofort wurde ihr Gesicht ernst. Ich erschauerte.
    Ja, natürlich hast du das, dachte ich, als mir wieder einfiel, dass ich ja eigentlich Angst vor ihr hatte.
    » Nein, das ist es nicht. Nur … Du bist sehr stark, ungewöhnlich stark, und zwar auf eine Art, wie es mir schon lange nicht mehr untergekommen ist«, fuhr sie fort. » Das gefällt mir. Es fühlt sich so vertraut an. Du erinnerst mich an jemanden, den ich mal kannte.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. » Was meinst du, wann bin ich bereit dafür, ihm seine

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