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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Bourdain
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riecht es nicht danach. Nicht einmal ein Hauch von Fischgeruch, der sonst selbst bei den besten Fischgroßhändlern oder auf japanischen Fischmärkten anzutreffen ist, liegt in der Luft. Der Fisch ist absolut frisch. Fernando wischt den Boden um uns herum alle paar Minuten mit heißem Seifenwasser auf.
    Volle Kisten kommen herein, leere werden hinausgezogen, immer wieder, es ist fast ein organischer Prozess. Die Szene erinnert mich an die ersten Absätze von Zolas Der
Bauch von Paris, wo sich die Karren mit Lebensmitteln für den Markt bis hinauf aufs Land stauen.
    Jedes Stück Fisch, das Sie im Supermarkt oder bei Ihrem Fischhändler sehen, würde im Le Bernardin kritisch berochen und sofort weggeworfen werden.
    »Wenn der Fisch nach Fisch riecht, geht er zurück«, sagt Justo. Fisch von regionalen Lieferanten wird zurückgeschickt, wenn er für minderwertig befunden wird. Fisch vom exklusiven Großhändler in Maine wird einfach gewogen und weggeworfen, wenn er nicht den Qualitätsansprüchen genügt. Der Händler erstattet den Preis anstandslos.
    Justo setzt sein Kochmesser an der Goldmakrele an und löst mit zwei Schnitten die Filets aus. Zeitdauer? Sechzig Sekunden. Das Filet von der linken Seite wandert auf die eine, das von der rechten auf die andere Seite.
    Um Viertel nach acht hat Justo die tägliche Menge Heilbutt, Kabeljau und Goldmakrele vorbereitet.
    Dann kommt der Rochen an die Reihe; ein Fisch, den er nicht so gerne mag. Er schüttet eine große Tüte mit Rochenflügeln in den Ausguss, etwa 35 Pfund, und braust sie sofort mit kaltem Wasser ab. Rochen sind schleimige Fische, deren Fleisch schnell verdirbt und zahllose durchsichtige Knorpel aufweist, die, wenn man sie versehentlich drinlässt, schwere Verletzungen im Mund und in der Speiseröhre verursachen können. Stellen Sie sich ein Flugzeug mit dicken Flügeln vor. Oben in jedem Flügel befindet sich ein dickes Filet. Auf der Unterseite ein weiteres, etwas dünneres. An den Rändern der Flügel befinden sich kleine Knochen, und zwischen den oberen und unteren Filets liegen dünne, flexible, gefährlich durchsichtige Knorpel, die wie die Strebepfeiler
einer Kirche aussehen - und vermutlich ähnlich unangenehm sind, wenn man draufbeißt.
    Justo greift nach dem Kochmesser.
    »Ich schärfe selbst. Einmal die Woche.«
    Ich muss nachfragen: »Einmal die Woche?«
    Und das von jemandem, der so gewissenhaft ist wie Justo. Deutlich weniger penible Köche bearbeiten ihre Klingen täglich. Bei der Messerpflege - der Zustand der Messer ist untrennbar mit dem Selbstverständnis des Kochs verbunden - gilt: Je schärfer das Messer, desto besser.
    Nicht unbedingt, erklärt Justo.
    »Ich mag mittelscharf«, sagt er und deutet auf den Rochenflügel als extremes Beispiel für sein Prinzip. »Zu scharf? Man nimmt Teile des Knochens mit. Wenn es richtig geschärft ist, gleitet es über den Knochen.« Er packt mit der behandschuhten Hand einen großen Rochen und entfernt mit dem Kochmesser den dicksten Teil des Fleisches oben auf beiden Flügeln. Es sieht aus, als ob er wahllos und wild daran herumsäbeln würde. Bei einem Rochen nach dem anderen entfernt er schnell und brutal nur den dicksten Teil oben auf den Flügeln. Der Rest, die beiden ungenutzten Filets auf der Unterseite der Flügel, wandert direkt in den Müll - zusammen mit dem restlichen Rochen, das sind etwa siebzig bis achtzig Prozent des Gesamtgewichts: Haut, Fleisch und Knorpel.
    Da drängt sich die Frage nach City Harvest auf - eine Organisation, mit der Eric Ripert eng zusammenarbeitet und für die er aktiv Spenden sammelt. Warum nimmt City Harvest den Fisch nicht? Das ist kompliziert, erkenne ich. Einfach ausgedrückt - ich glaube, das gilt für alle Restaurants dieser
Kategorie - gibt es weder Personal noch einen geeigneten Ort und schon gar nicht genug Zeit, um jedes Stück Fisch von der Karkasse zu lösen. Selbst die gutherzigsten Restaurantbesitzer können sich das nicht leisten. Und auch City Harvest verfügt nicht über die Einrichtungen oder die Leute, um die komplizierteren Überreste der New Yorker Fischrestaurants zu transportieren, zu lagern, zu verarbeiten und zuzubereiten. Fische wie Rochen sind ohnehin so leicht verderblich, dass sie wahrscheinlich schon nicht mehr gut wären, wenn ein zweites Team das Messer ansetzen würde. Derzeit will man bei City Harvest nicht einmal die unglaublich hochwertigen Filets aus dem Le Bernardin, es sei denn, sie werden zuerst komplett gekocht. Das

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