Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
über ihr Lieblingsthema (sich selbst) und ignorierte dabei den einflussreichsten Koch der letzten zehn
Jahre, der nur ein paar Meter von ihr entfernt saß. Weil sie diese Chance verstreichen ließ, weil sie meinem Freund nicht den nötigen Respekt zollte, weil sie diesen großartigen Mann nicht als den Titanen behandelte, der er ist - allein deshalb -, soll sie auf ewig in der Hölle schmoren.
Jonathan Gold, der Gastrokritiker von LA Weekly, ist ein Held.
Da bin ich wohl kaum der Erste, der das feststellt. Er hat für seine engagierten und wegweisenden Artikel über Restaurants und Lokale im Großraum Los Angeles, über die vor ihm noch nie jemand berichtet hatte, den Pulitzerpreis gewonnen (als erster Restaurantkritiker überhaupt). Er schrieb über Familienbetriebe wie zum Beispiel kleine Nudelküchen in Einkaufszentren und zollte ihnen den nötigen Respekt. Thailändische, vietnamesische und günstige mexikanische Restaurants erhielten durch seine ernsthaften, kritischen Berichte endlich die Anerkennung, die ihnen gebührte, ebenso die Regionalküchen, die für die Restaurantkritiker bis dahin gar nicht existiert hatten. Er stellte sie auf eine Stufe mit den Edelrestaurants, schrieb darüber mit der gleichen - wenn nicht sogar größeren - Begeisterung und trug so zum Aufkommen eines (sehr nützlichen) Antisnobismus bei, einer Skepsis gegenüber der Spitzengastronomie, die langfristig betrachtet sehr gut und richtig war.
Und der Kerl kann schreiben. Und wie er schreiben kann. Gute, originelle Artikel zum Thema Essen sind leider immer noch rar - Gold steht da praktisch allein auf weiter Flur. Als Autor, als Kämpfer für das Gute, als jemand, der die Messlatte
für diejenigen, die es wagen, über Restaurants und Essen zu schreiben, hoch gelegt hat, und als Ratgeber für alle, die nach gutem Essen suchen, ist er ein Held. Mit seinen Artikeln trägt er dazu bei, die Essgewohnheiten der Menschen zu ändern. Auf einem Gebiet, wo das Mittelmaß dominiert, schafft er es, alles, was ihn interessiert, so zu beschreiben, dass es dich interessiert.
Da wir gerade schon in Los Angeles sind, nutze ich die Gelegenheit und setze Wolfgang Puck auf die Liste der Schurken. Puck kommt auf die Liste, weil er zu den größten, besten und wichtigsten Köchen der letzten Jahrzehnte zählt. Völlig egal, was man von der Pizza halten mag, die unter seinem Namen an Flughäfen verkauft wird. Vor langer Zeit leistete Puck tatsächlich revolutionäre, nachhaltige Arbeit und sicherte sich so seinen Platz unter den wirklich Großen. Er war maßgeblich an der Revolution der amerikanischen Restaurantküchen beteiligt. Er leistete einen wichtigen Beitrag dazu, wie die Öffentlichkeit einen Küchenchef wahrnimmt - und was ein Küchenchef überhaupt macht -, und bewirkte ein Umdenken, dass nicht mehr der Restaurantleiter, sondern der Küchenchef der Star ist. Die (vielen) Köche, die in Pucks Küche gelernt und gearbeitet haben, bilden eine beeindruckende Brigade. Er ist ein wichtiger Ast im Stammbaum der modernen amerikanischen Küche.
Mit Gott weiß wie vielen Restaurants und Merchandise-Produkten und allem anderen, was in Puck-Land so läuft, verdient Wolfgang wahrscheinlich richtig viel Geld. Er ist zweifellos ein ganz Großer. Vielleicht der dicke Fisch - in
einem Teich voll dicker Fische. Er ist ein mächtiger, einflussreicher und verdient anerkannter Koch, sein Name hat mit den höchsten Wiedererkennungswert in der Branche.
Daher war ich wirklich enttäuscht und fühlte mich … verraten, als er dem Druck der Foie-gras-Gegner nachgab und verkündete, die Stopfleber von allen Speisekarten in seinem weitverzweigten Imperium zu streichen.
Wenn sich andere Köche wehren, obwohl ihre Position nicht so gesichert ist, sie kein so dickes Kapitalpolster haben und weniger berühmt sind - und dafür sogar bedroht und ihre Familien terrorisiert werden -, warum hat sich Puck auf die andere Seite geschlagen? Von allen Starköchen im Land schien er am besten geeignet, den Mächten des Bösen ein »Ihr könnt mich mal!« entgegenzuschleudern und die Sache auszufechten.
Ein, wie ich annehme, reicher, mächtiger, einflussreicher Mann mit (davon kann man ausgehen) vielen mächtigen Freunden.
Ich glaube, er besah sich die Sache und kam zu dem Schluss, dass es einfacher sei, den Idioten nachzugeben. Damals nannte ich das Verrat. Aber ich habe erfahren, dass die Sache ein bisschen komplizierter war - und der Druck auf Puck stärker war und
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