Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
nicht nur von ein paar Protestlern an vorderster Front kam. Es heißt, er wurde von allen Seiten unter Druck gesetzt, innerhalb und außerhalb seines Imperiums. Seine Geschäftspartner und Verbündeten standen selbst unter Druck und gaben ihn an Puck weiter. Wolfgang ist nicht der alleinige Besitzer von Wolfgang Puck Worldwide Inc., und anscheinend machten ihm seine Teilhaber die Hölle heiß.
Vielleicht wäre daher Opfer und Schurke für ihn doch zutreffender. Ich bin nicht mehr so sauer wie früher. Aber immer noch zutiefst enttäuscht. Denn wenn nicht Puck - wer dann?
Jamie Oliver ist ein Held.
Bevor Sie sich jetzt an Ihren Gnocchi verschlucken und noch einmal schnell auf dem Buchumschlag nachschauen, ob Sie den richtigen Autor lesen, sollten Sie mir zuhören. Ich habe seine Kochsendungen auch gehasst. Und dieses ganze kumpelhafte Getue mit aufgesetztem Cockney-Akzent. Und seine Werbung für den Sainsbury’s-Supermarkt … und die Band … und seinen blöden Roller - den ganzen Scheiß, mit dem Jamie zum Star wurde.
Aber ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn ich »I Hate Anthony Bourdain« bei Google eingeben und über eine Million Treffer erhalten würde, denn das passiert Jamie, wenn er den Satz mit seinem Namen eingibt. Ich wüsste auch nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn ich eines Tages aufwachen und wie Jamie feststellen müsste, dass es eine Website namens FatTonguedCunt.com gibt, wo Hunderte, wenn nicht Tausende Leute einen Großteil ihrer Arbeitszeit (und wahrscheinlich ihre gesamte Freizeit) damit verbringen, über mich herzuziehen, Filmplakate mit Photoshop zu bearbeiten und Filmtitel zu verdrehen, bis etwas möglichst Doofes über mich herauskommt.
Ich würde mich wahrscheinlich nicht mehr aus dem Haus trauen, wenn ich so viel Hass und Verachtung erleben würde wie Jamie Oliver.
Allerdings habe ich eine ziemlich klare Vorstellung davon, was ich tun würde, wenn ich so viel Geld wie er hätte. Und es wäre definitiv etwas ganz anderes als das, was er damit macht.
Man kann sagen, was man will, aber Jamie Oliver lässt seinen Worten Taten folgen, ob das nun gut oder ratsam ist, sei dahingestellt. Die Ernsthaftigkeit, mit der er sich auf die Verbesserung des britischen Schulessens und darauf konzentriert, Kindern das Kochen - und die richtige Ernährung - beizubringen, kommt nicht sonderlich gut an und ist in Hinblick auf eine reine Gewinnmaximierung auch nicht unbedingt klug.
Aber Jamie geht uns trotzdem weiter auf die Nerven und erinnert uns daran, dass wir dick und ungesund sind. Das ist ihm wichtiger, als immer mehr Geld zu verdienen. Das muss man bewundern. Klar, er verdient trotzdem viel Geld - aber vor einem Kerl, der es schafft, die gesamte britische Regierung mit einer Sendung zu blamieren, in der gezeigt wird, was Schulkinder zu essen kriegen, muss man den Hut ziehen. Mit solchen Aktionen macht er sich irgendwann unbeliebt. Es bekommt der Karriere selten gut, wenn man ein Gewissen hat.
Wenn uns die Erfahrung etwas lehrt, dann, dass Fernsehzuschauer auf keinen Fall hören oder daran erinnert werden wollen, wie schlimm alles ist, wie ungesund wir leben oder dass wir dem Untergang geweiht sind - dass wir schnurstracks auf den Abgrund zusteuern und unsere Kinder hinter uns herzerren. (Es sei denn, man kann mit einer bombastischen Verschwörungstheorie aufwarten - und einem geeigneten Sündenbock.) Man schneidet sich ins eigene Fleisch,
wenn man unangenehme und beunruhigende Dinge verkündet - vor allem, wenn sie stimmen. Es ist viel besser fürs Geschäft, wenn man den Leuten immer wieder in beruhigendem Ton (oder, noch besser, laut und verärgert) mitteilt, dass alles in schönster Ordnung ist. Alles wird gut . Die Kinder können sich ruhig immer weiter den fetten Wanst mit Limo und Chips vollstopfen. Das ist schon okay. Kein Grund zur Sorge. Ihr seid super! Ihr seid unglaublich! Und hier ist ein schönes Rezept für Kartoffelpizza aus der Tiefkühltruhe!
Jamie Oliver ist ein Held, weil er den schweren Weg geht - obwohl er eigentlich längst die Hände in den Schoß legen könnte. Die meisten Köche, die ich kenne, würden sich, wenn sie so erfolgreich wären wie Jamie, irgendwo in einem Vier Jahreszeiten verschanzen und hinter geschlossenen Jalousien zusehen, wie sich vier nackte Transvestiten Kokain vom Körper des anderen reinziehen.
Brooke Johnson, die Chefin von Food Network, gehört zu den Schurken. Ein klarer Fall.
Aber sie ist bei den Bösen, weil sie
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