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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Curnyn
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ging. Meine Mutter war es gewöhnt, das Wochenende vom Labor Day mit ihrer Familie zu verbringen. Aber die Familienmitglieder waren nun erwachsen und gingen ihren eigenen Weg. Etwas, was Ma besser auch tun sollte.
    „Was hast du heute gemacht?“ fragte ich.
    „Oh, ich habe deinen Vater besucht“, antwortete sie. Sie meinte damit, dass sie an seinem Grab war, das vermutlich das am besten gepflegte auf dem ganzen St. John’s-Friedhof war, so oft wie sie hinging.
    „Ma, du brauchst ein Hobby“, sagte ich. Oder einen Mann. Obwohl mir die Vorstellung Angst machte. Ich konnte mir keinen anderen Mann für sie vorstellen, als meinen Vater. Doch mein Vater war tot und meine Mutter erst neunundfünfzig. Sie würde eine lange, lange Zeit alleine sein.
    „Ich brauche gar nichts“, versetzte sie. Und nachdem sie mein Mitgefühl erahnte, nutzte sie es auch gleich aus. „Wann kommst du zum Essen vorbei?“
    „Bald“, antwortete ich, weigerte mich aber, einen festen Termin auszumachen. Noch wollte ich es nicht riskieren, sie zu besuchen. Nicht mit Kirk. Nachdem sich alles plötzlich so … unsicher anfühlte.
    Und deswegen erzählte ich ihr von
Rise and Shine
. Ich weiß nicht, warum ich gerade jetzt beschloss, meiner Mutter diese Neuigkeit mitzuteilen. Womöglich wollte ich ihr einfach beweisen, dass mein Leben in geordneten Bahnen verlief. Dass ich mich als Schauspielerin nicht mehr länger abstrampeln musste, sondern eine Zukunft hatte.
    „O Angela.“ Sie war ganz begeistert. „Dein Vater wäre ja so stolz gewesen.“
    „Wäre er das?“
    „Aber wieso denn nicht?“ entgegnete sie. „Er wollte immer nur, dass du glücklich bist, Angela.“ Sie schwieg einen Moment. „Du bist doch glücklich, oder?“
    „Ja“, sagte ich. Und dann beendete ich das Gespräch schnell, weil ich mich nicht mit der Traurigkeit auseinandersetzen wollte, die mich in dem Moment befiel, in dem ich behauptete, glücklich zu sein. Ich sagte, dass ich früh ins Bett müsse, um am nächsten Tag in guter Form für meine hübsche, kleine Sendung zu sein, die mein hübsches kleines Leben so vollkommen machte.
    Als ich aufgelegt hatte, drückte ich sofort die Schnellwahltaste für Grace.
    „Hey“, sagte ich, als sie abnahm.
    „Hey, Angie, bleib mal kurz dran.“ Ich hörte, wie sie mit jemandem sprach – einem Mann –, dann fiel eine Tür ins Schloss.
    „Wer war das denn?“ fragte ich in der Hoffnung, dass es sich um Drew gehandelt hatte. Vielleicht hatten sie sich übers Wochenende versöhnt!
    „Das war Billy.“
    „Oh“, sagte ich ernüchtert. „Wenn du Besuch hast, will ich dich nicht stören …“ Ich war die Letzte, die Grace von großartigem Sex abhalten wollte.
    „Nein, wir können reden“, sagte sie. „Er war gerade dabei zu gehen, als du angerufen hast. Kannst du dir vorstellen, dass er sowohl Samstag- als auch Sonntagnacht hier verbracht hat? Diesmal ist er wenigstens etwas beständiger“, schloss sie mit einem Kichern.
    Beständiger? War es das, worauf Grace inzwischen ihre Hoffnung setzte? Sie hatte etwas gehabt, was für mich nach Liebe ausgesehen hatte, und jetzt genügte ihr Beständigkeit? Aber mir blieb keine Zeit, weiter über Grace nachzudenken, denn sie sprach schon über einen anderen Mann – über meinen.
    „Wie war das Wochenende bei Kirks Familie?“ fragte sie.
    „Schön“, antwortete ich schnell. Ich weiß nicht, warum ich log. Und auch noch meiner besten Freundin gegenüber. Vielleicht wollte ich Grace nur beweisen – oder mir selbst –, dass Monogamie funktionieren konnte. „Die Taufe war nett. Goldiges Kind.“ Lautes Kind, fügte ich in Gedanken hinzu, als mir Kimberlys regelmäßige Zornesausbrüche einfielen. „Wir haben über … vieles gesprochen. Es war … anregend.“ Gelinde ausgedrückt.
    „Na, das ist doch gut.“ Sie klang irgendwie überrascht. „Dann hast du jetzt ja ein großes Hindernis genommen. Denn man kennt den anderen erst dann richtig, wenn man seine Eltern getroffen hat.“
    „Was soll das denn heißen?“ fragte ich, entsetzt von der Vorstellung, dass Kirk nach unserer Hochzeit zu etwas mutieren könnte, das an seine Eltern erinnerte.
    „Huch, da ist aber jemand empfindlich. Bist du sicher, dass es dir gut geht?“
    „Ja, mir geht’s gut!“ rief ich.
    Aber es ging mir nicht gut, wie ich feststellte, als ich am nächsten Morgen aufstand und ins Sendestudio hetzte. Ich war kaum in der Lage, die Übungen zu machen, so schwer wogen meine Gedanken und mein Körper

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