Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
fieberhaft auf seine Uhr schaute, während ich mich ihm näherte.
Ich brachte es nicht einmal über mich, ihm einen Kuss zu geben, was ihm aber nicht aufzufallen schien. Er schnappte einfach meine Hand und zog mich die Straße entlang, bis mir einfiel, dass er ja gar keine Ahnung hatte, wo wir hin wollten. Also übernahm ich die Führung. Als wir vor Rudy’s Stahltür standen, spürte ich zum ersten Mal so etwas wie Erregung – oder war es Angst?
„Was ist
das
denn?“ fragte Kirk, als ich ihn durch die Tür in den dunklen Gang zog.
„Rudy’s“, antwortete ich.
„Sieht aus wie eine Opiumhöhle.“
Ich wünschte, es wäre eine gewesen. Ich hätte nämlich eine anständige Dosis Opium brauchen können, um die Wut, die durch meinen Körper schoss, zu unterdrücken.
Doch als wir die Tür zum eigentlichen Laden öffneten und ich Rudy sah – diesmal trug er eine schreiend blaue Hose und ein rosafarbenes Nadelstreifenhemd, das sogar noch mehr von seiner haarigen Brust und den Goldketten offenbarte –, ging es mir gleich besser.
„Hey, Rudy.“ Ich lächelte ihn an, als er von seiner Zeitung hochschaute. Zwischen seinen dicken, beringten Fingern qualmte eine Zigarette.
„Sweetheart, wie geht es dir?“ Ein Grinsen breitete sich über seinem fröhlichen Gesicht aus, er faltete die Zeitung zusammen, warf die Zigarette in den Aschenbecher und kam auf uns zu.
„Du bist heute sogar noch schöner“, fuhr er fort und nahm mich in seine kurzen Arme. Um ehrlich zu sein, ich genoss diese Umarmung – trotz Rasierwasser und so. Es war einfach schön, dass sich wenigstens irgendjemand freute, mich zu sehen. Ich warf Kirk, der uns ein wenig misstrauisch beäugte, einen Blick zu,.
„Ist das der Kerl?“ fragte Rudy. Er hielt noch immer meine Hand und zog mich nah an sich, als ob Kirk ihn nicht hören sollte.
„Ja. Das ist Rudy Michelangelo, und das hier ist Kirk Stevens.“ Ich winkte Kirk näher heran.
Kirk streckte seine Hand aus, die Rudy energisch schüttelte. „Michelangelo, ja? Ist das Ihr richtiger Name?“
Rudys Augen wurden größer, er ließ Kirks Hand los. „Ich heiße genau wie der Bildhauer.“ Er deutete auf diesen schändlichen David, der jetzt zusätzlich zu der Kette auch noch ein dickes Goldarmband trug.
„Kirk und ich wollen uns Ringe ansehen“, verkündete ich. Und da ich nicht länger das Bedürfnis hatte, zu verheimlichen, dass ich beim letzten Mal am liebsten schon eine Anzahlung geleistet hätte, fuhr ich fort: „Erinnerst du dich noch an den Ring, den ich mir angesehen habe? Mit dem Tiffanyschliff? Vier Stifte, zwei Stäbchen?“
„Sweetheart, das brauchst du
mir
doch nicht zu sagen. Rudy weiß doch, was du willst.“ Er tippte mit dem Finger gegen seine Schläfe. „Ich habe ein Gedächtnis wie ein Elefant.“
Er drehte sich um, nahm eine neue Zigarette und lief direkt zu dem Glaskasten, in dem der Ring lag.
Kirk schien es nicht zu stören, dass ich meine Wahl bereits ohne ihn getroffen hatte. Stattdessen fragte er mich, als wir Rudy folgten, flüsternd: „Wo zum Teufel hast du diesen Typen aufgetrieben?“
„Er ist der Cousin von Michelles Mutter“, wisperte ich zurück.
„Bist du sicher, dass er sauber ist?“
„Keine Angst, er ist total in Ordnung“, entgegnete ich ein wenig gereizt. Als ob er ein Mitglied
meiner
Familie beleidigt hätte.
Wir näherten uns dem Glaskasten. Rudy legte seine Zigarette in einen weiteren Aschenbecher, den er dort aufbewahrte, und griff zielsicher nach dem Ring, in den ich mich verliebt hatte.
Ich zog ihn über den Finger und streckte die Hand aus. Er war genauso schön, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
Kirk kam näher und studierte den Ring aus allen Richtungen. „Bist du sicher, dass das der Richtige ist?“
„Natürlich!“ Himmel, auf jeden Fall war ich mir wegen des Rings sicherer als mit dem Mann.
Er blickte Rudy an. „Haben Sie eine Lupe, damit ich mir ihn mal näher ansehen kann?“
„Natürlich, mein Junge, alles, was Sie wollen“, sagte Rudy mit einem Seitenblick auf mich. Er reichte Kirk die Lupe, nahm die Zigarette wieder in die Hand und begann zu paffen, während er Kirk beobachtete. Kirk beugte sich mit der Lupe vor den Augen über den Ring, als ihn eine Rauchwolke traf.
„Würde es Ihnen etwas ausmachen?“ Er fächelte mit der Hand durch die Luft. Ich hingegen musste feststellen, dass ich den Rauch genoss. Vermutlich hoffte ich, durchs Passivrauchen ruhiger zu werden.
„Hey, tut mir Leid, mein Junge.“
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