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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Curnyn
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holen.“ Ich bekam ein schlechtes Gewissen, als ich die Bestürzung in seinem schönen Gesicht sah. „Danke für den Tanz. Hat Spaß gemacht.“
    „Darf ich dich einladen?“
    „Nein, vielen Dank“, sagte ich schnell und eilte weg. Wenn allein drei Tänze schon bedeuteten, dass man zusammen nach Hause ging, wer weiß, was man sich dann mit einem Getränk einholte. Vermutlich eine Geschlechtskrankheit.
    Als ich zur Bar zurückkehrte, war Michelle in ein Gespräch mit einem anderen bildschönen Latino verwickelt. Gott, Grace hatte Recht gehabt. In diesem Club wimmelte es nur so von gut aussehenden Männern. Und es gab mir ein ungutes Gefühl, wie dieser hier Michelle anschaute. Hallo? Hatte er vielleicht den Zweikaräter an ihrer linken Hand übersehen?
    „Hey, Angie. Das ist José“, sagte Michelle, als José meine Hand küsste. Michelle strahlte ihn an. „Ist das nicht süß? José ist ein Nachfahre spanischer Eroberer“, verkündete sie stolz.
    Ich fragte mich, ob Michelle überhaupt wusste, was das bedeutete. Nein, sie konnte keine Ahnung haben, nachdem die spanischen Eroberer niemals einen Laden in Brooklyn aufgemacht hatten, was das Einzige war, womit Michelle sich auskannte. Doch vermutlich spekulierte der gute alte José genau darauf. Ich sah, wie sein Blick zum dritten Mal in den dreißig Sekunden, in denen ich bei ihnen stand, über ihre Brüste wanderte.
    „Wo ist Claudia?“ fragte ich. Ich wunderte mich, wie Michelle es hingekriegt hatte, die Eisprinzessin loszuwerden, um sich mit ihrem Mr. Hot and Spicy zu amüsieren.
    „Da drüben.“ Sie deutete auf die Sitzecke. „Hier ist deine Tasche.“ Sie drückte sie mir in die Hand, als wollte sie sagen: „Und jetzt verschwinde.“
    Was war nur in sie gefahren? Sie war verheiratet, Herrgottnochmal. Und ziemlich glücklich, all den Fotos von ihr und Frankie nach zu urteilen, mit denen sie ihr Büro zugestellt hatte.
    Ich blickte zur Theke, weil ich dachte, ein großer Schluck von meinem Bacardi O würde mir helfen, dieses ungewohnte Verhalten von Michelle besser zu schlucken. „Und wo ist mein Getränk?“ fragte ich, als ich sah, dass mein Glas verschwunden war.
    „Huch. Ich glaube, das hier ist deins“, sagte sie, trank noch einen Schluck und reichte mir dann das halb leere Glas. „Tut mir Leid!“ Ihr Lächeln wirkte kein bisschen entschuldigend. Dann wandte sie mir schnell wieder den Rücken zu und konzentrierte sich auf José.
    Da ich mir recht blöd vorkam, daneben zu stehen, während Michelle flirtete wie eine Frau, die man eben erst aus dem Käfig gelassen hatte, steuerte ich auf das Sofa zu, auf dem Claudia saß, majestätisch an ihrem Getränk nippte und ein wenig verächtlich um sich blickte.
    „Hi.“ Ich setzte mich ihr gegenüber auf einen Stuhl.
    Sie lächelte tatsächlich, als ob sie sich freute, mich zu sehen. Doch wahrscheinlich war sie nur froh, nicht länger alleine zu sein. Und schon wurde ihr Gesichtsausdruck wieder kühl. Sie griff nach ihrer schicken, schwarzen Tasche und nahm eine Packung Zigaretten heraus.
    „Die werden dich irgendwann töten, weißt du?“ sagte ich im Spaß, weil ich irgendwie Konversation machen wollte.
    Da war wieder dieses Lächeln, diesmal herablassend.
    „Kann ich eine von dir schnorren?“ fragte ich ein wenig reumütig. „Ich meine, ich möchte nicht, dass du ganz alleine sieben Minuten deines Lebens wegschmeißt.“
    Sie beugte sich nach vorne, hielt mir die Packung hin, und ich nahm die dünnste Zigarette heraus, die ich je gesehen hatte.
    „Was sind das für welche?“ Ich musterte den pinkfarbenen Filter.
    „Capris“, antwortete sie unbewegt und steckte die Packung wieder in ihre Tasche. „Die sind viel leichter als normale Zigaretten. Und man muss nicht so fest ziehen. Das ist gut fürs Gesicht“, fügte sie hinzu, lehnte sich wieder zurück und deutete auf die Gegend um ihren Mund, die tatsächlich ziemlich glatt aussah für eine Frau, die laut Grace seit mehreren Jahrzehnten mindestens eine Schachtel pro Tag rauchte. Aber das lag vielleicht auch am Botox …
    Ich nahm eine Streichholzschachtel vom Tisch und zündete die Zigarette an. „Dann sind wir wenigstens schöne Leichen.“
    Das brachte mir ein weiteres unechtes Lächeln ein, gefolgt von einem gezwungenen Kichern. Jedenfalls konnte man es nicht Lachen nennen. Es klang mehr nach Husten.
    Doch in der Sekunde, in der ich Claudia als ein unmenschliches, gefühlloses Etwas abstempeln wollte, entdeckte ich plötzlich einen

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