Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
beinahe auf. Mit Grace und ihrer neuen Wildheit konnte ich ja umgehen, aber nicht mit zwei allein stehenden Frauen auf der Suche. Ich hatte das Gefühl, dass mich jemand beschützen musste … oder so was Ähnliches. „Kann ich jemanden mitbringen?“
„Wen denn?“
„Michelle?“ Ich wusste selbst nicht, warum ich ausgerechnet sie vorschlug. Michelle und ich waren seit der Zeit, als wir mit den Salerno-Cousins gingen, nicht mehr zusammen um die Häuser gezogen. Davon abgesehen war ich nicht sicher, ob ich die Königin der verheirateten Ehefrauen überhaupt dazu überreden konnte, einen Frauenabend in Manhattan zu verbringen. Doch ich war verzweifelt. Wenn Grace mit Claudia kam, dann brauchte ich Unterstützung.
Nun stöhnte Grace. „Mein Gott, Angie. Wieso ausgerechnet sie? Ich finde sie schon ein bisschen … merkwürdig.“
Grace hatte einmal das Pech gehabt, mit Michelle und mir einen Abend zu verbringen, als Michelle noch immer unter ihrer Trennung von Eddie litt. Grace war übers Wochenende aus Long Island nach Brooklyn gekommen, mit ihrem niegelnagelneuen Freund. Und Michelle hatte sich sofort auf ihn gestürzt. Aber das war damals gewesen, in der Highschool …
„Sie hat sich verändert“, behauptete ich. „Sie ist jetzt, seit sie verheiratet ist … gefestigter. Ich bin in letzter Zeit öfter mit ihr unterwegs gewesen.“ Ich dachte dabei an den Abend, an dem wir zusammen getrunken, geraucht und Pläne geschmiedet hatten, wie ich mir meinen Mann angeln konnte. Und dann hatten wir ja auch noch gemeinsam einen Ring ausgesucht.
„Okay, aber behaupte hinterher nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte.“
Zu meiner eigenen Überraschung stürzte sich Michelle geradezu auf meine dann doch eher halbherzige Einladung.
„Das ist ja wie in den guten alten Zeiten!“ sagte sie.
Nun sind wir also wieder Freundinnen, dachte ich, als wir am Freitagabend vor der
Spectrum Lounge
in der Mercer Street auf Grace und Claudia warteten. Ihr glänzendes schwarzes Kleid klebte so an ihren Rundungen, dass es erschreckend nach Elasthan aussah. Michelle schien sich von den Achtzigern noch nicht erholt zu haben. Das überraschte mich ein wenig, denn bei der Arbeit sah sie ganz normal aus. Vermutlich war sie einfach schon lange nicht mehr ausgegangen. Und ihr Haar! Benutzten die Brooklyn-Schönheiten etwa immer noch
Aqua Net
als Haarspray? Ich fürchtete, dass sie mit dieser Frisur nicht durch die Tür kommen würde. Oder an dem Seil vorbei, neben dem ein großer schwarz gekleideter Türsteher stand, der ziemlich vernünftige Entscheidungen darüber zu treffen schien, wen er durch die dunkle Glastür ließ und wen nicht.
Allerdings sahen meine Haare auch nicht besser aus. Diese widerliche Hitze machte alle meine Anstrengungen, sie der aktuellen Mode entsprechend glatt zu fönen, zunichte. Gott sei Dank hatte ich das Tanktop von Calvin Klein, das ich zu einem schmalen schwarzen Rock und Riemchensandalen trug. So sahen wenigstens meine Brüste toll aus.
Doch der Ausdruck toll hätte niemals den Anblick von Grace beschreiben können, als sie kurz darauf mit Claudia aus dem Taxi stieg. Ihr kurzes blondes Haar hatte diesen verwuschelten „Gerade-aufgestanden“-Look (was nicht unwahrscheinlich war, nachdem Bad Billy wieder auf der Bildfläche erschienen war), und ihre Beine schienen in dem schmalen silbergrauen Kleid, das ihre grauen Augen strahlen ließ, sechs Meilen lang zu sein. Himmel,
die ganze Grace
strahlte, vor allem neben Claudia, die sich von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt hatte. Mit ihrem langen, glatten Haar und den stark geschminkten dunklen Augen sah sie beinahe aus, wie ein Gothic-Punk, der aus Versehen bei
Saks
eingekauft hatte. Wenn da nicht ihre recht aristokratischen Gesichtszüge gewesen wären und die Diamanten, die an ihren Ohren und um ihren Hals funkelten.
„Hallo Angie“, rief Grace und umarmte mich. „Hi Michelle, lange nicht gesehen“, fügte sie hinzu und umarmte sie ebenfalls, denn egal, was sie von Michelle hielt, sie würde niemals zu einer ehemaligen Nachbarin aus Brooklyn unhöflich sein.
Ich versuchte, ihrem Beispiel zu folgen, und beugte mich vor, um Claudia zu umarmen, aber die hob eine hübsch manikürte Hand und wedelte damit vor meinem Gesicht herum. „Hallo Angela. Du siehst ja süß aus.“
Süß? Plötzlich fühlte ich mich wie eine Zwölfjährige. Umso mehr, als ich mich mit Michelle hinter Grace und Claudia versteckte, während Grace den Türsteher umgarnte. Sie
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