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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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bürokratisch sein konnte.
    Als besonderes Problem stellte sich dann heraus, dass Zeitungen und Anzeigenblätter aus der Besatzungszeit und dem Zweiten Weltkrieg in einem gesonderten Magazinkeller untergebracht waren. Als historische Originalquellen, mussten sie besonders geschützt werden.
    Schließlich aber hatten sie es geschafft. Ein Mitarbeiter holte ihnen einen dicken Band aus einer der endlosen Regalreihen und legte ihn auf einen Lesetisch.
    „Da müsste alles drin sein, was ihr sucht“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln zu Yuna, auf das Julien ein wenig eifersüchtig reagierte. Er war jedenfalls gleich viel entspannter, als der junge Mann sie eine Weile alleine ließ.
    Mit nervös flatternden Fingern begann Yuna die Zeitungen durchzublättern, bis sie zum Juli 1943 kam.
    Sie zögerte. Was würde sich ihnen auf den nächsten spröden Seiten enthüllen?
    Auch Julien hatte nun eine neugierige Unruhe befallen, aber als sie endlich den 6. Juli aufschlugen, waren sie enttäuscht. Nichts. Keine Meldung von irgendeinem Unglück in Le Ro und seiner näheren Umgebung. Absolute Fehlanzeige.
    Aber dann, einen Tag später, stießen sie auf ein schlechtes Schwarz-weiß-Foto und blickten sich betroffen an.
    Keine ihrer Theorien hatte gestimmt. Und sie hatten nicht im Mindesten die Dimension dessen erahnt, was sich tatsächlich ereignet hatte.
    Entsetzt starrte Yuna auf das vergilbte Foto, das den Strand von Le Ro zeigte. Unzählige Tote lagen dort eng nebeneinander, schnurgerade aufgereiht, bewacht von deutschen Wehrmachtssoldaten.
    Plötzlich verstand sie die schweigende Zurückhaltung der Dorfleute, denn was sich an diesem 6.Juli 1943 ereignet hatte, war nicht nur ein Unglück sondern eine Katastrophe.

    Es dauerte eine Weile, bis sie wieder sprechen konnten.
    „Wie furchtbar“, flüsterte Yuna schockiert. „Was ist da nur passiert? So viele Tote?“
    Auch Julien rang um Fassung.
    „Hier“, sagte er mit ebenfalls gedämpfter Stimme, „hier ist ein Artikel vom 7.Juli.“
    Er begann stockend vorzulesen.
    Mit der Mittagsflut des 6.Juli, wurden zahlreiche Leichen an den Strand von Le Ro angespült. Aufgrund der Papiere, die einige der Toten bei sich hatten, wird angenommen, dass es sich um Passagiere eines holländischen oder flämischen Schiffes handelte, das in der stürmischen Nacht irrtümlich vor der Bucht auf die Klippen geriet und dort zerschellte.
    Da eine Identifizierung nur in wenigen Fällen möglich war und um den Ausbruch einer Seuche zu verhindern, wurden die sterblichen Überreste der Ertrunkenen noch am Abend des 6. Juli auf Anordnung der Kommandantur in einem Massengrab beigesetzt.
    Unser Bild zeigt Soldaten der deutschen Wehrmacht bei der Identifizierung der angeschwemmten Leichen am Oststrand von Le Ro.

    Julien schwieg. Seine Betroffenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben und auch Yuna musste schlucken, weil sie plötzlich einen unangenehm pelzigen Geschmack auf der Zunge verspürte. Mit einer Katastrophe eines solchen Ausmaßes hatte keiner von ihnen rechnen können.
    Fassungslos starrten alle beide auf das unscharfe Foto.
    „Und es hat wirklich niemand überlebt?“, fragte Yuna mit zittriger Stimme.
    Julien schüttelte den Kopf und wirkte dabei wie betäubt.
    „Es sieht nicht so aus.“
    Er blätterte ein paar Tage weiter, aber außer dem einen Artikel am 7. Juli gab es keine weiteren Berichte.
    „Ich kann mir vorstellen“, sagte er nachdenklich, „dass die deutschen Besatzer nach diesem ersten Artikel eine Nachrichtensperre verhängt haben, dass deswegen keine weiteren Informationen zu finden sind.“
    Vermutlich hatte er Recht, denn obwohl sie noch eine Weile weiter blätterten, wurde die Schiffskatastrophe mit keinem Wort mehr erwähnt.
    Inzwischen war der junge Mann zurückgekehrt, der sie in das Archiv hereingelassen hatte.
    Er freute sich, als sie ihm sagten, dass sie gefunden hätten, wonach sie gesucht hatten. Und als sie ihn fragten, ob sie eine Fotokopie des Artikels machen dürften, half er ihnen sofort dabei.
    „Ach“, sagte er, als er sah, worum es in dem Artikel ging. „Das war eine wirklich tragische Geschichte. Ich hatte am Rande einer Studienarbeit damit zu tun. Es gab viele Gerüchte um dieses Unglück. Auch Leute aus der Résistance sollen ihre Hände im Spiel gehabt haben.“
    Irgendwie hatte Julien es plötzlich sehr eilig, das Magazin zu verlassen. War er tatsächlich ein bisschen eifersüchtig, oder gefiel ihm der Gesprächsverlauf nicht. Sein Großvater

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