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Ein Buch für Hanna

Ein Buch für Hanna

Titel: Ein Buch für Hanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Pressler
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Schmuck mehr tragen. Wo sie die Sachen versteckt haben, weiß ich allerdings nicht, denn damals waren wir schon in Ahrensdorf und haben sie nur ab und zu besucht. Und nach jedem Besuch sind wir gern wieder zurückgefahren. Wir haben nie darüber gesprochen, Joschka und ich, aber ich bin sicher, dass er genauso froh war wie ich, dieser ewigen Zankerei entkommen zu sein. Und natürlich auch darüber, dass unser Vater sich wenigstens in der Sache mit der Hachschara durchgesetzt hatte, unsere Mutter war, wie konnte es anders sein, dagegen gewesen.
    Sie behandelt unseren Vater, als wäre er persönlich schuld an der Misere der Juden im Allgemeinen und an unserer im Besonderen. Dabei war sie es doch, die sich einer rechtzeitigen Auswanderung widersetzt hat. Oft genug haben wir gehört, wie unser Vater sagte: Ich wollte ja gleich dreiunddreißig weg, nach Palästina, aber du warst dagegen, du hast unbedingt hierbleiben wollen. Dir war das schöne Haus wichtiger als alles andere, das Dienstmädchen, die eleganten Kleider, das Abonnement für die Oper, was weiß ich noch alles. Um Gottes willen, Palästina, hast du gesagt. Damals hätte ich noch was fürs Geschäft bekommen, aber jetzt ist es zu spät, jetzt geht nichts mehr. Darauf antwortete meine Mutter immer: Wir sind schon so oft weggelaufen, dazu das Klima, ich bin Europäerin. Wenn es wenigstens Amerika gewesen wäre … Und außerdem: Wer braucht in so einem heißen Land schon einen Kürschner? Aber ihre Einwände waren von Mal zu Mal schwächer geworden.
    Unserem Vater war es jedenfalls recht, dass wir zu den Zionisten gingen, erst Joschka, dann ich. Mein Bruder war zuvor schon im Sportverein Bar Kochba gewesen, er ist ein sportlicher Typ, er reitet und schwimmt und spielt Tennis, er tut eigentlich alles, wobei er gut aussieht. Da ist er wie meine Mutter, die will auch immer Eindruck machen.
    Ob sie jetzt noch die große Dame spielt und zumindest nach außen hin ihre Contenance wahrt, wie sie es nennt? Seltsam, früher war ich oft wütend auf sie und habe mir manchmal sogar gewünscht, sie würde krank werden und sterben. Und jetzt? Jetzt tut sie mir so leid. Es ist, als hätte mich jeder Kilometer, den ich mich von ihr entfernte, näher zu ihr gebracht, als wäre mit jedem Tag, der verging, mein Zorn schwächer geworden und mein Verständnis gewachsen. Sie wollte doch auch nur ein bisschen Glück und mein Vater ist wohl wirklich nicht der treueste Ehemann. Jedenfalls ist er nicht unschuldig an ihrer Enttäuschung. Wenn ich jetzt an meine Mutter denke, fällt es mir schwer, mich an die Gründe für unsere Streitigkeiten zu erinnern, mein Zorn ist verschwunden, geblieben ist nur Mitleid. Ich würde ihr so gerne sagen, dass unsere Zankereien nicht wichtig sind, nie wichtig waren, nur die üblichen Auseinandersetzungen zwischen Müttern und Töchtern, glaub mir, in Zukunft wird alles anders.
    Wer hört ihr jetzt noch zu, wenn sie sich beklagt, dass mein Vater anderen Frauen schöne Augen macht? Vielleicht hat er ja auch damit aufgehört, sie sind allein, sie sind aufeinander angewiesen.
    Wir sind alle allein, auch ich und Joschka.
    Um Joschka mache ich mir allerdings keine großen Sorgen, er wird es schon schaffen, nach Palästina zu kommen. Wahrscheinlich eher als ich, er schafft immer alles. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass er richtig arbeitet, mein schöner Bruder. Mit den Händen, meine ich. Er ist sehr einfallsreich, wenn es darum geht, körperlicher Arbeit auszuweichen. Dafür kann er hervorragend organisieren, er genießt es nicht nur, anderen zu sagen, was sie machen sollen, sondern zugleich auch, wie es gemacht werden muss. Delegieren nennt er das. Er ist nicht umsonst Madrich geworden. Nun ja, auch in Palästina wird man Leute brauchen, die organisieren können. Um ein neues Land aufzubauen, eine jüdische Nation, sind nicht nur Menschen nötig, die zupacken, sondern auch andere, die sagen, was getan werden muss. Zu denen wird Joschka gehören. Und falls es wirklich mal den jüdischen Staat gibt, von dem wir alle träumen, wird mein Bruder vermutlich Minister.
    Ich hingegen werde zu denen gehören, die die Felder bestellen und sich um das Vieh kümmern. Ich bin nämlich ganz anders als er. Ich arbeite gern im Freien, zusammen mit anderen, ich genieße es, wenn ich abends müde und erschöpft ins Bett falle. Dann träume ich vom Säen und Ernten, von Kühen und Hühnern, von Orangen und Granatäpfeln.
    Hoffentlich bleibt es nicht nur ein Traum. Was

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