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Ein Clochard mit schlechten Karten

Ein Clochard mit schlechten Karten

Titel: Ein Clochard mit schlechten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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wichtigsten Klauseln: Vergessen. Erinnern Sie sich wirklich
nicht mehr an mich? Burma. Nestor Burma, Privatflic und Brautwerber. Ich war Ihr Trauzeuge. Allerdings mehr der Ihres Mannes. Reine
Formalität. Ganz zwanglos. Ist schon ‘ne Ewigkeit her, zehn oder zwölf Jahre,
hm? Damals war ich sozusagen professioneller Trauzeuge. Ständig lief ich auf
Standesämtern rum. Keine zwei Wochen vergingen, daß ich nicht einen ledigen
Clochard anschleppte, den ich an den Quais aufgelesen hatte, aufgelesen und
ausgesucht, ausgesucht für ‘ne Eintage -Ehe, und dann
hab ich aufgepaßt, daß er sein schnellverdientes Geld in aller Ruhe versoff
oder versuchte, sich damit aus der Scheiße zu ziehen, aber nur eins, das durfte
er nicht: an den Weihnachtsmann glauben und die frischvermählte Ausländerin
belästigen, der er seinen Namen verkauft hatte, zusammen mit der französischen
Staatsangehörigkeit, durch eine Scheinheirat...“ Ich holte Luft.
    „Sie sehen, Wanda, ich weiß,
wovon ich rede. Irrtum ausgeschlossen.“
    „Schweigen Sie!“ flehte sie
mich an. „Um Himmels willen! Schweigen Sie.“
    Inkonsequenterweise — denn ich konnte ja nicht
gleichzeitig schweigen und auf ihre Frage antworten! — fragte sie:
    „Sie haben mich also
wiedergefunden?“
    „Ja. Demessy anscheinend auch?“
    „Ja.“
    „Bei der Hellseherin?“
    „Ja. Lassen Sie mich los.“
    Sie befreite sich aus meinem
Polizeidrehgriff.
    „Dann wissen Sie ja bestens
über Ihre Zukunft Bescheid...“
    Ich zeigte auf den Ehering.
    „Verheiratet? Ich meine: Madame Laurédant ?“
    „Ja.“
    „Bigamistin also. Na ja, jetzt
nicht mehr. Seit ein paar Tagen zum Teil verwitwet.“
    Sie fuhr hoch.
    „Ich habe ihn nicht getötet!“
    „Von wem sprechen Sie?“
    „Von Demessy .“
    „Dann wissen Sie also, daß er
umgebracht wurde?“
    „Ja. In dem dreckigen
Araberloch. Er hatte mich dorthin bestellt...“
    Sie sah mir direkt ins Gesicht.
    „Er ist tot, und der Teufel
soll mich holen, wenn ich ihn beweine! Es stand geschrieben, daß das sein
letzter Tag sein sollte. Ich bin mit der Absicht hingegangen, ihn zu töten.
Aber irgend jemand ist mir
zuvorgekommen.“
    „In der Tat! Und womit wollten
Sie ihn umlegen?“
    Dumme Frage. Wanda antwortete
trotzdem:
    „Mit einem Revolver.“
    „Nicht grade die feine Art. Wie
sie mir eins verpaßt haben...“
    Ich strich mir über den
Hinterkopf.
    „Ich spür’s immer noch.“
    „Ach, Sie waren das?“
    „Ja.“
    Ihr Mund verzog sich zu einer
verächtlichen Grimasse:
    „Sie wußten Bescheid. Demessy hat Sie dorthin bestellt, um... Er war noch
gemeiner, als ich dachte... Er... Was wollen Sie von mir? Was wollen Sie? Geld?
Wie Demessy ? Wollen Sie mich auch erpressen, hm?“
    „Warum eigentlich nicht? Demessy lebte mit einer Frau zusammen, in wilder Ehe. Er wollte nämlich nicht in Bigamie leben. Und diese Frau... ein nettes, liebes
Mädchen, kann mit Ihnen natürlich nicht konkurrieren in puncto Eleganz
und Aussehen und so... Diese Frau jedenfalls erwartet ein Kind, und Demessy kann nicht mehr für sie sorgen. Er hat Sie erpreßt,
gut. Vielleicht trete ich jetzt an seine Stelle...“
    „Geld!“ fauchte sie. „Lassen
Sie sich bloß nicht einfallen, was anderes zu verlangen! Sonst werd ich Sie umbringen... genauso, wie ich ihn umbringen
wollte!“ Der Akzent war nicht mehr zu überhören.
    „Beruhigen Sie sich“, sagte
ich. „Hab schon genug Ärger.“ Sie sah mich erstaunt an.
    „Ich hab nicht grade mordsmäßig
viel Erfolg bei Frauen“, erklärte ich achselzuckend. „Ich meine, was die
Bestätigung meiner Verdächtigungen betrifft. Sie sind schon die zweite, die ich
verdächtigt habe. So langsam muß ich auch mal an Männer denken. Vielleicht hab
ich damit mehr Glück. Mit anderen Worten, ich dachte, ich hätte die Lösung.
Aber mir scheint, das Durcheinander wird immer undurchsichtiger Ich zog einen
Stuhl ran und setzte mich vor die junge Frau. Schamhaft zog sie den Kleidersaum
über ihre hübschen Knie. Als sie sich in den Sessel geworfen hatte, war er ihr
unanständig hochgerutscht. Aber den Anblick kannte ich ja schon. Beim Einsteigen
in den Wagen und beim Aussteigen war sie nicht so prüde gewesen...
    „Hören Sie, Wanda...“ sagte ich
und nahm ihre Hand. „Großer Gott!“ flüsterte sie. Ihr blauer Blick schimmerte
plötzlich hoffnungsvoll. „Sollten Sie...“
    „Was?“
    „Sie glauben mir!“ rief sie.
    „Ich werd so tun als ob. Mal sehen, was dabei rauskommt.“
    „Sie müssen mir

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