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Ein Cowboy für Bille und Zottel

Ein Cowboy für Bille und Zottel

Titel: Ein Cowboy für Bille und Zottel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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nicht. Im ersten Moment nicht. Aber dann war er sehr nett, und — aber trotzdem.“
    „Was trotzdem?“
    „Er ist so — so besitzergreifend. Ach, ich kann das auch nicht erklären.“
    „Eifersüchtig?“
    „Wieso?“
    „Daß du jetzt bei Tiedjen nicht mehr die erste Geige spielst — höchstens noch die zweite.“
    Bille wollte wütend auffahren, fing sich aber gleich wieder. Hatte Karlchen nicht recht? Das einzige, was sie gegen Tom Vorbringen konnte, war doch, daß er jetzt ihren Platz einnahm. Aber konnte sie ihm das übelnehmen? Dafür konnte Tom schließlich nichts. Wenn er von Anfang an in Wedenbruck geblieben wäre, dann wären sie vielleicht schon seit ihrer Kindheit befreundet — so wie sie es mit Karlchen war. Dann würde Tom auch nicht mit diesem komischen Akzent sprechen, und das Groß-Willmsdorfer Gutshaus wäre ein Haus mit einer normalen Familie, in dem immer etwas los war.
    „Warum sagst du nichts? Bist du sauer?“
    „Ach wo, ich habe nur eben über etwas nachgedacht.“ Bille lächelte. „Und wenn du’s genau wissen willst — es ist mir egal, wer die erste Geige spielt — solange die Geige so nett ist und so gut aussieht.“
    Karlchen pfiff durch die Zähne. Bille wurde rot.
    „Da gibt’s überhaupt nichts zu pfeifen! Du bist auf dem falschen Dampfer, wenn du meinst, daß ich... es ist nur so, daß er sich solche Mühe gibt, nett und hilfsbereit zu sein, und sich den anderen anzupassen, daß man ihn einfach gernhaben muß!“
    „Also kurz und gut, du weißt selber noch nicht, was du über ihn denkst. Ich muß jetzt gehen. Hab heute genug Krach zu Hause gehabt, einer reicht mir. Und wenn ich in Zukunft nicht pünktlich an meinem Tisch sitze, dann... ach, ein Leben ist das! Zum Mäuse melken!“
    Mutsch hatte die ganze Zeit schweigend am Herd gestanden und in einem Topf gerührt.
    „Na, ich bin ja gespannt“, sagte sie jetzt, nachdem Karlchen sich verabschiedet hatte. „Aber ich freu mich, daß du dir Mühe gibst, gut mit ihm auszukommen. Es muß schlimm sein für so einen Jungen, in ein fremdes Land zu kommen, wo er niemanden kennt.“
    „Er macht nicht den Eindruck, als ob er es schlimm fände. Im Gegenteil.“
    „Das kann täuschen. Vielleicht gibt er sich gerade deshalb so viel Mühe, weil er Freunde braucht — Freunde sucht, und weil er sich vor dem Zusammenleben mit seinem Vater fürchtet.“
    „Vor dem Zusammenleben mit Herrn Tiedjen? Das glaubst du doch nicht im Ernst!“
    „Überleg doch mal!“ Mutsch nahm den Topf vom Herd und setzte sich zu Bille an den Tisch. „Tom ist wahrscheinlich ganz anders erzogen worden, als es Herr Tiedjen getan hätte. Viel freier, nehme ich an. Bis jetzt haben sie sich nur kurz bei Besuchen gesehen, da ist es leicht, miteinander auszukommen. Ständig zusammenzuleben — das ist etwas ganz anderes. Und Herr Tiedjen ist inzwischen ein richtiger Junggeselle geworden, liebt seine Ruhe über alles, hat kaum einmal Gäste — meinst du, es wäre leicht für einen sechzehnjährigen Jungen, plötzlich in so einem düsteren, alten Haus zu leben — wie in einem Museum? Es wird ganz entscheidend von euch abhängen, ob er sich hier einlebt.“
    Bille schaute ihre Mutter nachdenklich an.
    „Du hast dir anscheinend schon eine Menge Gedanken über Herrn Tiedjen und seinen Sohn gemacht. Mehr als ich jedenfalls. Ich gebe zu, ich war im ersten Moment nicht gerade begeistert, als er auftauchte. Jetzt — nachdem du mir das alles gesagt hast — merke ich, daß ich verdammt egoistisch war. Karlchen hatte recht, ich hatte wirklich Angst, daß ich jetzt nur noch die zweite Geige spielen würde. Aber das ist vorbei. Tom und ich — wir werden prima miteinander auskommen, da bin ich ganz sicher. Wir haben uns schon für morgen verabredet, Herr Tiedjen wird uns gemeinsam unterrichten.“
    „Fein, das freut mich.“ Mutsch stand auf, holte eine Schüssel aus dem Schrank und schüttete den Inhalt des Kochtopfes hinein. Es duftete nach Zimt und Äpfeln. „Ich gebe zu“, sagte sie leise, „als ich hörte, daß der Junge jetzt hierbleiben soll, hat er mir richtig leid getan. Aus der Sonne in unser graues, kaltes Nieselwetter, und wo alles fremd ist um ihn herum — na, komm. Nun deck mal den Tisch.“
    Mutschs Worte hatten bei Bille Wunder gewirkt, sie hatten auch den letzten Rest von Eifersucht und Unbehagen verscheucht und dem festen Willen Platz gemacht, Tom in jeder Weise zur Seite zu stehen.
    Als sie am nächsten Tag mit Bettina das Schulgebäude

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