Ein Cowboy für Bille und Zottel
Unternehmungen, so blieben Tom und Bille meistens mit Bettina und Florian zusammen.
Bettina schien es am wenigsten eilig zu haben, wenn es an den Nachhauseritt ging. In Toms Nähe blühte sie auf, wurde übermütig und temperamentvoll und war zu jedem Streich aufgelegt.
Tom bekam sofort feuchte Hundeaugen, wenn Bettina am Horizont auftauchte, er verhaspelte sich, sprach plötzlich wieder Englisch oder brachte die komischsten Sätze heraus. Er wurde rot, wenn Bettina ihn ansah oder wenn sie ihn wie zufällig berührte. Wenn Bettina Tom beim Pferdeputzen in der Box zuschaute — und wenn Bettina da war, putzte Tom alle Pferde in der Box, und nicht in der Stallgasse — dann dauerte es stundenlang, bis er mit der Arbeit fertig war.
Streichelte Bettina Black Arrows schwarze, glänzende Mähne, so hatte auch Tom ihn gerade streicheln wollen und landete — ganz aus Versehen natürlich! — auf ihrer Hand. Dann wurden beide rot und entschuldigten sich beieinander, als hätten sie sich auf den Fuß getreten.
Supermann ist mächtig schüchtern! dachte Bille vergnügt. Aber das macht nichts. Er ist unheimlich lieb und genau der Richtige für die zarte Bettina mit dem verletzbaren Seelchen.
Das neue Kino in Wedenbruck war natürlich auch bei den Freunden ein beliebtes Gesprächsthema. Und wann immer der Filmtitel einen vergnüglichen Nachmittag versprach, stand ein Kinobesuch auf dem Programm. Allerdings nur dann, wenn das Wetter so schlecht war, daß an einen Ausritt nicht zu denken war.
An diesem Sonntag lag strahlender Sonnenschein auf den Koppeln und Feldern, der Boden war mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt, die Luft frostig und prickelnd frisch — ein herrlicher Tag, um über die Felder zu galoppieren. So brachen sie früh auf, ein Picknick in den Satteltaschen, ritten bis an die Ostsee hinauf und den Strand entlang und in weitem Bogen durch die Wälder zurück.
Es war kurz vor drei Uhr, als sie in die Dorfstraße von Wedenbruck einbogen. Sie waren das letzte Stück im Schritt geritten, damit die Pferde bis zum Stall wieder trocken werden konnten, die hatten sich für heute genug angestrengt.
„He, ihr müden Helden — ihr seht ja so k.o. aus?“ rief jemand hinter ihnen her.
„Karlchen! Daß man dich mal wieder sieht!“ Bille hielt Zottel an und wartete, bis Karlchen herangekommen war. „Wir haben einen tollen Ausflug hinter uns. Einfach phantastisch! Tom sollte das Meer endlich mal bei Sonnenschein sehen — damit er sich vorstellen kann, daß es auch bei uns im Sommer ganz schön ist. Und was machst du?“
„Ich will ins Kino. Dufter Film heute — warum kommt ihr nicht mit?“
„Lust hätte ich schon, aber wir müssen erst unsere Rösser versorgen.“
„Könnt ihr das nicht später tun? Ihr könnt sie ja solange irgendwo unterstellen! Jensens haben doch eine Scheune. Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ihr eure Pferde zwei Stunden da anbindet.“
„Ich weiß nicht...“
Bille sah sich unschlüssig nach den anderen um.
„Kino? Immer!“ Florian war gleich Feuer und Flamme. „Fragt sich bloß, ob mein Geld reicht.“
„Ich hab genug bei mir, ich kann dir was borgen. Was ist es denn für ein Film?“ erkundigte sich Tom.
„Irgend so ein Western — soll irre spannend sein, hat meine Schwester gesagt. Sie war gestern drin.“
„O ja, gehen wir ins Kino. Zu Hause erwarten sie uns sowieso nicht so früh zurück!“ rief Bettina. „Und wir haben noch die Hälfte unseres Picknicks. Wir holen uns in der Gaststube etwas zu trinken, futtern unsere Brote und sehen uns dabei den Film an. Nun los — kommt schon, damit wir noch Karten bekommen!“
„Lust hätte ich schon...“ Bille schien immer noch zu zögern.
„Nun sei doch kein Spielverderber!“ drängte Karlchen. „Was ist denn dabei? Ich rede mit Jensens wegen der Pferde — inzwischen holt ihr die Karten, okay?“
„Na schön, du hast mich überredet. Aber die Pferde müssen so stehen, daß niemand auf dumme Gedanken kommt und nicht etwa Ellis kleiner Bruder wieder mit Zottel abhaut!“
„Ich sorge dafür. Außerdem kann ja immer mal einer nach ihnen sehen.“
Karlchen hatte nicht zuviel versprochen. Vater Jensen kam selbst mit ihnen in die Scheune, die sich hinter dem Kinosaal befand, und kümmerte sich um das Anbinden der Pferde. Dann schloß er das Scheunentor.
„Kein Mensch erfährt, daß die hier drin sind. Da sind sie so sicher wie in Abrahams Schoß“, versprach er. „Nun beeilt euch aber, sonst verpaßt ihr noch
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