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Ein Daemon kommt selten allein

Ein Daemon kommt selten allein

Titel: Ein Daemon kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Fox
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begann.
    Dimitri kam aus der Eingangstür gerannt – ohne Pi rate . Sein schwarzes T-Shirt hing ihm in blutverschmierten Fetzen herunter, und er sah aus, als würde er um sein Leben laufen. Er warf sich hinter seinen umgekippten Geländewagen, und im gleichen Augenblick explodierte das Haus. Ich hätte alles gegeben, wenn ich mich hätte ducken können. Von der Wucht der Explosion zerbarsten die Fenster. Rauch strömte aus dem Gebäude, als es in sich zusammensackte.
    Meine Ketten lösten sich von dem Baum. Ich taumelte nach vorn und versuchte, das Gleichgewicht zu halten, während sich die Ketten weiter aufwickelten; zuerst waren meine Knöchel frei, dann meine Beine. Es war das schlimmste Gefühl, das man sich überhaupt nur vorstellen konnte, als hätte sich etwas Lebendiges an mich geheftet. Doch es gab wichtigere Dinge, um die ich mir Sorgen machen musste.
    Dimitri stürzte sich auf das nächstbeste Motorrad, das noch aufrecht stand, eine silberne Harley mit aufgemalten roten Totenköpfen auf beiden Seiten. »Los, mach schon!«, rief er mir zu. Er warf sich auf den Sitz und startete die Maschine. Der Motor röhrte. Ich rannte geradewegs auf ihn zu; die Scherben und Trümmer knirschten unter meinen Füßen.
    Für den Bruchteil einer Sekunde kam mir der Gedanke, mir ein eigenes Motorrad zu schnappen und so weit von dem Ort des Schreckens wegzufahren, wie ich konnte. Aber ich konnte nicht Motorrad fahren. Und, schlimmer noch – ich hatte keine Ahnung, wohin ich überhaupt fahren sollte.
    »Los!«, brüllte er.
    Es gab nicht einmal Helme. Toller Beschützer. Ich erhaschte einen Blick auf einen pinkfarbenen Helm, der halb unter den Trümmern eines ramponierten Motorrads hervorlugte. Das sollte meiner sein. Ich schnappte ihn mir und erschrak beinahe zu Tode, als ich sah, dass sich die Kette um mein Handgelenk in eine Panzerweste verwandelt hatte, die sich über meine gesamte Brust zog. Raffinierte Gravuren erstreckten sich über die Panzerplatten, der Tränensmaragd saß in der Mitte zwischen meinen Brüsten.
    Dimitri brachte die Harley, einen Sprühregen aus Steinen und Dreck aufwirbelnd, ruckartig vor mir zum Stehen. Ich stülpte mir den pinkfarbenen Helm über den Kopf, stieg hinter ihm auf und wollte ihn eigentlich fragen, ob er in dem Haus irgendeine Spur von Pirate gesehen hatte oder sonst irgendetwas und ob es pure Blödheit oder sein Todestrieb gewesen war, die ihn veranlasst hatten, mich anzuketten. Doch bevor ich ein Wort herausbringen konnte, gab er Gas. Mein Rücken krachte gegen den metallenen Überrollbügel, und wir jagten hinaus in die Morgendämmerung.
     
    Wir fuhren mindestens eine Stunde lang über staubige, nicht asphaltierte Nebenstraßen. Dimitri achtete darauf, jedes Schlagloch und jeden Ameisenhügel mitzunehmen. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie ruhig und sanft Großmutter gefahren war. Ich schloss die Augen, als wir durch eine weitere, sämtliche Knochen durchschüttelnde Vertiefung im Asphalt fuhren. Bitte sei unversehrt, Großmutter . Ich hatte keine Ahnung, wohin wir fuhren, aber wo auch immer wir landeten, hoffte ich, sie wiederzusehen. Es gab so viele Dinge, die ich ihr erzählen musste.
    Beim ersten Anzeichen von Zivilisation, einem alten, heruntergekommenen Shoney’s Restaurant, drosselte Dimitri das Tempo. Unkraut überwucherte den Parkplatz und versuchte, dem rissigen Beton mit seinen verblichenen gelben Markierungsstreifen mehr Raum abzuringen. Der Big Boy selbst, das Wahrzeichen der Restaurantkette, hatte Schlagseite und benötigte dringend einen neuen Anstrich und eine Dose Rust-Oleum. Dunkle Schmutzschichten überzogen die Panoramafenster, die Blumenkästen waren mit verblichenen Plastikgeranien dekoriert.
    Das Motorrad neigte sich auf die Seite, als wir zum hinteren Parkplatz abbogen. Ich spürte jeden Muskel und jede Sehne in Dimitris Rücken, als ich mich an ihm festklammerte. Das Blut auf seinem T-Shirt war getrocknet, und die Schnittwunden auf seinem Rücken hatten bereits zu heilen begonnen. Eigentlich unmöglich, ich weiß, aber ich hatte den Beweis dafür, verdammt noch mal, fast eine Stunde lang angestarrt. Hatte ich nicht gewusst, dass er kein richtiger Mensch war
    Das Motorrad wurde immer langsamer, und ich ließ Dimitri los. Dieser Ort war mir unheimlich. Eine Miniatur-Stadt aus abgewrackten Wohnwagen drängte sich am Rand des Parkplatzes. In der Nähe befand sich ein willkürlich in die Gegend gestellter Carport mit einem Dutzend darin versteckter

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