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Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Henning
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Männerstimme. »Brenner ist mein Name.«
    »Ja, bitte?« erwiderte Valentin Steiner hörbar überrascht, und Marc spürte, wie etwas Heißes in ihm aufstieg.
    »Scheiße, Polizei«, flüsterte er in die Stille des Zimmers und tastete nach Rachaels Arm. Zwischen den geschlossenen Läden drangen vereinzelte Sonnenstrahlen herein, in denen Staubpartikel tanzten.
    »Was ist?«, hauchte sie schläfrig und gähnte.
    »Polizei«, wiederholte er. »Da draußen ist ein Polizist und redet mit meinem Vater.«
    »Und was jetzt?« Rachael richtete sich auf.
    »Keine Ahnung«, sagte Marc. Auf dem kleinen Wecker war es 7 Uhr 32.
    »Worum geht es denn?«, hörte er seinen Vater fragen.
    »Um Ihren Sohn, Herr Steiner. Marc. Ist er da?«
    »Er schläft. Hat er etwas angestellt?«
    »Könnten wir das Ganze vielleicht drin besprechen?«, fragte der Beamte.
    »Ja, natürlich«, antwortete sein Vater und bat den Mann herein.
    »Ob Sie Ihren Sohn wohl bitte holen könnten?«
    »Ach so, ja natürlich«, erwiderte der Vater. Als er die Tür zum Zimmer seines Sohnes öffnete, saß Rachael auf dem Bett, und Marc stand angekleidet im Raum.
    »Polizei, ich hab’s gehört«, sagte Marc, ehe sein Vater den Mund öffnete.
    »Was hast du angestellt?« Valentin Steiner sah seinen Sohn fragend an.
    »Ich wollte dir nachher sowieso alles erzählen«, antwortete Marc kleinlaut und ging an seinem Vater vorbei in die Küche. Als sie zu dritt am Tisch saßen, sah der Beamte Marc an und sagte:
    »Man hat euch dabei beobachtet, wie ihr dein Moped im Wald versteckt habt, und euch wegen Verdachts eines möglichen Umweltdelikts angezeigt. Zudem liegt der Tatbestand des Vortäuschens einer Straftat vor, weil ihr besagtes Moped anschließend auf der Polizeidirektion Hanau I in der Marienstraße als gestohlen gemeldet habt.«
    »Marc, ich verstehe das nicht! Was geht hier vor?« Valentin Steiner blickte seinen Sohn ungläubig an. Und dann erzählte Marc ihnen die ganze Geschichte.
    »Ich hatte Angst, dass du etwas Unüberlegtes tust und dich damit womöglich in Gefahr bringst, schließlich ist Ceylan die Tochter von Abdülkadir Coskun.«
    »Wer ist das? Von wem redest du?«
    »Abdülkadir Coskun ist seit Jahren eine feste Größe in der hiesigen Verbrecherszene. Eine Art Pate, wenn Sie so wollen«, sagte Brenner. »Drogengeschäfte, Einbruch, Diebstahl, Hehlerei, das ganze Programm. Er und seine Leute kontrollieren den lokalen Markt. Wir sind immer wieder an ihm dran, doch der Mann hat exzellente Anwälte.«
    »Und mit solchen Leute lässt du dich ein?« Valentin Steiner wartete eine Antwort nicht ab, sondern sah Brenner an und sagte: »Und was passiert jetzt mit Marc?«
    »Das wird der Staatsanwalt entscheiden. Doch weil Marc mit siebzehn noch nicht vollständig strafmündig ist, wird es nach meiner Einschätzung wohl auf das Ableisten eines sozialen Dienstes rauslaufen.« Im selben Moment betrat Rachael wortlos die Küche und strich sich das Haar aus der Stirn.
    Brenner nickte kurz. »Wir müssen deine Aussage im Präsidium aufnehmen. Deswegen muss ich dich bitten, jetzt mitzukommen, das Ganze dürfte höchstens eine halbe Stunde dauern.«
    »Ich komme mit«, sagte Rachael. Zu dritt verließen sie die Wohnung in der Ankergasse. Unter dem dichten Blätterdach der Kastanie hervor ertönte der stoßweise Ruf einer Taube.
    Als Marc in Brenners Dienstfahrzeug einstieg, sah er, dass die Leute im Haus gegenüber an den Fenstern standen und gafften. Während sie auf die langgestreckte Philippsruher Allee abbogen, kämpften sich rechter Hand zwei Tankschiffe im leichten Dunst in Richtung Steinheimer Brücke voran. Der von der Morgensonne mit einer silberglänzenden Aureole umgebene Main lag still da. Vereinzelt flogen Möwen im leichten Wind und ließen sich lässig in Richtung Hafen abtreiben.
    Rachael saß neben Marc und hielt seine Hand. Auf Höhe des Postamts drückte sie sie einmal ganz unauffällig, und Marc verstand sofort. Am schmutzigen Gelb der Außenwand neben dem Haupteingang prangte in riesigen Lettern der Spruch, den sie wenige Stunden zuvor dorthin gesprüht hatten: »Ich denke, also bin ich hier falsch!« Sie sahen einander an und mussten grinsen.
    Die Stadt war noch nicht erwacht, die Geschäfte waren noch geschlossen. Nur auf dem Marktplatz herrschte bereits Betrieb. Die blau-weiß gestreiften Sonnenschirme, unter denen die Bauern ihre Verkaufsstände errichtet hatten, verstellten größtenteils die Sicht auf das Rathaustor. Trotzdem waren Teile des

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