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Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Henning
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Verrücktwerden! Aber vielleicht hatte das mit dem Wagen Zeit bis morgen. Außerdem würde der Typ ihn früher oder später zurückbringen.
    Mit einem Griff nach dem Gummi löste sie ihr Haar. Der Fahrtwind, der brausend zum halbgeöffneten Fenster hereindrang, warf es ihr ins Gesicht. Sie schloss die Augen. Sekundenschnell gewöhnte sie sich an das Rauschen und den leichten Druck, den die Luft auf Augen, Nase und Mund erzeugte. Kurz dachte sie: Davon könnte man glatt high werden. Immerzu so dasitzen und sich anpusten lassen.
    »Möchten Sie vielleicht irgendwo was essen? Ich jedenfalls könnte nach allem, was passiert ist, was vertragen«, sagte der Fahrer.
    »Hab keinen Hunger«, antwortete sie kurzangebunden und dachte: Vielleicht kann ich ja zu Ulrike? Ja, ich gehe zu Ulrike. »Können Sie mich in der Nähe der Böttcherstraße rauslassen? Ginge das?«
    »Wie Sie wollen«, antwortete der junge Mann, und Chrismeinte einen beleidigten Unterton in seiner Stimme auszumachen. Doch das war ihr egal. Was ging sie dieser Typ an. Sie hatte weiß Gott andere Probleme.
    Sie folgten der Oldenburger Straße, überquerten die Stephanibrücke und bogen wenig später nach rechts auf das Doventor ab. In der Böttcherstraße hielt der junge Mann abrupt an und sagte, ohne sich nach ihr umzudrehen: »Da wären wir!«
    Als sei sie aus einem Traum erwacht, schaute Chris Mahler ungläubig nach draußen. »Vielen Dank«, sagte sie und hielt einen Moment in Erwartung irgendeiner Antwort inne, die aber nicht kam. Dann stieß sie die Tür auf und stieg aus. Als sie auf der Straße stand, gab der junge Mann Vollgas und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
    »Idiot«, rief sie und blickte ihm so lange hinterher, bis er abgebogen war. Dann lief sie los. Ulrike würde Augen machen. Sie wollte nur noch zwei Dinge: Wanda anrufen und dann ins Bett.
    Während sie durch die menschenleeren, schwach beleuchteten Straßen lief, musste sie wieder an den Busfahrer denken, an diesen Adam. Wo der wohl gerade war? Ihre Wege hatten sich gekreuzt. Und vielleicht würden sie es ja wieder tun. Vielleicht schon morgen? Im Dom?
    Ja, morgen, dachte sie. Morgen ist ein neuer Tag.
    ***
    Wortlos stiegen sie in den von der niederländischen Polizei bereitgestellten Reisebus, der sie nach Bremen zurückbringen würde. 23 Männer und Frauen, von denen sich einige beim Einsteigen wie Kinder an den Händen hielten. Und das achtjährige italienische Mädchen, das wenige Stunden zuvor seinen Bruder verloren hatte. An seinen nackten Beinen klebte noch dessen getrocknetes Blut.
    Der Bus, in dem er noch vor kurzem am Steuer saß, senkte sich wegen der zerschossenen Reifen nach hinten ab und machteden Eindruck, als würde er jeden Moment umkippen. Männer der niederländischen Straßenreinigung hatten bereits damit begonnen, die Scherben zusammenzufegen, um die Straße wieder passierbar zu machen. Den Bus würde man verschrotten. Gut so, dachte Adam. Mit dem will sowieso keiner mehr fahren.
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, stieg er ein. Er wählte einen Platz im hinteren Teil des Busses und konnte es kaum erwarten, dass die Türen sich schlossen, das Licht im Innenraum erlosch und sie losfuhren. Er presste seine Hand auf die Schulter und besah sich das Blut an seiner Hand. Doch da war kein Schmerz, nicht mal ein schwaches Ziehen. Halb so schlimm, sagte er sich und verrieb das Blut an seiner Hose.
    Es hieß, man werde sie zur Untersuchung und psychologischen Betreuung in ein Bremer Krankenhaus bringen. Dort erwarte sie ein auf Geiselnahmen spezialisiertes Psychologenteam. Anschließend gehe es in ein Hotel. Doch ohne ihn.
    Als sie nach knapp zweieinhalbstündiger Fahrt wohlbehalten in Bremen in der St.-Jürgen-Straße vor dem Klinikum-Mitte hielten und das Motorengeräusch abrupt verstummte, erwachte Adam aus einem tiefen, überraschend erholsamen Schlaf. Er verließ als Letzter den Bus.
    Am Rande des Traums war kurz das Bild seines Vaters aufgetaucht. Wie auf einer Gegenlichtaufnahme lag er im Halbdunkel eines zu Ende gehenden Julitages quer über den blitzenden Schienensträngen und wartete geduldig auf das Herannahen des Schnellzuges aus Katowice, der seinem Leben ein schnelles Ende bereiten sollte. Dann war das Bild zerfallen wie ein Puzzle, das zu Boden glitt, und er wurde wach.
    Adam blickte hinauf zum Himmel, wo bereits erste lichte Stellen auszumachen waren. Von links schob sich eine strahlend hell aus der Schwärze herabsinkende Passagiermaschine ins Bild. Dicke

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