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Ein deutscher Wandersommer

Ein deutscher Wandersommer

Titel: Ein deutscher Wandersommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kieling
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den Geschmackdes Wassers nicht kennen. Was die Leute an solchen Teichen als Köder verwenden, ist ebenfalls sehr skurril; da wird mit Eismeerkrabben aus der Dose geangelt oder mit speziellem Forellenteig mit Aromastoffen und in den tollsten Farben.
    Viele Angler füttern Fische auch an, obwohl das mittlerweile verpönt ist, weil es die Gewässer zum Teil extrem belastet. Für Karpfen, Schleien, Barben und große Brassen werfen sie zum Beispiel gekochten Mais oder gekochte Kartoffeln ins Wasser. Oder »Boilies«, ein Kunstköder für Karpfen mit sehr starken Aromastoffen, der die Fische möglicherweise süchtig macht, weshalb ihn der Tierschutz schon mal verbieten lassen wollte. Deutschland und Angeln ist wirklich schräg.
    Als ich Karpfen-Klaus erzählte, dass ich meine kleine Teleskop-Angelrute und meinen Jahres-Fischereischein dabeihabe, lud er mich für den nächsten Morgen zum Angeln ein.
    »Und wo soll ich bis dahin eine Tageskarte herbekommen?«, wollte ich wissen.
    »Die kriegst du gleich hier«, antwortete Karpfen-Klaus und nickte zur Kasse hinüber.
    Als wäre die Hirsch-Apotheke mit ihrer Poststelle und dem integrierten Schnapsladen nicht schon kurios genug, kann man hier also auch Tagesangelscheine kaufen. Ich nahm einen für zehn Euro und durfte damit nach den Vorgaben des Hirschberger Anglervereins zwei Forellen, einen Hecht und einen Karpfen fangen – sprich: vier Edelfische. Generell gilt: Was man über die jeweiligen Vorgaben hinaus an den Haken bekommt und untermaßige, also zu kleine Fische muss man zurücksetzen.
    Am nächsten Tag, es nieselte nur noch ab und zu leicht dahin, führte mich Karpfen-Klaus zu ein paar seiner Lieblingsstellen. Es machte sicher etwas aus, dass erwusste, dass ich nur einen Tag in Hirschberg bleiben würde, denn normalerweise verrät ein Angler seine Geheimplätze nicht – auch wenn diese in der Regel längst nicht mehr geheim sind, denn wenn ihn jemand hundert Tage im Jahr an derselben Stelle sitzen sieht …
    Wir angelten schließlich unterhalb vom Wehr. An solchen Stellen sind eigentlich immer Fische, da Wehre außer für Lachse, sehr starke Forellen und Aale fast unüberwindbar sind. Gleich bei meinem zweiten Wurf ruckte es. Das besagt noch gar nichts, denn der Blinker könnte sich unter Wasser an einer Wurzel, einem Stück Treibholz oder einem Stein verfangen haben. Erst in dem Moment, in dem es an der Rutenspitze vibriert, beschleunigt sich dein Puls und wird Adrenalin ausgeschüttet. Jetzt wird es spannend, denn wenn der Fisch zwischen Hindernisse schwimmt – siehe oben: Wurzeln, Treibholz, Steine –, kann sich die Schnur verheddern und ist der Fisch verloren. Das will man natürlich nicht, weshalb man den Fisch drillt, also ihn mit der Rute von Hindernissen wegholt – sofern man diese ausmachen kann oder kennt – und sich müde kämpfen lässt. Irgendwann war auch mein Fisch, ein Hecht, müde.
    »Der ist maßig, der hat das Maß. Den kannst du mitnehmen«, entschied Karpfen-Klaus, noch bevor ich meinen Fang ganz aus dem Wasser gezogen hatte. Als der Hecht im Gras lag, maßen wir nach, und tatsächlich hatte er 52 Zentimeter – fünfzig muss er haben, damit man ihn mitnehmen darf.
Im Kanu ins Thüringer Schiefergebirge
    Am nächsten Morgen zeigte sich endlich einmal die Sonne. Cleo, die die letzten Tage meist mit hängendem Kopf neben mir hergetrottet war, wobei sie mich hin und wieder mit einem vorwurfsvollen Blick bedacht hatte, war wie aus dem Häuschen. Ausgelassen tollte sie über die Wiesen, schnuffelte hier unter einen Busch, roch da an einer Fährte. Doch unser Glück dauerte nicht lange. Nach wenigen Stunden gab sich der Himmel wieder wolkenverhangen. Wenigstens blieb es trocken.
    Am Oberlauf der Saale werden Wildwasserraftings angeboten, und ich ergriff die Gelegenheit, ein Stück des Weges in einem Kanu zurückzulegen. Cleo war von meiner Idee, den Fluss ein Stück in einem kleinen, schmalen, schwankenden Gummiding runterzupaddeln, überhaupt nicht begeistert. Genauer gesagt: Sie weigerte sich einzusteigen. Cleo war ja auch noch nie Boot gefahren. Als alles gutes Zureden nicht half, hob ich sie kurzerhand in das Kanu, stieg schnell hinterher und paddelte sofort los.
    »Braves Mädchen. Es ist alles in Ordnung«, redete ich auf Cleo ein, während sie sich nervös hierhin und dorthin wandte, setzte, aufstand, sich einmal um sich selbst drehte, dann wieder setzte …
    Das war auch für mich ein aufregender Moment, denn jetzt würde sich zeigen, ob

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