Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
Chengs verlorenem Arm in Wien begonnen und in Wien geendet hatte. Und es somit logisch war, auch die Suche nach diesem Arm in Wien zu beginnen.
    »Ihr Arm also«, meinte Smolek nachdenklich. Er machte ein Gesicht, als spüre er einen Zahn. Keinen Schmerz, nur den Zahn. Kein Unglück, nur die Ankündigung eines solchen. Aber dagegen war nun mal nichts zu machen. Smolek räusperte sich und meinte, daß es an der Zeit wäre, über die Gude-Sache zu sprechen.
    Cheng nickte, während der Herr Stefan ein Glas Grünen Veltliner vor ihn hinstellte. Der Wein besaß einen blassen Teint. Sehr vornehm. Wie eine zerquetschte Prinzessin. Und schmeckte auch ganz hervorragend.
    »Was haben wir in der Hand?« fragte Cheng, nachdem er das Glas behutsam auf den Tisch zurückgestellt hatte.
    »Nicht viel«, antwortete Smolek. »Aber genug, um überhaupt einen Anfang machen zu können. Punkt eins: Einar Gude wurde in Wien und im Museum erschossen, obgleich er nie etwas mit dieser Stadt und diesem Museum zu tun hatte. Punkt zwei: Seine Frau war anwesend, aber nicht in seiner Nähe, als es geschah. Punkt drei: Genau diese Magda Gude hat einer unbekannten Frau und deren behindertem Sohn die Möglichkeit verschafft, das Museum ungeprüft zu verlassen. Diese gute Tat der Frau Gude braucht natürlich nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Frau Gude ist wie die meisten Personen der besseren Gesellschaft in diversen Stiftungen tätig. Sie wissen schon, Leute, die ständig vom geteilten Brot und nie vom geteilten Ferrari sprechen. Jedenfalls könnte man Frau Gudes Handlung als puren Affekt eines karitativen Menschen begreifen. Nichts weiter.«
    »Sie glauben aber, es steckt mehr dahinter, nicht wahr? Auch Dalgard glaubt das. Ich säße sonst kaum hier. Diese unbekannte Frau und ihr Kind sind alles, was wir haben.«
    »So ist es«, sagte Smolek. »Allerdings müßten wir dann also ernsthaft glauben, daß diese unbekannte Frau ihren Sohn in die Obhut der Botschaftergattin gab, um in aller Ruhe den Botschafter zu liquidieren.«
    »Eine professionelle Killerin?« fragte Cheng.
    »Wenn sie es war, dann ist sie vom Fach. So tötet niemand, der etwas Persönliches zu erledigen hat.«
    »Das würde auch die Sache mit ihrem behinderten Sohn erklären. Sie nimmt ihn quasi in die Arbeit mit. Sie wäre folglich keine schlechte, sondern eine gute Mutter. Wenn ich das mal so sagen darf.«
    »Das ist der Punkt«, stimmte Smolek zu und erklärte, sich kundig gemacht zu haben. Wobei er anfügte: »Wenn Sie das nicht stört, daß ich Ihnen ein wenig ins Geschäft pfusche. Laienhaft, aber engagiert.«
    »Ich bitte darum«, sagte Cheng, der längst begriffen hatte, daß dieser unscheinbare Mann in harmlosen Staatsdiensten ein gefährlicher Mann war. Wie gefährlich und für wen, war noch die Frage.
    Kurt Smolek winkte hinüber zu Herrn Stefan, zeigte auf sein leeres Glas, nickte und wandte sich wieder Cheng zu, indem er nun seine guten Beziehungen zu einem höheren Kriminalbeamten erwähnte, dessen Name aber nichts zur Sache tue. Jedenfalls sei es dank dieses Kontakts möglich gewesen, sich einmal mit jenem Polizisten zu unterhalten, welcher auf Frau Gudes Wunsch hin die Mutter und den Jungen aus dem Museum geführt hatte.
    »Ich habe nach der Kleidung der beiden gefragt«, erzählte Smolek. »Mitunter sagt die Kleidung eines Menschen mehr über ihn aus als sein Gesicht und seine Sprache. Trotz Stangenware. Zeigen Sie mir eine Person, die exakt das gleiche trägt wie eine andere. Wir sind schließlich keine Kommunisten. Unsere Kleidung ist unsere Signatur. Die DNA, die wir sichtbar für alle tragen.«
    »Schön. Und was kam heraus?«
    »Im Falle der Mutter nicht viel. Nichts Auffälliges, sauber und modisch im Rahmen des Gewohnten, soweit der Polizist mir berichtet hat und das überhaupt beurteilen kann. Aber der
Junge … der Junge ist interessant. Er trug das, was man heutzutage Klamotten nennt. Gute Qualität, scheint es, Markenware. Und er hatte eine schwarze, wollene Mütze, die auf der Stirnseite ein recht auffälliges Emblem besaß. Genauer gesagt ein Signum. Nicht, daß sich der kleine Polizist, mit dem ich da sprach, in katholischer Symbolik auskannte. Aber seine Beschreibung hat mir genügt, dieses Zeichen auf der Mütze zu identifizieren. Ein mit dem unteren Teil in einen Kreis eingefaßtes lateinisches Sockelkreuz, das nach oben hin von sechs Sternen halbkreisförmig umgeben ist.«
    »Und was soll das sein?«
    »Das Signum des Kartäuserordens. Stat crux dum

Weitere Kostenlose Bücher