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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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vom Fußboden bis zur Decke reichten; in dem Bereich, in dem er seine Weinliteratur aufbewahrte, blieb er stehen. Und dort, in verschiedenen Stadien der Abnutzung, standen The Wines of Bordeaux von Penning-Rowsell, Die große Weinenzyklopädie von Lichines, Monseigneur Le Vin von Forest , der aktuelle Hachette Weinführer, Weine prüfen, kennen, genießen von Broadbent , Der große Johnson: Die Enzyklopädie der Weine , Yquem von Olney, Adventures on the Wine Route von Olney, Stay Me with Flagons von Healy und eine Unmenge weiterer Fachbücher, die er im Laufe der Jahre gesammelt hatte. Als er die Finger über die Buchrücken gleiten ließ, gelangte er zu
einer zerfledderten Ausgabe von Duijkers Weinatlas Bordeaux , die er an seinen Schreibtisch mitnahm, wobei er einen kleinen Umweg machte, um sich vor dem Mittagessen das obligatorische Glas Chablis einzuschenken.
    Es war immer ein Vergnügen, diesen Klassiker aufzuschlagen. Im Gegensatz zu der blumigen und bisweilen skurrilen Prosa, der sich viele auf Wirkung bedachte Weinautoren befleißigten, war der Text einfach geschrieben und gründlich recherchiert. Fakten hatten bei Hubrecht Duijker Vorrang vor literarischen Schnörkeln. Und als visuelles Bonbon enthielt der Band Farbfotografien von mehr als achtzig Châteaus, ihren caves , den Weinen, den Kellermeistern und in manchen Fällen den langgesichtigen, eleganten, in Tweed gekleideten Besitzern. Einem Liebhaber edler Bordeaux-Weine wäre es schwergefallen, sich ein Nachschlagewerk vorzustellen, das lebendigere Bilder heraufbeschwor.
    Mit der Liste gestohlener Weine als Orientierungshilfe blätterte Sam die Seiten um: Lafite, Latour, Figeac, Petrus, Margaux – berühmte Namen, legendäre Weine, imposante Schlösser. Er hatte immer vorgehabt, die makellosen Weingärten von Bordeaux zu erkunden, eine Region, die einmal als Meisterwerk der Gartenbaukunst in großem Maßstab beschrieben wurde. Zu seinem Bedauern hatte er sich nie die Zeit genommen, diese Reise in Angriff zu nehmen. Und es war ebendieses Bedauern, das ihm, im gleichen Maß wie die Erfordernisse der Ermittlungen, als Entscheidungshilfe diente. Er klappte das Buch zu und rief Elena Morales an.
    Ihre Stimme klang gedämpft, als sie antwortete; ein Zeichen, das Sam gut kannte. »Du unzivilisiertes Frauenzimmer – isst schon wieder irgendetwas auf die Schnelle am Schreibtisch. Da darfst du dich nicht wundern, wenn du dir eine fürchterliche Magenverstimmung holst.«

    »Danke für den Zuspruch, Sam. Du verstehst es, eine Frau aufzuheitern. Zufälligerweise bin ich mit Arbeit eingedeckt und habe keine Zeit, meine Mittagspause außer Haus zu verbringen. Was ist mir dir? Gibt es etwas Neues?«
    »Deshalb rufe ich an. Ich habe alles, was möglich war, vom Schreibtisch aus recherchiert. Ich schicke dir den Bericht mit sämtlichen Einzelheiten, aber es besteht keine Notwendigkeit, die Luft anzuhalten. Ich habe nichts Weltbewegendes herausgefunden. Deshalb habe ich beschlossen, ein wenig Feldforschung zu betreiben.«
    »Wo befindet sich das Feld?« »Elena, das ist eine Grundregel bei kriminaltechnischen Ermittlungen: Um den Tathergang zu verstehen, muss man zum Ausgangspunkt zurückkehren. Und der befindet sich in diesem Fall im Herkunftsland des gestohlenen Weines. Das Ganze hat in Bordeaux begonnen.« Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. »Ich dachte, ich mache auf dem Weg dorthin noch einen kurzen Abstecher nach Paris. Dort gibt es jemanden, den ich unbedingt sprechen muss.«
    »Großartige Idee, Sam, doch eines scheinst du nicht bedacht zu haben: die Kosten.«
    »Elena, du kennst doch das Sprichwort: Umsonst ist nur der Tod.«
    »Ich kenne deine Ansprüche, wenn du unterwegs bist. Erwartest du etwa, dass wir dir die Flüge erster Klasse, Luxushotels und Nobelrestaurants, die du auf die Spesenrechnung setzt, zahlen …« Sie seufzte. »Wo steigst du ab, wenn du in Paris bist?«
    »Im Montalembert. Erinnerst du dich an das Montalembert?«
    »Verschone mich mit deinen nostalgischen Anwandlungen,
Sam. Und schlag dir aus dem Kopf, dass wir deine Reisekosten und sonstigen Aufwendungen übernehmen.«
    »Ich mache dir einen vernünftigen Vorschlag. Wenn ich den Wein finde, erstattet ihr die Kosten. Wenn nicht, schuldet ihr mir keinen Cent. Was ist, sind wir im Geschäft?«
    Elena antwortete nicht.
    »Ich betrachte deine Reaktion als begeisterte Zustimmung. Ach, da wäre noch etwas. Ich brauche einen Ansprechpartner in Bordeaux, der Kontakte vor Ort hat

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