Ein diebisches Vergnügen
und Englisch spricht. Ich nehme an, eure Pariser Niederlassung kann das in die Wege leiten. Bist du sicher, dass du nicht mitkommen willst?«
Bei dem Gedanken an Paris und dem Anblick des Tellers mit Hüttenkäse und Salat auf ihrem Schreibtisch wäre Elena nichts lieber gewesen als das. » Bon voyage , Sam«, erwiderte sie. »Schick mir eine Ansichtskarte.«
Seit seinem letzten Aufenthalt in Paris waren fast zwei Jahre vergangen, und voller Vorfreude traf er die nötigen Vorbereitungen. Nachdem Hotel und Flüge gebucht waren, verabredete er sich mit Axel Schröder, einem alten Sparringspartner, reservierte einen Tisch für eine Person im Cigale Récamier und ließ sich mit Joseph verbinden, Mitarbeiter des Herrenausstatters Charvet, der ihn zu betreuen pflegte, um ihm mitzuteilen, dass er in Kürze im Lande sei und auf einen Sprung vorbeikommen werde.
Eine E-Mail von Elena – in ziemlich eisigem Ton gehalten – leitete die gewünschten Informationen der Knox-Mitarbeiter in Paris an ihn weiter. Diese empfahlen eine in Bordeaux ansässige Agentin, die auf Weinversicherungen spezialisiert war, eine Madame Costes. Sie war in ihren heimatlichen Gefilden gut vernetzt, sprach fließend Englisch und war nach Ansicht der Pariser Niederlassung très sérieuse.
Sam hatte genug über die Mentalität der Franzosen gelernt, um zu wissen, dass jemand, der als seriös bezeichnet wurde, kompetent, vertrauenswürdig und sterbenslangweilig war. In einem kurzen E-Mail-Austausch gab er Madame Costes die Daten seines Fluges bekannt und erhielt die Bestätigung, dass sie ihn am Flughafen Mérignac in Bordeaux abholen werde.
Sams letzte Amtshandlung, bevor er zu packen begann, war ein Anruf in Roths Büro.
»Er führt sich gerade eine Besprechung zu Gemüte«, erklärte Cecilia Volpé. »Soll er Sie zurückrufen?«
»Richten Sie ihm nur aus, dass ich verschiedene Spuren verfolge und deshalb für ein paar Tage nach Frankreich muss.«
»Cool. Ich liebe Paris.«
»Ich auch«, erwiderte Sam. »Richten Sie Mr. Roth bitte aus, dass ich mich beizeiten melden werde.«
7. Kapitel
A ls er in der Schlange wartete, die sich vor der Sicherheitskontrolle im Flughafen von Los Angeles gebildet hatte, beobachtete Sam mitleidig, in welche Notlage sich der Mann vor ihm gebracht hatte. Er war klein, beleibt und aufgekratzt. Seinem Akzent nach zu urteilen schien er Deutscher zu sein. Er hatte den Fehler begangen, den Sicherheitsbeamten jovial anzulächeln und einen Scherz zu machen: »Heute müssen wir die Schuhe ausziehen, morgen die Unterhosen, oder?« Der Sicherheitsbeamte blickte ihn mit versteinerter Miene an. In der Angst, der unselige Deutsche könnte seinen potenziell gefährlichen Sinn für Humor an Bord schmuggeln, befahl der Aufseher ihm, beiseitezutreten und auf seinen Vorgesetzten zu warten.
Schuh- und gürtellos, die Arme in Kreuzigungsposition erhoben, sann Sam über Freud und Leid des modernen Reisens nach, während sein Körper mit dem elektronischen Handmetalldetektor abgetastet wurde. Überfüllte, oft ungepflegte Flughäfen, griesgrämiges Personal, hohe Wahrscheinlichkeit von Verspätungen und dann noch die ebenso lästige wie erniedrigende Sicherheitskontrolle. Kein Wunder, dass sich die meisten Passagiere etwas Hochprozentiges zu trinken bestellten, wenn sie schlussendlich das Flugzeug betreten konnten.
Nach dem Tohuwabohu im Terminal wirkte die Erste-Klasse-Kabine wie eine Oase des Friedens. Dankbar nahm Sam ein Glas Champagner in Empfang. Er streifte seine Schuhe ab und warf einen Blick auf die Speisekarte: die üblichen unverzagten Versuche, Gerichte zu kopieren, die man in einem erdgebundenen Gourmetrestaurant fand, und derzeit standen Soßen hoch im Kurs. Sam hatte die Qual der Wahl zwischen Lamm-Noisettes an süß-scharfer Soße, gebratenem Seeteufel an Salbei-Sahne-Soße, einem Gemüseomelett an einer Basilikum-Sahne-Soße und mit Räucherlachs gefüllten Cannelloni an Balsamico-Soße. Der Verfasser der Speisekarte, ein Meister der optischen Illusionen, hatte es geschafft, sämtlichen Gerichten einen köstlichen Anstrich zu verleihen. Die Wirklichkeit war, wie Sam aus Erfahrung wusste, trocken und enttäuschend: Die Soßen kollabierten durch den Schock der unverhofften Hitzeeinwirkung, der Geschmack des Gemüses war undefinierbar.
Was treibt Fluggesellschaften dazu, mit den äußerst begrenzten Möglichkeiten einer rappelvollen Bordküche und eines Mikrowellenherdes das Bild einer haute cuisine
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