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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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beliebt war der hintere Bereich, der sich in drei kleine Nischen unterteilte. Hier konnten prekäre Angelegenheiten in aller Stille erörtert werden. In einer dieser chambres séparées hatte sich Philippe mit Inspektor Andreis verabredet.
    Der Inspektor, hager und in Ehren ergraut, mit den scharfsichtigen Augen eines Mannes, der ein gerüttelt Maß an menschlichem Versagen zu Gesicht bekommen hatte, traf genau in dem Moment ein, als Philippe zwei Gläser Pastis, einen niedrigen, bauchigen Krug Eiswasser und einen kleinen Teller mit grünen Oliven in Empfang nahm.
    »Ich habe mir erlaubt, für Sie mitzubestellen«, sagte Philippe und begrüßte den Inspektor mit Handschlag. »Sie trinken doch noch Ricard, oder?«
    Andreis nickte und sah zu, wie Philippe den Pastis mit
Wasser verdünnte, sodass sich die blassgelbe Flüssigkeit trübte. »Das reicht«, erwiderte er grinsend. »Ersäufen Sie ihn nicht.«
    Philippe hob das Glas. »Trinken wir auf den Ruhestand«, sagte er. »Wie lange müssen Sie noch warten, bis es so weit ist?«
    »Acht Monate, zwei Wochen und vier Tage.« Andreis blickte auf seine Uhr. »Plus Überstunden. Und dann befinde ich mich Gott sei Dank auf dem Weg nach Korsika, auf Nimmerwiedersehen.« Er zog ein zerknittertes Foto aus seiner Tasche und legte es auf den Tisch. Es zeigte ein bescheidenes Steinhaus, das sich in ein silbrig grünes Meer von Olivenbäumen schmiegte, die sich strahlenförmig und in schnurgeraden Reihen, wie die Speichen eines Rades, vom Haus erstreckten. »Dreihundertvierundsechzig Bäume. In einem guten Jahr kann man daraus ungefähr fünfhundert Liter Öl gewinnen.« Andreis betrachtete stolz seine künftige Wohn- und Wirkungsstätte. »Ich werde meine Oliven hegen und pflegen und meine Enkelin maßlos verwöhnen. Ich werde mich an figatelli -Würstchen und brocciu- Käse gütlich tun und dazu Rotwein aus Patrimonio trinken. Und ich werde mir einen Hund zulegen. Ich habe mir schon immer einen Hund gewünscht.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf, reckte sich und fasste den Rest seines Lebens mit einem Lächeln ins Auge. »Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie mich nicht nur sprechen wollten, um etwas über meine Pläne für den Lebensabend zu erfahren.« Er neigte den Kopf. Philippe begann, sein Anliegen vorzutragen.
    Als er geendet hatte, waren die Gläser leer. Der Ober kam mit einer weiteren Runde Pastis und einem frischen Krug Eiswasser an den Tisch. Andreis aß eine Olive und wartete stumm, bis er verschwunden war.

    Als er das Wort ergriff, war seine Stimme leise und wachsam. »Ich muss Ihnen ja nicht erzählen, was für ein mächtiger Mann Reboul in dieser Stadt ist. Man sollte ihm nicht in die Quere kommen. Außerdem ist er kein schlechter Kerl – ein Wichtigtuer, zugegeben, aber ich habe im Lauf der Zeit auch Gutes über ihn gehört.« Andreis tauchte den Finger in die winzige Kondenswasserpfütze, die sich um die Standfläche des Glases gebildet hatte. »Und Ihren Worten entnehme ich, dass nicht sicher ist, ob er etwas Ungesetzliches getan hat.« Er hob die Hand, als sich Philippe vorbeugte, um Einspruch zu erheben. »Ich weiß, ich weiß. Die Sicherstellung der Fingerabdrücke stellt eine Möglichkeit dar, sich Gewissheit zu verschaffen. Falls sich herausstellen sollte, dass sie identisch sind, nun …«
    »Dann würde alles auf eine Straftat hindeuten. Richtig?«
    »Ich nehme an. Ja, Sie haben recht.« Andreis nickte seufzend. Er legte keinen großen Wert darauf, in die Sache hineingezogen zu werden. Die Nase in die Angelegenheiten mächtiger und einflussreicher Männer zu stecken pflegte meistens ein unrühmliches Ende für den Besitzer der Nase zu nehmen. Andererseits sah er keine Möglichkeit, beide Augen zuzudrücken. Die Geschichte hatte das Zeug, Schlagzeilen zu machen. Und der Mann, der ihm gegenübersaß, war Journalist; er würde sich die Chance nicht entgegen lassen. Andreis seufzte abermals, das formvollendete Seufzen eines Menschen, der weiß, dass er eine Entscheidung treffen muss, obwohl er am liebsten gar nichts unternehmen würde.
    »Also gut. Ich sage Ihnen, was ich tun kann. Ich werde Ihnen für ein paar Stunden einen meiner Männer von der Spurensicherung überlassen, aber nur, wenn Sie garantieren, dass Reboul und seine Mannschaft herausgehalten werden,
zumindest bis wir die Fingerabdrücke überprüft haben. Können Sie mir darauf Ihr Wort geben?«
    »Ich denke schon. Ja.«
    »Das Letzte,

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