Ein diebisches Vergnügen
könnte funktionieren. Er wäre zumindest einen Versuch wert, da vieles für ihn spricht.« Sam zählte die Vorteile an den Fingern ab. »Erstens wären Reboul und Vial aus dem Schneider. Zweitens bekäme Philippe eine andere, unter Umständen noch bessere Story – ein Geheimnis, und er befände sich im Brennpunkt des Geschehens. Drittens hätten Sophie und ich den Auftrag von Knox Insurance erfolgreich erledigt und den Wein aufgespürt. Die Sache hat nur einen Haken. Bisher haben wir keinen ernsthaften Gesetzesverstoß begangen – man könnte uns vorwerfen, dass wir unter falscher Flagge gesegelt sind, aber das ist ein harmloses Vergehen. Was mir jetzt vorschwebt, wäre illegal.«
Philippe hatte wieder seine bevorzugte Position eingenommen, auf der Stuhlkante hockend, mit zuckenden Füßen. »Wie illegal?«
»Ich dachte daran, den Wein klammheimlich beiseitezuschaffen, zu stehlen, genauer gesagt.«
Sophie schüttelte lachend den Kopf. »Sind Sie verrückt geworden?«
Philippe hob die Hand. »Moment.« Er spähte über seine Schulter, als er sich vorbeugte, der Inbegriff des Verschwörers. Jeder Beobachter hätte ihn auf den ersten Blick für einen Mann gehalten, der ein dunkles Geheimnis preisgibt. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
»Haben Sie sich überlegt, wie Sie vorgehen wollen?«, fragte Sophie.
»Bis ins kleinste Detail.«
Sophie hatte aufgehört zu lachen. »Aber Sam, dass wir als Erste verdächtigt werden, liegt auf der Hand. Reboul wird der Polizei von dem seltsamen Pärchen erzählen, das einige Tage in seinem Weinkeller verbracht hat, sie finden uns, und dann dürfen Sie drei Mal raten, wer im Gefängnis landet. Er jedenfalls nicht.«
Sam schüttelte den Kopf. »Wir könnten geltend machen, dass wir nichts weiter tun, als im Auftrag einer internationalen, renommierten Versicherungsgesellschaft das gestohlene Eigentum eines Klienten wiederzubeschaffen. Unsere Methoden sind ein wenig unorthodox, das ist alles. Wichtiger ist aber: Wie reagiert Reboul? Schreit er Zeter und Mordio, weil der Wein gestohlen wurde, den er gestohlen hat? Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie clever seine Anwälte auch sein mögen, es kann nicht in seinem Interesse sein, dass ihm Interpol im Nacken sitzt. Nein, ich bin ziemlich sicher, dass er schweigen wird.«
Philippe gab es auf, an seiner Lippe zu kauen, und nahm mit einem weiteren Schluck Kaffee vorlieb. »Sam, was hat es mit der besseren Story auf sich?« Er sah Sophie an und fügte rasch hinzu: »Nur für den Fall, dass wir uns auf den Vorschlag einlassen.«
»Also, die Geschichte beginnt mit einem uralten und allseits beliebten Bekannten, dem anonymen Hinweis aus der Bevölkerung – davon gehen in einer Zeitungsredaktion mit Sicherheit Dutzende ein. Manchmal ist das Motiv Rache, manchmal ein schlechtes Gewissen oder einfach reine Bosheit. Wie auch immer, Sie erhalten einen Anruf von einem Unbekannten. Er weigert sich, seinen Namen zu nennen. Er erzählt Ihnen von einem geheimen Depot mit Weinraritäten, das sich an einem abgeschiedenen Ort befindet – darauf kommen wir später zurück -, und dass es sich um gestohlene Ware handelt. Vielleicht ist er selbst der Dieb und findet keinen Abnehmer. Aber er enthüllt keine Einzelheiten. Weil es keine weiteren Einzelheiten gibt. Nur eine Wegbeschreibung, die zum Versteck führt. Sie glauben ihm nicht wirklich, aber Sie fahren hin. Zu Ihrer Überraschung finden Sie dort tatsächlich den Wein, wie Ihr anonymer Anrufer sagte. Das ist das erste Kapitel Ihrer Geschichte.«
Philippe nickte bedächtig. »Kein schlechter Anfang. Und ich sehe schon, wie es weitergeht.«
»Da bin ich mir sicher. Sie gehen der Sache auf den Grund. Sie setzen sich mit Ihren Kontakten in Verbindung. Und nach und nach, vielleicht Artikel für Artikel, nehmen Sie die Fährte auf, die nach Los Angeles führt, wo Sie ein Interview mit Danny Roth machen und sich den Diebstahl des Weines aus seiner Warte schildern lassen: Heiligabend, der einst untadelige, dann plötzlich korrupt gewordene mexikanische Hausmeister, der Krankenwagen, das ganze Drum und Dran.
Dieser Teil ist klar. Der andere Teil – wer den Wein gestohlen hat – bleibt ein ungelöstes Rätsel; Francis Reboul und Florian Vial lassen wir aus dem Spiel.« Sam blickte von Sophie zu Philippe. »Was halten Sie davon?«
»Die Idee gefällt mir«, meinte Philippe. »Sie bietet genug Stoff, um daraus eine spannende Serie zu machen, wie die Vorabendserien im Fernsehen.«.
Beide
Weitere Kostenlose Bücher