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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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eintauchten, in dem sie sich reinigten, beruhigten, vergnügten, und etwas Gesundes, Mildes, Optimistisches entstieg dem Innersten seiner selbst. Er versuchte nicht an Mabel zu denken, nicht an all die intensiven, fröhlichen Momente, die er in diesen acht Jahren an ihrer Seite erlebt hatte, sondern nur, dass sie ihn verraten hatte, dass sie mit Miguel geschlafen und sich gegen ihn verschworen hatte. Das war das Einzige, woran er sich erinnern durfte, damit ihndie Vorstellung, sie nie mehr wiederzusehen, nicht so bitter ankam.
    Am nächsten Morgen stand er in aller Frühe auf, machte seine Qigong-Übungen, in Gedanken beim Krämer Lau, so wie immer während dieses stets gleichen Programms zum Wachwerden, frühstückte und begab sich zu seinem Büro, noch ehe die Schlafmützen von der Presse den Weg zu seinem Haus fanden und die Jagd fortsetzten. Josefita war schon dort und freute sich sehr, ihn zu sehen.
    »Wie gut, dass Sie wieder im Büro sind, Don Felícito«, sagte sie und strahlte. »Ich habe Sie allmählich schon vermisst.«
    »Ich konnte mir nicht länger freinehmen«, sagte er, legte Hut und Jackett ab und setzte sich ans Brett. »Genug der Skandale und der Dummheiten, Josefita. Ab heute wird gearbeitet. Das ist es, was ich mag, was ich mein ganzes Leben getan habe und was ich weiter tun werde.«
    Er ahnte, dass seine Sekretärin ihm etwas sagen wollte, aber sie konnte sich nicht entschließen. Was war los mit Josefita? Sie war irgendwie anders. Hübscher zurechtgemacht und geschminkter als sonst, anmutiger und koketter gekleidet. In ihrem Gesicht blitzte immer wieder ein kleines Lächeln auf, eine bübische Schamesröte, und ihm schien, dass sie beim Gehen ein wenig mehr die Hüften schwang als früher.
    »Wenn Sie mir ein Geheimnis anvertrauen möchten, Josefita, ich versichere Ihnen, ich schweige wie ein Grab. Und wenn Sie Liebeskummer haben, will ich Sie gerne trösten.«
    »Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll, Don Felícito.« Sie sprach leiser, errötete von Kopf bis Fuß. Und zu ihrem Chef gebeugt, mit treuherzigen Kleinmädchenaugen, flüsterte sie: »Stellen Sie sich vor, dieser Hauptmann von der Polizei ruft mich immer an. Und was glauben Sie, warum? Na, um mit mir auszugehen!«
    »Hauptmann Silva?« Felícito tat verwundert. »Ich hatte schon das Gefühl, dass Sie sein Herz erobert haben. Che guá , Josefita!«
    »Das könnte man meinen, ja, Don Felícito«, sagte seine Sekretärin und gab sich übertrieben züchtig. »Wenn er anruft, macht er mir alle möglichen Komplimente, Sie können sich nicht vorstellen, was er mir alles sagt. Ganz schön frech, dieser Mann! Ich schäme mich ja so. Tatsächlich, ja, er will mich einladen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Was würden Sie mir raten?«
    »Tja, was soll ich sagen, Josefita. Eine solche Eroberung überrascht mich nicht. Sie sind eine sehr attraktive Frau.«
    »Aber ein bisschen füllig, Don Felícito.« Sie zog eine Schnute. »Obwohl, nach dem, was er mir sagt, ist das für den Hauptmann Silva kein Problem. Er mag nicht diese Striche in der Landschaft, wie man sie in der Werbung sieht, sondern Frauen mit hübschen Rundungen, so wie bei mir.«
    Felícito Yanaqué musste lachen, und sie tat es ihm nach. Es war das erste Mal, dass der Chef so lachte, seit das Unglück über ihn gekommen war.
    »Haben Sie wenigstens herausgefunden, ob der Hauptmann verheiratet ist, Josefita?«
    »Ich habe mich vergewissert, er ist ledig und ungebunden. Aber wer weiß, was das heißt, die Männer tun ihr Leben lang nichts anderes, als uns Frauen etwas vorzumachen.«
    »Ich werde versuchen, es herauszubekommen, überlassen Sie das mir«, bot Felícito an. »Amüsieren Sie sich so lange und genießen Sie das Leben, Sie haben es verdient. Seien Sie glücklich, Josefita.«
    Er inspizierte die Abfahrt der Sammeltaxis, der Busse und der Lieferwagen, die Abfertigung der Pakete, und am späteren Vormittag ging er zu einer Besprechung mit Dr. Hildebrando Castro Pozo in dessen winziger und überfüllter Kanzlei an der Calle Lima. Seit Jahren schon vertrat der Anwalt das Unternehmen und kümmerte sich um alle rechtlichen Belange von Felícito Yanaqué. Der erklärte ihm ausführlich, was ihm durch den Kopf ging, und Dr. Castro Pozo notierte, was er sagte, mit einem Bleistift in sein übliches Notizbuch, beides von so pygmäischem Format wie er selbst. Er war ein kleiner, adretter Mann mit Weste und Krawatte, in den Sechzigern, lebhaft,energisch, freundlich, lakonisch, ein

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