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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Sergeant, »da haben Sie natürlich recht. Was Miguel Ihnen angetan hat, ist schändlich. Trotzdem. Seien Sie mir nicht böse, aber das ist das Grausamste, was ich in meinem Leben gehört habe, Don Felícito. Von einer so anständigen Person, wie Sie es sind, hätte ich das nie gedacht. Ich frage mich, wieso der Junge nicht über Sie hergefallen ist. Ich hatte schon das Holster geöffnet und hätte beinahe den Revolver gezogen, glauben Sie mir.«
    »Er hat es nicht gewagt, weil ich ihm überlegen war«, erwiderte Felícito. »Es mag hart gewesen sein, grausam, aber habe ich etwa gelogen oder übertrieben, Sergeant? Was ich gesagt habe, war die nackte Wahrheit.«
    »Eine schreckliche Wahrheit, und ich schwöre Ihnen, ich sage es niemandem weiter. Nicht mal Hauptmann Silva. Mein Wort, Don Felícito. Außerdem sind Sie sehr großzügig gewesen. Wenn Sie alle Anzeigen zurückziehen, kommt er bestimmt frei. Noch etwas, um das Thema zu wechseln. Dieses Wort, rudeln. Ich habe es als kleiner Junge gehört, aber irgendwann vergessen. Heute sagt das keiner mehr in Piura, habe ich den Eindruck.«
    »Es gibt ja auch nicht mehr so viele Rudeleien wie früher«, mischte sich der Taxifahrer ein und lachte leicht wehmütig. »Als ich jung war, gab es viele. Die Soldaten gehen nicht mehr zum Fluss oder zu den Höfen draußen, um die Cholas flachzulegen. Jetzt hat man sie in der Kaserne mehr unter Kontrolle, und sie werden bestraft, wenn sie rudeln. Sie werden sogar gezwungen zu heiraten, che guá .«
    Am Eingang des Reviers verabschiedeten sie sich, und Felícito sagte dem Taxifahrer, er möge ihn zu seinem Büro bringen, doch als der Wagen bei Transportes Narihualá anhalten wollte, überlegte er es sich anders. Er bedeutete dem Fahrer, zurück nach Castilla zu fahren und ihn so nah wie möglich bei der Hängebrücke abzusetzen. Als sie an der Plazade Armas vorbeikamen, sah er den Vortragskünstler Joaquín Ramos, schwarz gekleidet, mit seinem Monokel und seiner verträumten Miene, wie er furchtlos mitten auf der Fahrbahn lief, im Schlepp wie immer seine Ziege. Die Autos wichen ihm aus, und statt ihn zu beschimpfen, winkten die Fahrer zum Gruß.
    In dem Sträßchen, das zu Mabels Haus führte, tummelten sich wie üblich die zerlumpten und barfüßigen Kinder, abgemagerte räudige Hunde, Musik dröhnte aus den aufgedrehten Radios, Werbespots, dazwischen bellte und gackerte es, ein Papagei kreischte immer wieder das Wort Kakadu, Kakadu. Staubwolken hingen in der Luft. Nachdem er sich bei seinem Gespräch mit Miguel so sicher gefühlt hatte, kam Felícito sich jetzt, wo er an die Wiederbegegnung mit Mabel dachte, völlig ungeschützt und verwundbar vor. Seit sie vorläufig auf freien Fuß gekommen war, hatte er es immer wieder aufgeschoben. Manchmal dachte er, vielleicht wäre es besser, die Begegnung ganz zu vermeiden, sollte Dr. Castro Pozo mit ihr erledigen, was noch zu erledigen blieb. Doch keiner, hatte er soeben beschlossen, konnte ihn bei dieser Aufgabe vertreten. Wenn er ein neues Leben beginnen wollte, musste er, so wie mit Miguel, auch mit Mabel abrechnen. Er klingelte, seine Hände waren schweißnass. Niemand kam an die Tür. Er wartete ein paar Sekunden, nahm seinen Schlüssel und schloss auf. Er spürte, wie sein Blut pochte und sein Atem schneller ging, als er die Gegenstände im Wohnzimmer wiedererkannte, die Fotos, die kleine Flamme, die Fahne, die Bildchen, die Wachsblumen, das Herz Jesu, das über allem thronte. Alles so freundlich, aufgeräumt und sauber wie früher. Er setzte sich, um auf Mabel zu warten, ohne sein Jackett oder die Weste auszuziehen, nur den Hut nahm er ab. Ihn schauderte. Was würde er tun, wenn sie in Begleitung eines Mannes nach Hause käme, an seinem Arm oder einen Arm um ihre Hüfte?
    Doch Mabel kam allein, eine ganze Weile später, als Felícito Yanaqué von der langen Anspannung so müde war, dass er nur noch gähnte. Aber dann hörte er die Haustür und fuhr auf.Sein Mund war trocken, ein Stück Sandpapier, als hätte er die ganze Zeit Chicha getrunken. Er sah das erschrockene Gesicht und hörte Mabels Ausruf (»Ach, mein Gott!«), kaum dass sie ihn im Wohnzimmer erblickte. Sah, wie sie kehrtmachte, als wollte sie davonrennen.
    »Hab keine Angst, Mabel«, sagte er mit einer Ruhe, die er selber nicht spürte. »Ich komme in friedlicher Absicht.«
    Sie blieb stehen, drehte wieder um, schaute ihn an, mit offenem Mund, die Augen nervös, ohne etwas zu sagen. Sie hatte abgenommen. Ungeschminkt

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