Ein diskreter Held
Ihr seid jung, stark, impulsiv und mit Empfehlungen, da wird einem angst und bange. Ich kenne euch gut, denn wie ihr wahrscheinlich mitbekommen habt, durfte ich euch helfen, aus den misslichsten Situationen herauszukommen, in die ihr euch schon in zartem Alter immer wieder hineingeritten habt. Wie damals, als ihr dieses kleine Mädchen in Pucusana vergewaltigt habt, erinnert ihr euch? Ich weiß sogar noch den Namen: Floralisa Roca. So hieß sie. Und selbstverständlich habe ich auch nicht vergessen, dass ich den Eltern fünfzigtausend Dollar bringen musste, damit ihr für euren kleinen Scherz nicht ins Gefängnis kamt. Ich weiß genau, dass ihr mich zu Klump schlagen könntet, wenn euch danach ist. Das ist mir sonnenklar.«
Verblüfft sahen die Zwillinge sich an, wurden ernst, versuchten zu lächeln. Ein säuerliches Lächeln.
»So darfst du das nicht sehen«, sagte Miki schließlich, nahm den kleinen Finger aus dem Mund und tätschelte Rigobertos Arm. »Wir sind hier unter Gentlemen, Onkel.«
»Nie würden wir handgreiflich werden.« Schlaks wurde nervös. »Wir haben dich sehr gern, Onkel, auch wenn du es nicht glaubst. Auch wenn du dich uns gegenüber unmöglich verhalten hast mit deiner Unterschrift auf diesem Wisch.«
»Lasst mich zum Ende kommen«, Rigoberto hob beschwichtigend die Hand. »Aber wenn der Richter mich befragt, werde ich, trotz aller Angst, die Wahrheit sagen. Dass Ismael, als er seine Entscheidung traf, ganz genau wusste, was er tat. Dass er weder gaga noch dement ist, und er hat sich auch weder von Armida noch von sonst wem umgarnen lassen. Denn euer Vater ist aufgeweckter als ihr beide zusammen. Das ist die reine Wahrheit, meine lieben Neffen.«
Erneut legte sich eine dornige Stille über das Zimmer. Draußen waren die Wolken schwarz geworden, und in der Ferne, am Horizont, war ein elektrisches Leuchten, das von den Scheinwerfern eines Schiffes oder einem Gewitter stammen mochte. Rigoberto spürte, wie seine Brust bebte. Die Zwillinge waren weiterhin leichenblass, und so wie sie ihn anschauten, musste es sie große Überwindung kosten, sich nicht auf ihn zu stürzen und ihn zu verdreschen. Einen schönen Gefallen hast du mir da getan, Ismael, dachte er.
Schlaks reagierte als Erster. Dabei senkte er die Stimme, als wollte er ein Geheimnis verraten, und sah ihm fest in die Augen, mit einem Blick, in dem die Verachtung blitzte.
»Hat Papa dich dafür bezahlt? Wann, Onkel, wenn ich fragen darf?«
Die Frage überraschte ihn so sehr, dass ihm der Mund offen stand.
»Versteh uns nicht falsch«, sagte Miki, und auch er sprach jetzt leiser und hob beschwichtigend die Hand. »Es gibt keinen Grund, dich dafür zu schämen, jeder steckt mal in der Klemme. Schlaks fragt nur, weil wir, falls es um Geld geht, durchaus bereit sind, dich zu belohnen. Denn, um die Wahrheit zu sagen, wir brauchen dich, Onkel.«
»Wir brauchen dich, damit du zum Richter gehst und aussagst, dass du nur unter Druck und unter Drohungen als Trauzeuge unterschrieben hast«, erklärte Schlaks. »Wenn ihr, du und Narciso, das aussagt, geht alles schneller, und die Ehe ist im Nullkommanix annulliert. Klar sind wir bereit, dich dafür zu belohnen, Onkel. Und zwar großzügig.«
»Dienste werden bezahlt, und wir wissen sehr gut, in was für einer Welt wir leben«, fügte Miki hinzu. »Und selbstverständlich mit der größten Diskretion.«
»Außerdem tust du unserem Vater damit einen großen Gefallen, Onkel. Der Ärmste wird schon ganz verzweifelt sein, wie soll er auch aus der Falle herauskommen, in die er in einem Moment der Schwäche getappt ist. Wir befreien ihn aus dem Schlamassel, und am Ende dankt er es uns, wirst schon sehen.«
Rigoberto hörte ihnen zu, ohne auch nur zu blinzeln, versteinert in seinem Sessel, als sammelte er seine Gedanken. Die Zwillinge warteten fiebrig auf eine Antwort. Die Stille zog sichin die Minuten. In der Ferne war immer wieder, schwach nur noch, die Flöte des Messerschleifers zu hören.
»Ich möchte euch bitten, die Wohnung zu verlassen und nie wieder einen Fuß über die Schwelle zu setzen«, sagte Rigoberto schließlich, immer noch genauso ruhig. »Ehrlich gesagt, Jungs, ihr seid noch schlimmer, als ich dachte. Und glaubt mir, wenn einer euch gut kennt, von Kindesbeinen an, dann ich.«
»Du beleidigst uns«, sagte Miki. »Täusch dich nicht, Onkel. Wir respektieren dein graues Haupt, aber da hört es auch auf.«
»Das werden wir nicht zulassen«, Schlaks schlug auf den Tisch. »Du hast
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