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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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nicht minder.«
    »Es tut mir sehr leid, was ich euch zugemutet habe, Junge.« Ismael wurde auf einmal ernst. »Dass man die Auszahlung deiner Rente verhindert, dass du die Reise nach Europa stornieren musstest. Ich weiß alles, Rigoberto. Ich bitte dich und Lucrecia tausendmal um Entschuldigung für diese Unannehmlichkeiten. Aber bald ist es vorbei, das schwöre ich dir.«
    »Was sind schon der Ruhestand und eine Reise nach Europa, wenn man mit einem so tollen Hecht befreundet ist«, spöttelte Rigoberto. »Da erzähle ich dir lieber nichts von meinen gerichtlichen Vorladungen, beschuldigt der Begünstigung und Mittäterschaft bei einer Entführung, am Ende verderbe ich dir noch deinen Honeymoon. Egal, ich hoffe, das sind bald nur noch Anekdoten und wir können darüber lachen.«
    Und wieder lachte Ismael schallend, als hätte das Ganze nur wenig mit ihm zu tun.
    »Freunde wie dich gibt es heute nicht mehr, Rigoberto. Ich wusste es immer.«
    »Arnillas hat dir sicher gesagt, dass dein Chauffeur sich verstecken musste. Die Zwillinge haben ihm die Polizei auf den Hals geschickt, und so irre die sind, würde es mich nicht wundern, wenn sie noch ein paar Killer hinterherschicken, um ihm was Bestimmtes abzuschneiden.«
    »Ja, die sind zu allem fähig«, sagte Ismael. »Der Schwarze ist mit Gold nicht aufzuwiegen. Beruhige ihn, er soll sich keine Sorgen machen. Sag ihm, seine Treue wird belohnt werden, Rigoberto.«
    »Kommst du bald zurück, oder machst du weiter mit deinen Flitterwochen, bis dir das Herz zerspringt und du abtrittst?«
    »Ich muss nur noch eine Sache zu Ende bringen, du wirst staunen, Rigoberto. Sobald ich das erledigt habe, komme ichnach Lima und regle alles. Dann ist der Spuk im Nu vorbei. Es tut mir wirklich leid, dass ich dir solche Scherereien bereite. Deshalb habe ich dich angerufen, weiter nichts. Wir sehen uns bald. Gib Lucrecia ein Küsschen von mir, und du sei umarmt.«
    »Du auch, Küsschen für Armida«.
    Als Rigoberto aufgelegt hatte, starrte er auf den Apparat. Venedig? Côte d’Azur? Capri? Wo sie wohl waren, die Turteltäubchen. Irgendwas Exotisches wie Indonesien oder Thailand? War Ismael wirklich so glücklich, wie er sagte? Ja, ohne Zweifel, das hörte man an seinem jugendlichen Lachen. Mit achtzig Jahren hatte er entdeckt, dass das Leben nicht nur aus Arbeit bestand, man konnte auch verrückte Dinge tun. Mal ausflippen, die Freuden des Sex und der Rache genießen. Schön für ihn. In dem Moment kam Lucrecia ungeduldig ins Arbeitszimmer:
    »Was ist passiert? Was hat Ismael dir gesagt? Erzähl schon.«
    »Er hört sich putzmunter an. Er lacht nur über alles, unglaublich«, fasste er zusammen. Und da überkam ihn wieder der Verdacht: »Weißt du, was ich denke, Lucrecia? Und wenn er wirklich gaga ist? Wenn er nicht mal merkt, was für einen Unsinn er treibt?«
    »Meinst du das ernst oder ist das ein Scherz, Rigoberto?«
    »Bisher dachte ich, er ist völlig klar im Kopf und seiner Sinne mächtig«, fuhr er fort. »Aber als ich hörte, wie er am Telefon lachte, bin ich nachdenklich geworden. Er amüsiert sich wie toll über alles, was hier passiert, als wäre ihm der Skandal und was er uns eingebrockt hat schnurzegal. Aber ich weiß nicht, vielleicht bin ich auch nur überreizt. Kannst du dir vorstellen, wie wir dastehen, wenn sich herausstellt, dass Ismael über Nacht dem Altersschwachsinn verfallen ist?«
    »Keine gute Idee, mir diesen Floh ins Ohr zu setzen, Rigoberto. Ich werde ihn die ganze Nacht nicht mehr los. Dumm für dich, wenn ich kein Auge zutue, sei gewarnt.«
    »Ich weiß, das ist albernes Zeug, hör nicht auf mich, es ist nur eine Beschwörung, damit nicht passiert, was passieren könnte«, beruhigte sie Rigoberto. »Aber ehrlich, ich hätte nichterwartet, dass er so unbekümmert tut. Als hätte es nichts mit ihm zu tun. Entschuldige, nein. Ich weiß, was mit ihm los ist. Er ist glücklich. Das ist der Schlüssel des Ganzen. Zum ersten Mal in seinem Leben erfährt Ismael, was es heißt, richtig zu vögeln, Lucrecia. Mit Clotilde war es nur ehelicher Zeitvertreib. Mit Armida ist die Sünde dabei, und schon funktioniert’s.«
    »Du wieder mit deinem Schweinkram«, protestierte seine Frau. »Außerdem weiß ich nicht, was du gegen ehelichen Zeitvertreib hast. Ich glaube, der unsere funktioniert prächtig.«
    »Natürlich, mein Schatz, ganz wunderbar«, sagte er und küsste Lucrecia auf die Hand, aufs Ohr. »Am besten machen wir es wie er und messen der Sache keine Bedeutung

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