Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
doch mit dem Taxi heimgefahren. Musste am nächsten Tag den Bus nehmen, um mein Fahrrad zurückzuholen.»
    «Und ist dabei irgendetwas passiert?»
    «Nein, wenn man darauf wartet, passiert nie was.»
    «Als Sie sagten, die Angst kam eigentlich erst danach …»
    «Weil ich zu sehr … zu sehr
Teil davon
war, um mich zu fürchten. Das habe ich mit besessen gemeint. Er war dort. Er hat in meine Richtung geatmet. Ich hatte Shorts an … das war vor einer Woche, da ist es mal wieder vorgekommen. Also, ich trug Shorts wie diese heute, nur ein bisschen enger, und er … ich schwör’s, ich habe seine Hand auf meinem Oberschenkel gespürt, und ich bin wütend geworden, ganz automatisch, verstehen Sie?
Finger weg!
, hab ich gebrüllt. Und er hat gekichert, verdammt. Er hat
gekichert

    «Sie haben ihn kichern hören?»
    «Ich habe
gespürt
, wie er gekichert hat. Und das ist noch viel schlimmer. Ich habe ihn in meinem Kopf kichern hören. Das meinte ich mit besessen.»
    «Und wie lange dauert das Ganze normalerweise?»
    «Vermutlich nur ein paar Sekunden, aber in ein paar Sekunden kann viel passieren, wenn es etwas ist, was man noch nie erlebt hat.»
    «Und wie oft ist es vorgekommen?»
    «Drei Mal. Nein, vier Mal. Bis mir klarwurde, was los war und ich einfach … abgestiegen bin.»
    «Und als Sie vom Rad gestiegen sind, war alles wieder in Ordnung?»
    «Mir ist aufgefallen, dass es nur passiert ist, wenn ich geradelt bin. Als ob ich es selbst produziere, indem ich in die Pedale trete.»
    «Anders als die anderen haben Sie eigentlich nie etwas
gesehen

    «Nein, nie.»
    «Wann ist es das letzte Mal vorgekommen?»
    «Anfang der Woche.»
    «War es derselbe Mann?»
    «Ganz bestimmt.»
    «Und
was
ist passiert?»
    «Gar nichts, weil ich sofort vom Rad gesprungen bin und es bis zur Hauptstraße geschoben habe.»
    «Nur damit ich das richtig verstehe: Es ist auf dem Hügel passiert, auf den man von diesem Weg hier an die Kirche kommt, und dann vorbei am Pfarrhaus hügelabwärts.»
    «Genau.»
    «Könnten Sie mir beschreiben … als Sie seine Gedanken gespürt haben, wie waren die?»
    «Düster meistens», sagte Hannah. «Wütend.»
    «Wütend auf Sie?»
    «Nein. Er kennt mich nicht. Da bin ich sicher. Er nimmt nur einfach meinen gedanklichen Raum ein. Es ist, als bräuchte er den Raum eines anderen, um hineinzuschlüpfen, und es spielt keine Rolle, wer dieser andere ist.»
    «Auf wen war er denn dann wütend?»
    «Auf etwas, das viel bedeutender ist als ich. Auf alles. Auf Gott? Ich weiß auch nicht.»
    «Und als jemand Ihr Bein berührt hat …»
    «Man hätte glauben können, es wäre ein angewehtes Blatt oder so gewesen. Jedenfalls habe ich mir das gedacht. Und ich kann nicht beschwören, dass es anders war. Aber ich weiß, wie es sich angefühlt hat. Sind Sie verheiratet, Merrily?»
    «Früher mal.»
    «Willkommen im Club. Was ich sagen will … wenn man mit einem Mann im Bett liegt, okay? Und man wacht auf, während er noch schläft, und trotzdem schiebt sich seine Hand unter Ihr Nachthemd. So hat sich das angefühlt. Sollen wir einen Tee trinken? Manchmal ist Tee das Beste, wenn es heiß ist.»
    Merrily lächelte. «Sehr gern.»
    Hannah erhob sich und schob die Tür zur Küche auf, die offenbar einmal vom Wohnzimmer abgetrennt worden war.
    «Männer, was?» Sie sah Merrily über die Schulter an. «Betatschen einen unterm Nachthemd und schlafen dabei wie die Toten.»

9 Mutiert
    Als sie aus Hannahs Cottage in die Wärme des Nachmittags hinaustrat, hatte Merrily gemischte Gefühle, die in ihr herumschwirrten wie ein Bienenschwarm. Hauptsächlich war es eine wilde Aufregung, die sich nah an der Grenze zur Angst bewegte. Merrily wurde klar, wie viel Zeit sie damit verbrachte, auf vermeintlich sicheren Wellen zwischen den vertrauten Sandbänken des Skeptizismus über dem unergründlichen blauen Abgrund hin und her zu surfen.
    Als sie gerade wieder beim Auto angekommen war, klingelte ihr Handy.
    «Zum Thema
Royal Oak Pub
», sagte Sophie, «gibt es einiges, was Sie interessieren dürfte.»
    «Legen Sie los.»
    «Ich habe ein paar Informationen aus dem Internet, die ich Ihnen auf Ihren Computer zu Hause weiterleiten kann, falls Sie nicht mehr ins Büro kommen. Übrigens bin ich zufällig Inspector Bliss begegnet und habe das Thema erwähnt. Er sagte, er wäre sehr an einem Gespräch mit Ihnen interessiert.»
    «Über den
Royal Oak

    «Und zwar in aller Diskretion», sagte Sophie.
    Vermutlich war es das Beste

Weitere Kostenlose Bücher