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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Ausbildung?»
    Sie gingen zur Straße zurück.
    «Es ist, als würde sich jemand über uns lustig machen.»
    Vielleicht Syd Spicer, der Pfarrer von Wychehill. Womöglich lag er irgendwo in einem Graben, hatte zur Deckung Zweige über sich gezogen und sich das Gesicht mit Schlamm beschmiert. Wie in der guten alten Zeit.
    Als sie zur Kirche zurückkamen, hatte der Gesang aufgehört.
    «Vielleicht kommen alle Leute aus ihren Häusern und hören zu.» Lol ging auf die Kirche zu und wandte sich zu Merrily um. «Du
darfst
das.»
    «Da bin ich mir ehrlich gesagt nicht so …»
    «Entschuldigung?»
    Eine Bewegung. Zwischen den Bäumen neben dem Eingang zur Kirche war eine Frau aufgetaucht. Sie trug ein zartes, helles, ärmelloses Kleid, das so lang war, dass es ihre Füße bedeckte, und sie wirkte, als sei sie aus dem Boden herausgewachsen.
    «Suchen Sie jemanden?»
    «Also, wir …»
    «Gibt es dadrin ein Konzert?» Lol war die paar Schritte zurückgekommen. Die Frau lächelte ihn an.
    «Es ist nur eine Chorprobe.»
    «Singen Sie auch in dem Chor?»
    «Nein, aber ich höre gerne zu. Ich habe in der Pause ein bisschen Luft geschnappt. Ich wohne dahinten in einem Cottage. Im Wyche Cottage. Wie das Wyche in Wychehill, und das bedeutet Salz. Aber ich habe den Namen sowieso geändert. Es heißt jetzt Starlight Cottage. Sagen Sie …»
    Sie ging auf Lol zu, bis sie dicht vor ihm stand, und musterte ihn genau. Kontaktlinsen, dachte Merrily.
    «Entschuldigen Sie», sagte die Frau, «ich will ja nicht … aber kann es sein, dass ich weiß, wer Sie sind?»
    Er trat einen Schritt zurück. Manchmal erkannten ihn die Leute, aber er fühlte sich nie wohl dabei.
    «Okay», die Frau sah Lol unverwandt an. «Es kann sein, dass ich völlig falschliege, aber ich bin nicht dumm. Ich habe irgendwie einen alten Kerl mit einem Riesenhut und einer schwarzen Tasche erwartet, und es geht mich wirklich nichts an, aber Sie sollten wissen, dass ein paar Leute hier ein bisschen verrückt sind.»
    «Wie meinen Sie das?», fragte Lol.
    «Das lässt sich nicht so einfach sagen. Es ist, als würde man über etwas … Heiliges sprechen.» Sie sah an sich herunter und wischte ein Blatt von ihrem Kleid. «Es tut mir leid. Das ist eigentlich nicht meine Aufgabe. Aber es gibt hier etwas, das niemals vertrieben werden darf. Verstehen Sie, was ich meine? Wissen Sie, wenn man im Zwielicht über die Hügel geht, kann man seine Nähe spüren. Das ist ein merkwürdiges und phantastisches Gefühl.»
    «Ja», sagte Lol. «Das kann ich mir vorstellen.»
    «Und deshalb … ich will Sie wirklich nicht beleidigen, aber die ganze Idee, dieses wundervolle, magische Ding ausgerechnet aus den Malverns zu exorzieren … das wird Streit geben, verstehen Sie?»
     
    Sie standen nun das dritte Mal vor einer verschlossenen Tür, aber Merrily hatte das Radio im Haus gehört und hielt ihren Finger auf dem Klingelknopf.
    Trotzdem dauerte es noch eine weitere Minute, bis Spicer aufmachte. Er lächelte nicht.
    «Nur kurz, Syd.»
    Er starrte sie ausdruckslos an und ließ seinen Blick dann zu Lol weiterwandern. Die Ärmel seines Klerikerhemdes waren aufgerollt, als wäre er gerade bei der Hausarbeit gewesen.
    «Warum haben Sie mir nichts davon gesagt?»
    «Wen haben Sie da bei sich?», fragte Spicer.
    «Ich halte loyales Verhalten der Gemeinde gegenüber für eine gute Sache», sagte Merrily. «Aber es sollte auch Loyalität zwischen Leuten herrschen, die eine … Berufung teilen. Sie haben mir also nur die Hälfte der Geschichte erzählt und mir eine Falle gestellt, damit ich vor der gesamten Gemeinde …»
    «Es wird nicht die gesamte Gemeinde sein. Nicht mal die Hälfte. Wen haben Sie da bei sich?», fragte er erneut.
    «Das ist Lol Robinson. Er hilft mir als Zeuge, stärkt mir den Rücken und steuert eine zweite Meinung bei. Alles, was normalerweise der betreffende Gemeindepfarrer tun sollte, der um Unterstützung gebeten hat. Falls der Gemeindepfarrer damit belästigt werden darf.»
    «Es tut mir leid, Merrily. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Sie sich ein eigenes Bild machen wollen.»
    «Nein, davon sind Sie nicht ausgegangen. Sie wollten mir aus irgendeinem Grund nicht sagen, mit wem diese mutmaßliche Lichterscheinung in Verbindung gebracht wird.»
    «Hören Sie», sagte Spicer, «ich fand, dass die Leute hier, die einen Exorzisten rufen wollten, ihre Gründe dafür selbst erklären sollten. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich Vorbehalte habe, aber ich fand es nicht

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